Digitalisierung des stationären Handels

Nutzerfreundlichkeit und Datenpflege für den Erfolg

Jürgen Brunner ist Senior Account Manager und Handelsexperte bei der Uniserv GmbH. Er hat über zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen E-Commerce und Daten-Managementplattformen für Kunden-und Produktstammdaten. Für Uniserv berät Herr Brunner seit 2015 Handelsunternehmen hinsichtlich ihrer Digitalen Transformation und Data Governance, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Management von Kundendaten.
Vieles, was im E-Commerce bereits sehr gut funktioniert, kann auch der stationäre Handel übernehmen. Denn nur wer seine Kunden wirklich gut kennt, kann sie mit den richtigen Offerten zum Kauf weiterer Produkte bewegen.
Viele im E-Commerce bereits gut etablierte Werkzeuge zur "Kundenführung" lassen sich auch auf den stationären Handel übertragen.
Viele im E-Commerce bereits gut etablierte Werkzeuge zur "Kundenführung" lassen sich auch auf den stationären Handel übertragen.
Foto: metamorworks - shutterstock.com

Kontaktloses Bezahlen, Verkauf über Online-Plattformen, Social Shopping - der deutsche Einzelhandel ist seit dem Beginn der Pandemie digitaler denn je. Laut einer aktuellen Bitkom-Studie, verkaufen 85 Prozent der Einzelhändler ihre Waren komplett online oder parallel zum stationären Geschäft. Das ist ein Anstieg um 27 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019. Diese Verlagerung in die digitale Welt führte zu neuen Kontaktkanälen mit Kunden.

Bei vielen verschiedenen Touchpoints besteht jedoch die Gefahr, dass die Kundendaten nicht korrekt zusammengeführt und konsolidiert werden, sondern in unterschiedlichen Datensilos vorliegen. So entstehen Dubletten. Sie verhindern eine einheitliche Sicht auf Kunden. Daten können nicht mehr richtig zugeordnet werden. Ein gut gepflegter Kundendatenstamm bietet jedoch enormes Potenzial für Händler. Sie sollten spätestens jetzt lernen, wie sie mit der voranschreitenden Digitalisierung und der damit einhergehenden wachsenden Datenmenge umgehen.

Nutzerfreundlichkeit bindet Kunden

Nachdem sich die Kommunikation durch die Pandemie weitestgehend in den digitalen Raum verlagerte, sind die Kundenerwartungen an Händler deutlich gestiegen. Handelsunternehmen müssen die Chance ergreifen, ihren Kunden das zu bieten, was sie erwarten. Grundlage dafür bildet eine verlässliche Datenbasis mit hoher Datenqualität. Diese können Händler vor allem für zielgerichtete Marketingmöglichkeiten, wie die persönliche Ansprache der Kunden, nutzen.

Im E-Commerce bildet die Abfrage der Kundendaten einen wichtigen Teil der Customer Journey. Die Nutzerführung sollte so einfach wie möglich gehalten werden. Kunden möchten sich beim Onlineshopping auf den Kauf konzentrieren, anstatt komplizierte Anmeldeprozesse durchlaufen und Formularfelder ausfüllen zu müssen. So sollten Händler genau prüfen, welche Daten sie bei einer Registrierung abfragen, sowie die Möglichkeit einer Gastbestellung anbieten.

Der Checkout-Prozess ist in diesem Zusammenhang ein kritischer Punkt. Eine aufwendige Dateneingabe schreckt viele Kaufwillige ab. Sie brechen den Kauf ab, wie eine Studie des Baymard Instituts zeigt: 69 Prozent der Online-Nutzer, die ein Produkt bereits im Warenkorb haben, schließen den Kaufprozess aus diesem Grund nicht ab. Ein einfacher Kaufprozess hilft dabei, die Kundenloyalitat zu steigern und mehr Kunden zum Kaufabschluss zu bringen.

