EU-Kartellwächter

Nokia darf kein Patent-Troll werden

12.12.2013
Der Deal zwischen Microsoft und Nokia ist mehr oder weniger beschlossene Sache, in der vergangenen Woche segnete die europäische Kommission die Übernahme ab. In einer Rede warnt nun der oberste EU-Kartellwächter Nokia davor, zu einem Patent-Troll zu werden.

Nicht alle Beteiligten sehen die Übernahme von Nokia durch Microsoft mit Wohlwollen. Nach der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Milliarden-Deals wurde nun die EU-Kommission für den Schiedsspruch kritisiert, und so bezog am vergangenen Montag der oberste EU-Kartellwächter Joaquin Almunia Stellung. In einer Rede betonte er, dass der Wert von geistigem Eigentum in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen sei, sich aber andererseits auch viele Unternehmen erlauben, dieses Eigentum ohne die Zahlung von Lizenzgebühren zu nutzen. Nokia bleibt auch nach Abtritt des Smartphone-Geschäfts Inhaber von mehr als 30.000 Patenten, dürfe aber nicht zu einem Patent-Troll verkommen, so Almunia.

Als Patent-Troll werden jene Patentinhaber bezeichnet, die eine in einem absichtlich sehr allgemein gehaltenen Patent beschriebene Technologie nicht unbedingt aktiv auch in Produkten nutzen. Stattdessen warten sie darauf, dass ein anderes Unternehmen eine ähnliche Technik in eigenen Produkten nutzt, um diese dann auf nicht erfolgte Lizenzzahlungen verklagen zu können. Microsoft erwirbt mit der Übernahme von Nokia nicht das Patentportfolio, zahlt an das finnische Unternehmen allerdings zusätzliche 1,65 Milliarden Euro für eine zehnjährige Nutzungsberechtigung. Nokia, wie der Kartellwächter Almunia äußert, stehe zwar nicht in der Gefahr, sich wie ein solcher Patent-Troll zu verhalten. Allerdings werde man diesen Sachverhalt in Zukunft sehr genau beobachten und notfalls auch nicht vor einer Kartellklage zurück schrecken.

Zwar ist die Übernahme von Nokias Geräte-Sparte durch Microsoft bereits von EU- und US-Kartellwächtern abgenickt worden, die Entscheidung in weiteren elf Ländern steht allerdings noch aus. Geht alles den geplanten Weg, soll die Übernahme der Lumia- und Asha-Marken, die Lizenzierung des Nokia-Brandings sowie einer vierjährigen Nutzungsberechtigung des Kartendienstes Nokia Here im ersten Quartal 2014 vonstatten gehen. Etwa 32.000 Mitarbeiter des finnischen Konzerns sind von der Übernahme betroffen.

Indien fordert Steuernachzahlungen

Unklar ist außerdem, inwieweit ein Steuerstreit in Indien auf den geplanten Verkauf der Handy-Sparte gefährdet. Wie die "Times of India" und das "Wall Street Journal" vermelden, sind seit 2006 Nach- und Strafzahlungen in Höhe von mindestens 340 Millionen Dollar anhängig. Wie aus von der Regierung eingereichten Dokumenten hervorgehen soll, könnte die Forderung allerdings bis auf 210 Milliarden Rupien (umgerechnet mehr als drei Milliarden Dollar) steigen.

Um sicherzustellen, dass Nokia diese Schulden begleicht, habe die indische Steuerbehörde deswegen bereits im September unbewegliche Vermögenswerte des Konzerns im Lande eingefroren. Dazu zählt auch eine Fertigungsstätte in Chennai mit 8000 Mitarbeitern, die Teil des Deals mit Microsoft ist.

Den Meldungen zufolge versucht Nokia aktuell, das beschlagnahmte Werk aktuell vor Gericht loszueisen. So biete der Hersteller an, 350 Millionen Dollar auf einem Treuhandkonto zu hinterlegen, bis der Steuerstreit beigelegt ist. Die Anschuldigung, sie hätten unrechtmäßig Steuerbefreiungen auf Softwareexporte in Anspruch genommen, weisen die Finnen vehement zurück.

AreaMobile/mb

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