Nichts für risikoscheue Anleger

15.07.1999

FRANKFURT/M.:Der Neue Markt scheint sich von der Börsenmüdigkeit der letzten Wochen zu erholen. Vor allem die Neuemittenten profitieren vom positiven Umfeldllen voran die Internet-Werte. Für Anleger sind diese Titel allerdings heiße Eisen.@-BT:In den Neuen Markt ist wieder Bewegung gekommen. Optimistische Börsianer erwarten in den nächsten Wochen eine Sommerrallye. Die Aufwärmphase scheint jedenfalls gerade zu beginnen. Impulse sollen vor allem von den institutionellen Anleger kommen, die sich in den letzten Monaten auffallend zurückhielten.

An Internet-Werten kommen auch die Fonds schon lange nicht mehr vorbei. Mit Metabox und Buecher.de stehen seit Anfang Juli zwei neue Web-Titel am Neuen Markt zur Auswahl - beide nicht ohne Brisanz.

Nicht von fallenden Kursen, jedoch von sinkenden Margen kann Metabox-Chef Stefan Dormeyer ein Lied singen. Bereits in den 80er Jahren hatte er ein Unternehmen mit Namen Amiga Technologies gegründet. Doch "Amiga", so der Name des Computers, hatte gegen Konkurrenten wie Microsoft keine Chance.

1996 ging der heutige Vorstandschef dann mit der Metabox AG erneut an den Start. Das in Hildesheim ansässige Unternehmen stellt Set-top-Boxen her und will Millionen von Privatanwendern den Internet-Zugang am heimischen TV-Gerät schmackhaft machen. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom entwickelten die Newcomer die "BOT-Technologie" (Broadcast-Online-TV). Neben dem gebührenpflichtigen Internet-Zugang haben Anwender dabei kostenlos Zugriff auf ein auf der Festplatte gespeichertes Informationspaket, das bis zu 100.000 Web-Sites umfaßt.

Um ihre Entwicklung möglichst schnell an ein Web-interessiertes Publikum zu bringen, sammelte Metabox jetzt knapp 70 Millionen Mark an der Börse. Die Aktie kam mit 45 Euro am oberen Ende der Bookbuilding-Spanne in den Handel und schaffte am ersten Börsentag (7. Juli) ein Plus von 4,90 Euro.

Wettbewerb bei Set-Top-Box-Anbietern

Am Neuen Markt treffen die Newcomer allerdings bereits auf einen wichtigen Wettbewerber: die Augsburger Infomatec AG, die gemeinsam mit Mobilcom ebenfalls Surfstationen vermarkten will. Spannend dürfte auch die Frage bleiben, ob es die Hildesheimer diesmal mit ihrem früheren Konkurrenten Microsoft aufnehmen können. Neben AOL will die Gates-Company im kommenden Jahr ebenfalls Set-top-Boxen auf den Markt bringen.

Mit einem Umsatz von knapp elf Millionen Mark und einem Jahresüberschuß von 78.000 Mark im Geschäftsjahr 1998 ist Metabox angesichts der starken Konkurrenz eher ein Fall für risikofreudige Anleger. Im laufenden Geschäftsjahr erwartet der Börsenneuling 42 Millionen, im Jahr 2000 bereits 99 Millionen Mark. Parallel dazu sollen sich auch die Gewinne entwickeln: von zwei Millionen auf 19,2 Millionen Mark.

Einen längeren Atem und Mut zum Risiko verlangt Anlegern die Aktie Buecher.de ab. Ohne auf die fundamentalen Geschäftszahlen zu blicken, schwebte Erstzeichnern bei der Neuemission anscheinend die Erfolgsstory des US-Prototypen Amazon.com vor Augen. Die mit 19 Euro ausgegebene Aktie schoß am ersten Handelstag auf 55 Euro hoch und bescherte den Aktionären der ersten Stunde satte Kursgewinne.

Gewinne stehen vorerst in den Sternen

Daß jedoch der Münchner Online-Buchhändler auf einem sehr wackligen Fundament steht, gehört für viele Anleger ins Reich der Verdrängung. 1998 kam das 1997 in der Bayern-Metropole gestartete Unternehmen auf knapp drei Millionen Mark Umsatz. Wann erste Gewinne absehbar sind, will Vorstandschef Richard von Rheinbaben seinen Aktionären noch nicht verraten.

Auf diese Frage hat auch der US-Web-Riese bislang keine Antwort. "Wichtiger als Gewinne zu erzielen, ist es in unserem Geschäft zunächst, eine Marke zu etablieren", so Unternehmenschef von Rheinbaben. Höchste Eisenbahn somit für die Münchner 15-Mann-Truppe.

Denn wer zu spät kommt, den bestraft der Markt. Das gilt im Internet noch mehr als in anderen IT-Segmenten. Neben Amazon.com buhlen auf dem deutschen Markt die Bertelsmann-Tochter Bol.de und Booxtra, ein soeben gestarteter Ableger der Verlage Springer, Holtzbrinck, Springe und Weltbild, um die Gunst der Leser.

Um den Bekanntheitsgrad zu steigern will von Rheinbaben in diesem Jahr zwölf Millionen Mark in Werbung stecken. Eine Maßnahme, die für den Münchner Online-Buchladen nicht ohne Brisanz ist. In Kürze strebt mit Buch.de ein weiterer Konkurrent an den Neuen Markt. Verwechslungsgefahr also nicht ausgeschlossen. (god)

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