"Nitro": Sprengstoff für den Computer-Handel

20.03.1998

REDMOND: Das Gespenst "E-Commerce" geht auch an Microsoft nicht ohne Auswirkungen vorbei. Obwohl noch niemand damit wirklich Geld verdient, traut sich auch der Softwarebolide nicht, diesen Bereich zu ignorieren. Ab April wird Microsofts Internet-Auftritt in den USA vom "Buy-Now"-Button geprägt sein.Im zweiten Quartal 1998 startet Microsoft den Test seines ersten Internet-Commerce-Service unter der Adresse "microsoft.com". Ab August sollen über diesen Kanal alle Microsoft-Produkte direkt zu beziehen sein. Der interaktive Shop läuft im Moment unter dem Codenamen "Nitro". Auf jeder Produktseite soll ein "Buy Now"-Knopf zum Bestellen einladen.

Obwohl Microsoft auf der einen Seite näheren Kontakt zum Endkunden sucht, will der Softwarehersteller nach eigenen Angaben auch seine Händlergemeinde nicht vergessen. Jedesmal, wenn ein Kunde online etwas bestellen möchte, bekommt er eine Liste mit Händlern präsentiert, die einen um bis zu 15 Prozent günstigeren Preis bieten können. Obwohl der Softwareriese mit dem Online-Store seine Vertriebskanäle umgehen könnte, hat Microsoft nach eigenen Angaben in dieser Richtung keinerlei Pläne. "Bill (Gates) hat immer wieder gesagt, daß er um keinen Preis der Welt das tun wollte, was Händler tun", erklärt Neil Farnsworth, General Manager für den Endkundenbereich bei Microsoft. "Distribution von Software ist eines der Geschäfte, die wir nicht gut beherrschen", fügt er hinzu.

Diejenigen, die es beherrschen, stehen den Plänen von Microsoft gelassen gegenüber. "Das sollen die ruhig probieren," kommentiert ein Microsoft-Händler die Nachricht und ergänzt: "Microsoft wird dadurch kaum an Image gewinnen." Denn, so führt er aus, das Beratungsgespräch falle weg und Kaufkriterien wie zum Beispiel die optimale Hardware-Ausstattung würden zur Nebensache. Die Kunden sähen im direkten Vergleich nur den Preis. Doch nicht jeder sieht die Situation so entspannt. "Jeder will der günstigste Anbieter sein. Ein Preiskrieg ist da unvermeidbar. Microsoft leistet mit dieser Aktion den Kistenschiebern Vorschub", befürchtet ein anderer Händler.

Damit die Microsoft-Partner an dem Nitro-Projekt teilhaben können, müssen sie den Microsoft Site Server nutzen. Nur dann wird der Händler dem Endkunden genannt. Die Benutzung des Servers wird voraussichtlich kostenpflichtig sein. In der deutschen Niederlassung von Microsoft weiß man vom Internetbusiness des Mutterhauses: "Wir wollen den Händlern eine Möglichkeit geben, über das Internet zu verkaufen," so Thorsten Schlaak, zuständig für Microsofts Online-Auftritt in Deutschland. "Allerdings ist der "Buy Now"-Button erst einmal für die USA und Kanada geplant. Auf der deutschen Homepage wird er in diesem Jahr sicher noch nicht erscheinen." (gn)

Thorsten Schlaak, zuständig für den Online-Auftritt von Microsoft Deutschland, sieht den "Kauf mich"-Button frühestens im nächsten Jahr auf der deutschen Site des Softwareherstellers prangen.

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