Niederländer machen mit Überraschungscoup auf sich aufmerksam

20.05.1999

MÜNCHEN: Der international bislang unauffällige niederländische IT-Dienstleister Getronics hat seine Angel nach dem US-italienischen Bündnis Wang Global ausgeworfen. Kommt die Übernahme zustande, entsteht im Weltmarkt ein neuer IT-Service-Riese.Rund zwei Milliarden Dollar wollen sich die Amsterdamer ihren Überraschungscoup kosten lassen, der noch der Zustimmung von Wang-Global-Anteilseigner Olivetti (20 Prozent), der freien Aktionäre und der amerikanische Börsenaufsicht bedarf. Und das Geld scheint in der Tat gut angelegt. Denn mit einem Schlag würde aus dem bisherigen Service-Leichtgewicht, das 65 Prozent seiner Umsätze von derzeit knapp 1,7 Milliarden Dollar im Inland macht, ein "Global Player" mit dem so wichtigen Standbein USA.

Wang Global, im März 1998 durch die Übernahme der Olivetti-Dienstleistungstochter Olsy durch den früheren Hardwarespezialisten Wang entstanden, machte im vergangenen Jahr 53 Prozent seiner rund drei Milliarden Dollar Umsatz in Europa, 36 Prozent steuerten die US-Aktivitäten, elf die im asiatisch-pazifischen Raum bei. "Durch diesen Zukauf werden wir nicht nur deutlich attraktiver für unsere bestehende Klientel, sondern wir werden auch mehr Aufträge von multinationalen Konzernen in den Niederlanden und in anderen Ländern bekommen", ist Getronics-Chef Cees van Luijk überzeugt. Immerhin, rechnet er vor, sei man mit einem Gesamtumsatz von dann fünf Milliarden Dollar und 33.000 Mitarbeitern in Europa der drittgrößte IT-Dienstleister, in der Welt belege man Platz fünf. Zusammengekaufte Größe beschert indes aber nicht automatisch auch den erhofften Erfolg. So ist denn in der Analystenzunft der Deal nicht unumstritten. Tatsache ist, daß Getronics, das 1983 als Computerdistributor gegründet und Ende der 80er Jahre auf das lukrativere Servicegeschäft umsattelte, keine Erfahrung mit der Integration einer solch großen Akquisition hat. Außerdem kauft man mit Wang Global zwar eine umsatzstarke, aber keineswegs profitable Gesellschaft hinzu. Die amerikanisch-italienische Serviceformation hat den eigenen Fusionsprozeß noch nicht verdaut und schreibt rote Zahlen. Für das unlängst beendete erste Quartal wurde ein Verlust von 57,7 Millionen Dollar ausgewiesen.

Hinzu kommt, daß Insider darauf verweisen, daß Getronics keinen Markennamen hat. "Unsere größte Sorge ist, daß man an dem Namen Getronics festhält", erklärt Philip Vermeulen, IDC-Marktforscher in Amsterdam. Nach van Luijks Plänen soll aber tatsächlich das gesamte Dienstleistungsportfolio unter dem Getronics-Label offeriert werden. Ereifert sich Vermeulen: "Wer aber zum Teufel ist Getronics?" (bk)

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