Notebook-Hersteller Baycom: Das Unternehmen ist tot - es lebe der Brand

12.12.2002
Am 31.12.2002 werden bei dem Waiblinger Notebook-Hersteller Baycom GmbH für im mer die Lichter ausgehen. Nur der Markenname wird überleben. Diesen hat sich der in Königsbrunn ansässige Notebook-Assemblierer Tronic 5 gekauft.

Seit dem 22. November hat die Tronic 5 die Betreuung der bisherigen Baycom-Kunden übernommen. Der neue Brand-Eigentümer wird außerdem die Vertriebsaktivitäten, den Service und Support sowie die Produktion der Baycom "Worldbooks" in Königsbrunn weiterführen. Dass die Baycom GmbH dem Untergang geweiht war, stand bereits Anfang dieses Jahres fest.

Die Bay-Gruppe, der Mutterkonzern der Baycom GmbH, habe, unternehmensnahen Kreisen zufolge, bereits Anfang 2002 einen Generationswechsel innerhalb der Gruppe anvisiert und infolgedessen beschlossen, sich über kurz oder lang wieder aus dem IT-Segment zurückzuziehen. "Die Bay-Gruppe ist im europäischen Logistikbereich mit starkem Wachstum tätig und wird sich aufgrund von Kapitalträgerentscheidungen auf dieses Kerngeschäft konzentrieren", nimmt Lothar Schaaf, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bay-Unternehmensgruppe, auf Anfrage von ComputerPartner Stellung dazu. Um die Fixkosten von Anfang an niedrig zu halten, hatte die Baycom GmbH von Anfang an einen Teil der Unternehmensbereiche durch externe Dienstleister abgedeckt. So hatte beispielsweise Matthias F. Schulte, Managing Director des Management-Dienstleisters Markement, das Management des Notebook-Bauers übernommen.

Outsourcing bis zum Gehtnichtmehr

Im Laufe dieses Jahres entschloss sich der Mutterkonzern, seiner Notebook-Tochter stückchenweise weiteren Boden unter den Füßen wegzuziehen. So sei, unternehmensnahen Kreisen zufolge, bereits im Juni 2002 der Service an einen externen Dienstleister vergeben worden. Die Produktion folgte zwei Monate später. Von den ehemals 25 Angestellten sind derzeit noch drei Mitarbeiter bei der Baycom GmbH beschäftigt, die das Geschäft bis Ende des Jahres abwickeln.

Denn nach Meinung der Kapitalträger trage der IT- (Notebook-) Markt erhebliche Wachstumsrisiken in sich und sei nur in großen Stückzahlen erfolgreich abzude-cken. Diese Stückzahlen scheint die Baycom nicht zur Zufriedenheit des Mutterkonzerns geschafft zu haben. Dass der Name Baycom in den vergangenen Monaten keine Begeisterungsstürme in der Handelslandschaft auslöste, hat mehrere Gründe: Einerseits sei die Firma, unternehmensnahen Kreisen zufolge, in den vergangenen drei bis vier Monaten "nicht optimal aufgestellt" gewesen und zudem hätten diverse Kommunikationsprobleme bestanden.

So kam es beispielsweise zu sehr langen Abwicklungszeiten von Reklamationen und zu Lieferschwierigkeiten. Von einer Unzufriedenheit der Kunden will Bay-Group-Chef Schaaf nichts gewusst haben: "Dass seit längerer Zeit Geschäftspartner mit uns unzu-frieden sind, ist mir neu. Wir hatten in einem überschaubaren Zeitraum von sechs Wochen Anpassungsprobleme mit der Umstellung von einer internen in eine externe Serviceabteilung. Das war’s auch."

Auch wenn das Unternehmen Baycom GmbH nicht überlebt; der Markenname hat immer noch eine, wenn auch ungewisse Zukunft. Einen Neuanfang wird der Brand bei Tronic 5 finden. Der in Königsbrunn residierende Selbstassemblierer Tronic 5 ist seit Jahren im Notebook-Markt tätig und setzt, laut eigenen Aussagen, im Retail-Bereich ein großes Volumen ab.

Nicht der Name, sondern die Qualität macht's

Im Jahr 2002 wird ein Umsatz von 52 Millionen erwartet, und "die Zahlen sind tiefschwarz", bestätigt Klaus J. Renner, Geschäftsführer der Tronic 5 GmbH. "Auch wenn es in den vergangenen Monaten zu einigen Problemen kam, hat der Name Baycom bereits einen Bekanntheitsgrad im Notebook-Markt", begründet Renner die Entscheidung zum Kauf des angeschlagenen Markennamens. Ein weiterer Beweggrund für den Kauf sei gewesen, den Brand am Leben zu erhalten und somit über eine vollständige Produktpalette vom Einstieger- bis zum Profigerät zu verfügen. Nach der Wiederherstellung des angeschlagenen Rufes will Tronic 5 spätestens im nächs-ten Jahr mit höherwertigen Baycom-"Worldbooks" den Markt wieder angehen. Denn einige Modellreihen der von der Baycom GmbH auf den Markt gebrachten "Worldbooks" seien nicht richtig konfiguriert gewesen, will Renner wissen: "Es wurden beispielswei-se Prozessoren verbaut, die für das System nicht freigegeben waren." Solche Missstände sollen in den zukünftigen Worldbooks nicht mehr vorkommen, so der neue Baycom-Chef. Bereits im ersten Quartal 2003 sollen die Baycom-Notebooks erneut an den Start gehen.

www.baycom-notebooks.de; www.tronic5.de

ComputerPartner-Meinung:

Ein Logistik-Unternehmen muss vom IT-Markt oder vom Handel mit Notebooks keine Ahnung haben. Wenn es allerdings ein Tochterunternehmen in dieser Branche eröffnet, sollte die Holding die nötigen Mittel zur Verfügung stellen. Die Kommunikation mit einem externen Management ist in keinem Fall optimal. Viele Bereiche der Baycom GmbH wurden zusätzlich nach und nach ausgelagert. Diese Entscheidungen sparten der GmbH und ihrer Holding zwar Kosten; steuerten aber den Hersteller in den Abgrund. (bw)

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