Novell mit Suse: Produktbereinigung steht noch bevor

22.01.2004
Dr. Ronald Wiltscheck rwiltscheck@computerpartner.de

Seit vergangener Woche ist es amtlich: Suse gehört definitiv zu Novell, die Kartellbehörden hatten nichts dagegen. Als erste Maßnahme versprach die Company aus Utah, Linux-Nutzer bei Rechtsstreitigkeiten finanziell zu unterstützen (Seite 10 in dieser Ausgabe).

Doch auf Novell warten noch weitere Aufgaben: Bisher hat sich der amerikanische Softwerker kaum als Linux-Vorreiter hervorgetan. Dies muss sich schleunigst ändern. Spätestens auf der diesjährigen Cebit werden erste Linux-Produkte aus Utah erwartet - und wenn es nur eine entsprechende Client-Version von Groupwise ist. Doch schon hier zeichnen sich erste Probleme mit Produktüberlappungen ab. Denn Suse bietet KMail als E-Mail-Client an, das neue Desktop der ebenfalls von Novell übernommenen Ximian bevorzugt "Evolution". Sicherlich, die Wahl der richtigen Software überlässt man dem Kunden, doch die "neue" Novell wird künftig nur einen einzigen Kollaborations-Client unterstützen, und das wird natürlich der eigene sein. Ebenfalls schlecht bestellt ist es um die Groupware der Nürnberger: Der Openexchange Server wird höchstwahrscheinlich zugunsten von Groupwise aufgegeben.

Das Gleiche gilt für die Benutzeroberfläche: Hier wird wohl die Wahl auf das Gnome-basierende Ximian-Desktop fallen; das bisher von Suse bevorzugte KDE wird die Company aus Utah fallen lassen. Dies werden viele Open-Source-Enthusiasten kritisieren, aber aus der Sicht von Novell ist diese Produktbereinigung unvermeidlich.

Auf jeden Fall bleibt den Franken ihr Kernprodukt erhalten: das Betriebssystem Linux selbst. Ob als Server- oder Client-Version, die technische Kompetenz von Suse ist bei Partnern und Kunden unbestritten. Und sie wird auch weiter nötig sein, denn Linux-Kenntnisse sind bei Novell-Partnern nur rudimentär vorhanden. Deswegen macht auch die Ankündigung Sinn, Suse als Brand erhalten zu wollen. Deshalb werden Vertriebspartner der Nürnberger erstmals nicht in die Channel-Organisation der Netware-Company integriert, und das ist auch gut so. Andererseits wäre es wünschenswert, wenn Novell Suse in den USA bei der Akquisition von neuen Partnern unterstützen könnte. Denn nur so können dort weitere Linux-Kunden gewonnen werden.

Ungeklärt bleibt indessen die Rolle von Cambridge Technology. Die Novell-eigene Serviceabteilung mag sich gegenüber den Business-Experts und -Partners abgrenzen. Aber warum sollte sie in Linux-Projekten nicht mit Suse-Partnern in Wettbewerb treten? Hier erwarten Open-Source-Dienstleister von Novell eine klare Aussage.

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