Nutzerfreundlichkeit spielt also eine große Rolle. Eingabefelder sollten sich am Benutzer und dem Eingabemedium ausrichten und dabei eingabefreundlich und effizient gestaltet sein. Notwendige Pflichtfelder sollten kenntlich gemacht werden. Bei Stammkundschaft können per default die bekannten Kundendaten bereits vorausgefüllt sein, um den Kaufprozess weiter zu erleichtern. Viele Verbraucher sind nämlich bereit, mehr bei einem Unternehmen auszugeben, wenn sie ihre Informationen nicht wiederholt eingeben müssen.

Qualitativ hochwertige Daten dank der richtigen Tools

Es ist nicht nur wichtig wie Kunden den Dateneingabeprozess durchlaufen. Entscheidend ist auch, dass diese Daten im Endresultat fehlerfrei sind und aktuell und vollständig an einem zentralen Ort vorgehalten werden. Werden Kundendaten allerdings nur unzureichend oder gar händisch erfasst, entstehen schnell fehlerhafte Datensätze. Falsche Lieferungen und unnötige Retouren sind die Folge. Das verbraucht nicht nur Ressourcen, sondern macht auch die Kundschaft unglücklich, und setzt die Loyalität aufs Spiel.

Grundsätzlich können fehlerhafte und doppelte Datensätze recht schnell schon bei der Eingabe entstehen, zum Beispiel durch Zahlendreher oder unterschiedliche Schreibweisen von Namen oder Adressen. Schreibweisen wie "Str." und "Straße" oder "Müller" und "Mueller" beeinflussen die Ergebnisqualität und führen zu Dubletten. Eine passende Technologie im Hintergrund kann dabei helfen Fehler zu vermeiden. Eine Autovervollständigung, zum Beispiel, hilft dabei, etwa das Adressfeld eindeutig und ohne Tippfehler auszufüllen. Die Dublettenprüfung kann fehlerhafte und doppelte Datensätze aufspüren und konsolidieren.

Händler sollten sich die nötigen Ressourcen für eine konsistente und kontinuierliche Datenpflege einplanen, um den Business-Nutzen aus den Daten voll auszuschöpfen. Der Aufwand lohnt sich, denn eine gute Datenqualität unterstützt eine positive Customer Experience. Ein ganzheitliches Kauferlebnis und eine konsistente, positive Customer Journey können nur mit einer soliden Datenbasis entstehen. Konsolidierte und aufbereitete Daten sind die Basis, mit der Händler eine starke Kundenbindung aufbauen und einem Wechsel zur Konkurrenz vorbeugen können.

Digitale Transformation und Datenpflege gehen Hand in Hand

Händler wandeln sich hin zum datengesteuerten und -getriebenen Unternehmen. Die Datenpflege sollte von Beginn an mitgedacht werden. Denn erst durch ein verlässliches Bild davon, was die Kunden und die Zielgruppe überhaupt möchten, erschließt sich die strategische Richtung bei der digitalen Transformation.

Für Handelsunternehmen, die im Zuge der Pandemie ihren Online-Shop schnell aufgestellt haben, ist es ein guter Zeitpunkt, um die etablierten und neu begonnenen Datenprozesse zu überarbeiten. Ist etwa die Abbruchrate beim Warenkorb hoch, lohnt es sich, einen Blick auf den Checkout-Prozess zu werfen. "So wenig wie möglich und so viel wie nötig" - das sollte die Devise bei der Abfrage der Kundendaten sein.

Mit einem gut gepflegten Kundendatenstamm können Händler das volle Potenzial ihrer Daten ausschöpfen. Als Grundlage dient eine Customer Unique-ID, als gesamtheitliches, glaubwürdiges, aktuelles und vollständiges Abbild auf Kunden. Nicht nur Marketingmaßnahmen sind dann zielgerichteter und einfacher möglich. Auch Kosten, etwa durch Retouren und Fehllieferungen, können vermieden werden. Je besser Händler ihre Kunden kennen, umso besser können sie ihr Angebot danach ausrichten. Und je einfacher der Kaufprozess gehalten ist, desto wahrscheinlicher ist auch der Gewinn neuer Kunden.

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