OEM-Hersteller haben Vorrang vor der Distribution

14.10.1999

MÜNCHEN: CD-Rom-Laufwerke werden immer mehr zu einem knappen Gut. Beobachter hatten bereits vor einer Allokation gewarnt. Das Erdbeben in Taiwan hat die Lage noch verschärft.Die Preise für CD-Rom-Laufwerke steigen. Schon vor dem Erdbeben hatte sich der Händlereinkaufspreis leicht erhöht. "Der DSP-Chipsatz ist teurer geworden", erklärt Stefan Klima, Produktmanager bei Computer 2000. Gut drei Wochen nach der Naturkatastrophe ist die Lage nicht besser geworden. Taiwan versorgt den weltweiten Markt zu rund 60 Prozent mit Pick-Ups.

Der Pick-Up führt die integrierte Lasereinheit über das Medium. Das Bauteil ist nicht nur in CD-Roms, sondern auch in CD-Rekordern enthalten. "Ich rechne mit einer massiven Allokation", konstatiert Klima.

Lite-On hat seinen Kunden bereits signalisiert, daß die Produktion für mehrere Wochen ausfällt. Zudem hat das Unternehmen die Preise um zirka 3,5 Dollar pro Laufwerk angehoben. Insgesamt ist der Händlereinkaufpreis in den letzten vier Wochen um drei bis zehn Mark gestiegen.

"Die Preissteigerung wird im ersten Schritt bei fünf bis zehn Prozent liegen", erwartet Klima. Eine weitere Erhöhung schließt der C2000-Manager nicht aus. Die Kosten steigen jedoch nicht nur aufgrund mangelnder Bauteile und Geräte. Es ist derzeit schwer, Frachtraum zu bekommen. Verschiedene Hersteller haben noch Ware in China, doch es steht nicht genügend Transportkapazität zur Verfügung. Der Luftfrachtraum ist um zirka einen Dollar pro CD-Rom-Laufwerk teurer geworden. Auch Werner Handke muß zugeben, daß er den Bedarf nicht befriedigen kann. "Wir können im Moment gerade mal die Aufträge unserer langfristigen Kunden erfüllen", erklärt der Senior-Manager Sales & Marketing von Samsung. "Neukunden können wir derzeit nicht beliefern und auch für die Distribution bleibt nicht viel übrig."

Die Produktion fällt mehrere Wochen aus

"Die Fertigungsstätten der CD-Rom-Hersteller sind so gut wie nicht betroffen", weiß Michael Pauly, Sales- und Marketingmanager bei Mitsumi. "Viele Unternehmen produzieren in China. Das Problem ist, daß sehr viele Bauteile aus Taiwan kommen." Mitsumi ist in der glücklichen Lage, weitestgehend unabhängig zu sein.

"Wir beziehen alle Chips und auch die Pick-Ups aus Japan", freut sich Pauly. Trotzdem wird erwartet, daß es auch bei japanischen Herstellern zu Engpässen kommt. "80 Prozent der Roh-Wafer kommen aus Taiwan, und ohne diese lassen sich keine Chips fertigen", sagt Pauly. Solange die Stromversorgung nicht gesichert ist, kann die Produktion nicht wieder anlaufen. "Wenn der Strom wieder da ist, dauert es sicher noch zwei Wochen, bis die Reinräume wieder funktionstüchtig sind und die Anlagen wieder für die Serienfertigung zur Verfügung stehen", prophezeit der Mitsumi-Manager.

Pauly zweifelt daran, daß die verbliebenen Hersteller Kapital aus der Misere schlagen können. "Wir stehen jetzt noch mehr unter Lieferdruck." Marktbeobachter berichten von regelrechten Hamsterkäufen der OEMs auf dem Weltmarkt. PC-Hersteller kalkulieren bei CD-Roms normalerweise mit etwa drei Zulieferfirmen. Die nun ausfallenden Stückzahlen, die Insider je nach Unternehmen auf 35 bis 55 Prozent schätzen, müssen nun natürlich woanders herkommen.

Der Fachhandel ist wieder mal der Dumme

Der Leidtragende ist der Fachhandel, denn die Produkte werden zuerst in der Distribution knapp. Mit den OEMs haben die CD-Rom-Hersteller feststehende Verträge, die es zu erfüllen gilt. Aufgrund der Lage wollen alle PC-Hersteller ihre Orders erhöhen beziehungsweise kommen Anfragen von anderen Großkunden hinzu. "Für Integratoren, die über die Distribution beziehen, wird es ein hartes viertes Quartal", mutmaßt Klima. Die Verknappung könnte möglicherweise den Geschwindigkeitswahn bremsen. Bereits bei 30x und 36x bekräftigten die Hersteller immer wieder, daß eine weitere Drehzahlerhöhung nichts mehr bringt. Mittlerweile dreht das Standard-Drive mit 48x. Zwar betonen die Unternehmen auch heute, daß ihnen im Prinzip nicht daran gelegen sei, noch schnellere Laufwerke auf den Markt zu bringen. Im gleichem Atemzug sind jedoch alle bereit, es dem Mitbewerber gleichzutun, sollte sich doch ein Unternehmen beispielsweise mit einem 64x-CD-Rom auf den Markt trauen.

Die angespannte Liefersituation bei CD-Roms wird sich auch auf CD-RW-Rekorder übertragen. Dies könnte der DVD-Fraktion einen unerwarteten Schub geben. "Irgendwas muß rein in den PC, und wenn es kein CD-Laufwerk oder -Brenner ist, dann muß es halt ein DVD-Rom sein", kommentiert ein Marktbeobachter gegenüber ComputerPartner. "Einige Firmen werden dieses vierte Quartal wohl nicht überleben. Andere kommen gerade noch mal mit dem Schrekken davon. Bei Hitachi waren die Lager so voll, daß die die Türen gar nicht mehr zubekommen haben. Heute scheinen alle DVDs weg zu sein."

Fachhändler sind gut beraten, sich mit Ware einzudecken. Der CD-Rom-Markt wird sich vor Weihnachten nicht mehr entspannen. (kfr)

Der Händler-EK für ein 48fach-CD-Rom-Laufwerk liegt derzeit bei zirka 78 Mark - Tendenz steigend.

"Ich rechne mit einer massiven Verknappung", sagt C2000-Manager

Stefan Klima.

"OEMs kaufen auf dem Weltmarkt alles, was sie kriegen können", bekräftigt Mitsumi-Manager Michael Pauly.

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