Office-XP-Aktivierung: Probleme für den Handel

31.05.2001
Noch im zweiten Quartal diese Jahres will Microsoft das neue Software-Paket "Office XP" auf den Markt bringen. Für das vierte Quartal ist der Launch des Betriebssystems "Windows XP" geplant. Damit der Kunde die Software nutzen kann, muss er sie aktivieren.

Für Office XP ist die Aktivierung vor dem 51. Start notwendig, das Betriebssystem funktioniert ohne Aktivierung genau 30 Tage einwandfrei. Wird die Software nicht aktiviert, lässt sie sich nur noch eingeschränkt nutzten. Microsoft sieht die Aktivierung als Schutzmechanismus, um die Software-Piraterie zu reduzieren. Die Weitergabe an Freunde und das illegale Kopieren von Programmen sollen dadurch nicht mehr möglich sein.

Zwei Verfahren stehen dem Kunden zur Auswahl: die automatische Aktivierung per Internet oder ein kostenloser Anruf bei einem Kundendienstmitarbeiter. In beiden Fällen steht dem Kunden der so genannte Aktivierungsassistent zur Verfügung. Das Programm errechnet aus den Hardware-Komponenten und der Seriennummer der Software einen individuellen Installations-Code. Wie diese Berechnung im Einzelnen erfolgt und welche Komponenten einbezogen werden, ist unklar. Im Austausch gegen den Installations-Code erhält der Kunde seinen Aktivierungs-Code.

Neue Hardware - neue Aktivierung

Pro Office- oder Windows-CD sind zwei Aktivierungen via Internet möglich - eine auf einem PC und eine auf einem Laptop. Benötigt der Kunde weitere Aktivierungs-Codes, muss er bei Microsoft anrufen. Die Software muss jedesmal neu aktiviert werden, wenn neue Hardware-Komponenten eingebaut werden. Laut Aussagen von Microsoft ist dies nur bei "signifikanten" Änderungen der Hardware der Fall. Was allerdings eine signifikante Änderung ausmacht, sagt der Software-Riese nicht. Ebenso schweigt sich das Unternehmen darüber aus, wie oft ein Kunde die Software auf einen neuen PC mitnehmen oder die Festplatte formatieren kann und trotzdem problemlos einen neuen Aktivierungsschlüssel bekommt.

Microsoft darf die Angabe von persönlichen Daten bei der Aktivierung nicht verlangen. Denn sonst käme die Prozedur einer Zwangsregistrierung gleich, und das ist in Deutschland nicht zulässig. Also ist die Aktivierung anonym, nur das Land, in dem die Software genutzt wird, muss angegeben werden.

Durch die Aktivierung darf demnach Microsoft die Seriennummern von Office-Paketen der Hardware-Konfiguration eines PCs zuordnen, der in einem bestimmten Land genutzt wird. Werden bei der Aktivierung also wirklich nur diese Daten übermittelt, ist der einzige Schutz, den die aufwändige Aktivierung bietet, die Hemmschwelle der Kunden, einen anonymen Anruf zu tätigen und einen neuen Aktivierungs-Code anzufordern.

Insider raten von der Aktivierung über das Internet wegen mangelnder Transparenz des Verfahrens ab. Denn die Software würde verschlüsselte Daten übertragen, deren Inhalt jeder Kontrolle entzogen sei.

Kunden und Fachhändler sind unterschiedlicher Meinung zu diesem Thema. Ein ComputerPartner-Leser aus Hannover fragt sich beispielsweise, ob er in Zukunft für eine neue Beifahrerin im Auto auch einen neuen Freischaltcode fürs Autoradio benötigt. Harry Fehlmann vom EDV-Shop Compersoft sieht in der Aktivierung nur eine zusätzliche Fehlerquelle. Gegen einen Schutz vor Software-Piraterie hat kein Händler etwas einzuwenden. Jeder weiß, dass ein ehrlicher Kunde Schwarzinstallationen indirekt mitbezahlt, insofern wird der Schutzmechanismus sogar begrüßt. Und doch scheint die Methode keinen großen Anklang zu finden.

Für den Fachhändler könnten sich nämlich durch die Aktivierungspflicht Probleme ergeben, die Microsoft möglicherweise gar nicht bedacht hat. So hat es sich beispielsweise für Jürgen Henning von Henning-Datentechnik aus dem westfälischen Rheine bewährt, eine Windows-Parallelinstallation durchzuführen, um bei der Fehlersuche vor Ort herauszufinden, ob Probleme mit der Hardware oder mit der Software vorliegen. Dies ist nun nicht mehr möglich. "Ich halte die Vorgehensweise von Microsoft für höchst kundenfeindlich und für den Fachhändler für eine Katastrophe", so Henning.

In Zukunft will Microsoft alle Produkte mit der Aktivierung ausstatten. Sowohl Paket- und OEM- als auch System-Builder-Versionen sind davon betroffen und lediglich Volumenlizenzprogramme davon ausgenommen. Schon seit der Einführung von Office 2000 wird die Aktivierung in Australien, Brasilien, Kanada, China, Neuseeland und den USA eingesetzt.

ComputerPartner-Meinung:

Microsoft will sich vor Software-Piraterie schützen. An sich kein schlechter Gedanke, der von jedem zahlenden Kunden begrüßt wird. Schließlich weiß jeder, dass geklaute Software vom ehrlichen Käufer indirekt mitbezahlt wird. Nur die Art und Weise, wie der Gigant das bewerkstelligen will, kommt beim Verbraucher gar nicht gut an. Das ist wie mit den Schildern in den Drogeriemärkten: "Dieser Laden ist videoüberwacht. Jeder Diebstahl wird zur Anzeige gebracht." Den Dieb schrecken weder das Plakat noch die Videokamera wirklich ab. Aber jeder Kunde bekommt das Gefühl, dass er sich bei einer falschen Bewegung sofort verdächtig macht. Das verunsichert ihn, und er kauft nicht mehr mit der gleichen Freude wie vorher.

Nun kommt noch im speziellen Microsoft-Fall dazu, dass der Kunde ohnehin nur sehr ungern neue Produkte von den Redmondern kauft, weil er weiß, dass er für viel Geld eine schlecht funktionierende Software bekommt. Jetzt muss er das Programm auch noch aktivieren, was zusätzliche Zeit erfordert. Die Kauflust geht dem Nullpunkt entgegen, und die Verunsicherung steigt. Der Anwender beginnt sich zu fragen, was das Aktivierungsprogramm noch so alles kann, außer die Seriennummer seiner Hardware zu lesen. Aber das weiß keiner so genau, und das Misstrauen wächst. Auch wenn das Aktivierungsprogramm gar keine sensitiven Daten übermittelt, für einen Image-Gewinn bei Microsoft sorgt es ganz sicher nicht. (ce)

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