NT Plus Riedlbauer über Festnetzvermarktung durch IT-Händler

25.02.1999

OSNABRÜCK: Dem Zusammenwachsen der IT- und der TK-Branche tragen auch immer mehr Distributoren mit einer erweiterten Produktpalette Rechnung. Was sie dabei beachten müssen und was der Fachhändler davon hat, schildert Michael Hendricks*.Jeder hat es im vergangenen Jahr zu spüren bekommen: Die Telekommunikationsbranche wurde nach und nach von alternativen Netzbetreibern erfaßt. Die Neuen mußten sich zunächst dem Kunden vorstellen und ihren Platz im Markt finden. 1998 war daher ganz klar das Jahr der Preiskämpfe. Die Endkunden reagierten darauf äußerst vorsichtig und waren aufgrund der sich ständig ändernden Preislandschaft bestenfalls zur "Call-by-Call"-Nutzung der neuen Provider bereit. Heute, nach den letzten großen Gebührensenkungen der Telekom, bekommen qualitative Gesichtspunkte wieder mehr Gewicht. Die Angebote der einzelnen Anbieter werden allmählich transparent und damit vergleichbar.

Hier eröffnet sich Distributoren, aber auch IT-Fachhändlern ein neues Feld. Während es bei den bundesweit tätigen Carriern in der Regel so ist, daß Großkunden vom Direktvertrieb betreut werden, sind im Gegensatz dazu aber die Strategien der Netzanbieter und Serviceprovider im Hinblick auf den Mittelstand sehr verschieden. So setzt die Deutsche Telekom bei der Vermarktung von ISDN-Anschlüssen ganz stark auf die großen Telekommunikationsdistributoren. Auch Viag Interkom, Otelo und Interoute nutzen ganz gezielt die vorhandenen Vertriebsstrukturen der Kommunikationsspezialisten, um so den gewerblichen Mittelstandskunden und gehobenen Privatkunden für sich zu gewinnen.

1998 hat auch gezeigt, daß "Preselection" die hohen Erwartungen der Beteiligten nicht erfüllte. Das Thema war zu neu, es gab zu viele technische und abrechnungstechnische Probleme, und keiner der neuen Carrier konnte mit einem Komplettangebot, das heißt inklusive Ortsgespräche, aufwarten. Kunden und Fachhandel reagierten deshalb mit Zurückhaltung. Nachdem der Minutenpreis nun nicht mehr länger das alleinige Kriterium ist und die Netzanbieter und Provider ihre ersten "Kinderkrankheiten" überwunden haben, wird Preselection wieder interessanter. Die alternativen Anbieter haben jetzt gute Chancen, sich über attraktive Kombipakete (Internet- und Festnetzanschluß, Fest- und Mobilfunkanschluß und so weiter) Marktanteile zu erobern. Und für den Fachhändler ist nur die Netzvermarktung über Preselection wirklich von Bedeutung, da hierfür Provisionen und Air-Time gezahlt werden.

Die Anforderungen wachsen

Geschäfts- oder auch anspruchsvolle Privatkunden erwarten heutzutage individuelle Kommunikationslösungen. Es reicht nicht mehr aus, nur eine TK-Anlage oder nur einen PC zu verkaufen. Gewerbliche Kunden benötigen integrierte Lösungen. CTI (Computer Telephony Integration), ACD (Automatic Call Distribution), mobile Datenkommunikation und Ausstattung von mobilen Büros für Außendienstler sind hier nur einige Beispiele.

Erfolgreiche Distributoren müssen in der Lage sein, hier alle Einzelkomponenten zu liefern, bei Projekten Unterstützung zu bieten und auch entsprechenden Know-how-Transfer, zum Beispiel mit einem bedarfsgerechten Schulungs- und Roadshow-Programm, sicherzustellen.

Die zur Zeit am Markt agierenden Major Player der Distribution im Kommunikationsbereich haben alle ihre individuellen Schwerpunkte. Der Wettbewerb findet jeweils in den einzelnen Spezialgebieten statt.

In der Vergangenheit arbeiteten wir hauptsächlich mit dem qualifizierten TK-Fachhandel, TK-Systemhäusern und TK-Anlagenbauern zusammen. Nach der Integration der Handelsaktivitäten der Connect Service Riedlbauer im letzten Herbst verstehen wir uns als Kommunikationsdistributor und adressieren zunehmend auch den IT-Fachhandel. Wir gehen davon aus, daß die Märkte immer schneller zusammenwachsen. Um TK-Lösungen erfolgreich vermarkten zu können, ist jedoch eine gewisse Personalstruktur erforderlich, so daß hier nur qualifizierte Fachhändler beziehungsweise Systemhäuser oder auch Unternehmensberatungen eine Chance haben werden. Es zeichnen sich zwei Gruppen ab: TK-Spezialisten mit EDV-Know-how oder PC-Profis mit TK-Know-how.

Telekommunikation als Zusatzgeschäft

Über eines muß sich der Händler allerdings im klaren sein: Alternative Festnetzvermarktung läuft nicht von alleine. Es reicht nicht aus, Plakate der Carrier im Laden oder im Schaufenster aufzuhängen und auf interessierte Kunden zu warten. Der Händler muß Festnetzvermarktung aktiv betreiben. Dazu ist erstens umfassendes Know-how erforderlich und zweitens ein gezielt eingesetzter Beratungsaufwand.

Aus Sicht eines herkömmlichen PC-Fachhändlers ist es daher von großem Vorteil, wenn sein Distributor auch Festnetzprodukte anbieten kann. Er hat dann nur einen Ansprechpartner und einen Lieferanten, der verwaltungstechnische und buchhalterische Aufwand ist somit deutlich geringer für ihn.

Darüber hinaus sichert sich der Fachhändler mit dem Einsteigen in den Bereich der TK-Lösungen langfristig seine Zukunft. Im aggressiven Preiswettbewerb der Flächen- und Großmärkte hat er auf Dauer sonst den kürzeren Atem. Mit seinem Spezialwissen hat er außerdem gute Voraussetzungen, sich auf dem für ihn bislang "artfremden" Gebiet schnell die erforderlichen Kenntnisse anzueignen. Hier müssen in erster Linie gewisse "Berührungsängste mit den Strippenziehern" überwunden werden.

Festnetzvermarktung wird sicherlich nicht das Hauptgeschäft für den IT-Fachhändler, aber es bietet ihm eine Gelegenheit, gegenüber seinem Kunden Gesamtkompetenz zu beweisen. Kunden wollen heutzutage nicht mehr zwischen verschiedenen Experten hin und her geschoben werden, sondern einen verantwortlichen Ansprechpartner, der ihnen ihre individuelle Gesamtkommunikationslösung bietet. Festnetzvermarktung kann hier eine sinnvolle Möglichkeit für ein gewinnbringendes Zusatzgeschäft bieten.

* Michael Hendricks ist Prokurist und Bereichsleiter Dienstleistungszentrum bei NT plus Riedlbauer.

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