Ohne Strom läuft heute nichts mehr

25.11.1999
KARLSRUHE: Ohne Elektronik ist unsere heutige Welt nicht mehr vorstellbar. Jedes System, vom Personal Computer auf dem Schreibtisch bis zum Lift, der Sie jeden Tag in Ihr Büro bringt, hängt von elektronischen Schaltungen ab, die wiederum elektrische Energie benötigen. Unterbrechungsfreie Stromversorger (USVs) helfen, Unregelmäßigkeiten bei der Stromversorgung zu überbrücken. Jorma Mannerkowski* erklärt, wie sie funktionieren.

Die Stromversorgung ist in den meisten Ländern der westlichen Welt relativ stabil, Stromausfälle sind erfreulicherweise eher selten. Es treten jedoch Schwankungen auf, die den Betrieb von empfindlichen elektronischen Systemen beeinflussen können. So hat man beispielsweise festgestellt, daß rund 60 Prozent aller Computerprobleme auf Störungen der elektrischen Stromversorgung zurückzuführen sind. In einem Bürogebäude gibt es zahlreiche Komponenten, die die Stromzufuhr beeinflussen können. So können zum Beispiel Aufzüge die Leitungen so beanspruchen, daß der für das System verfügbare Strom schwächer ist als er sein sollte (Spannungseinbruch). Außerdem können sich nachteilige Wetterbedingungen wie Sturm, Blitz oder Schneefall auf die Stromversorgung auswirken.

Die Auswahl der geeigneten Spannungsschutzlösung kann schwierig sein. Am Markt sind verschiedene USV-Typen mit unterschiedlichen Schutzstufen verfügbar. Auch muß berücksichtigt werden, wie die USVs mit der geeigneten Software zu überwachen und kontrollieren sind und welche Unterstützung und Beratung der Anwender von seinem Zulieferer erwarten kann. Das Ziel dieses Artikels ist, einen Weg durch das Spannungsschutz-Labyrinth zu zeigen, damit die beste Lösung für ein Unternehmen ausgewählt werden kann.

Spannungsprobleme lassen sich in neun grundlegende Kategorien unterteilen.

1. Überspannung

Von einer Überspannung spricht man, wenn die Spannung um mindestens 110 Prozent über dem Normalwert (230 Volt) liegt, also bei 253 Volt. Die häufigste Ursache für eine auftretende Überspannung ist die Abschaltung großer elektrischer Anlagen, wie beispielsweise großer Motoren und Transformatoren. Unter diesen Bedingungen kann es bei Computersystemen zu Speicherverlust, Datenfehlern, flackernden Leuchtanzeigen oder sogar zur kompletten Abschaltung des Systems kommen.

2. Hochspannungsspitzen

Von Hochspannungsspitzen redet man bei einer plötzlichen, kurzzeitigen Spannungsspitze von bis zu 6.000 V, die der Netzspannung überlagert ist. Solche Spannungsspitzen gehen normalerweise auf Blitzschläge in der näheren Umgebung zurück, wobei es jedoch auch andere Ursachen gibt. Bei empfindlichen elektronischen Systemen kann dies zu Datenverlusten oder beschädigten Leiterplatten führen.

3. Schaltspitzen

Als Schaltspitzen werden kurzzeitige Impulse mit einer Amplitude von bis zu 20.000 Volt bei 10 bis 100 Mikrosekunden Dauer bezeichnet. Sie werden häufig durch Lichtbogenfehler und statische Entladung verursacht. Darüber hinaus können mehrmals pro Tag Störungen durch Schaltvorgänge bei Energiesystemen auftreten, die von Stromversorgern bei der Korrektur von Leitungsproblemen auslöst werden. Zu den Auswirkungen gehören Speicherverlust, Datenfehler, Datenverlust und Komponentenbelastung.

4. Spannungseinbrüche

Sinkt die Netzspannung kurzzeitig auf 80 bis 85 Prozent unter den Normalwert, so spricht man von Spannungseinbrüchen. Sie können auftreten, wenn schwere Anlagen eingeschaltet, große elektrische Motoren gestartet und Starkstromleitungen geschaltet werden (internes oder öffentliches Stromversorgungsnetz). Spannungseinbrüche können ähnliche Auswirkungen wie Spannungsspitzen haben und zu Speicherverlust, Datenfehlern, flackernden Leuchtanzeigen und Abschaltungen des Systems führen.

5. Frequenzabweichungen

Hierbei handelt es sich um eine Abweichung von der normalerweise konstanten Netzfrequenz von 50 Hertz. Sie kann beispielsweise durch fehlerhaften Betrieb von Notstromgeneratoren oder instabile Stromquellen hervorgerufen werden. Bei sensiblen elektronischen Systemen können durch Freqenzabweichungen, Datenbeschädigungen, Festplatten-Crash, Tastaturblockierung oder Programmfehler auftreten.

6. Kurzschluß im öffentlichen Netz

Ein Kurzschluß im öffentlichen Netz ist ein kontinuierlich reduzierter Spannungszustand. Ein Beispiel dafür ist der Spitzenbedarf im Sommer, wenn die Energieversorger die Anforderungen oft nicht mehr erfüllen können und die Stromversorgung einschränken müssen. Bei Computersystemen kann dies zu Datenbeschädigung, Datenverlust und Hardwareausfällen führen.

7. Blackout/Netzausfall

Blackout oder Netzausfall wird als Nullspannungsbedingung definiert, die mehr als zwei Zyklen (40 Millisekunden) dauert. Dies kann auf die Auslösung eines Unterbrechungsschalters sowie auf Spannungsverteilungs- oder Netzspannungsfehler zurückzuführen sein. Die Folgen können Datenbeschädigung, Datenverlust, Dateifehler oder Hardwareschäden sein.

8. Leitungsrauschen

Elektrisches Leitungsrauschen, definiert als Hochfrequenzstörung (Radio Frequency Interference - RFI) und elektromagnetische Störung (Electromagnetic Interference - EMI), hat unerwünschte Auswirkungen auf Schaltungen in Computersystemen. Zu den Störungsquellen gehören hier insbesondere Elektro- motoren, Relais, Motorensteuerungs-Komponenten, Rundfunkübertragungen, Mikrowellenstrahlung und natürlich Gewitter. RFI, EMI und andere Frequenzprobleme können Datenfehler, Datenverlust, Speicherverlust, Tastatur- und Systemblockierung verursachen.

9. Harmonische Oberwellen

Harmonische Oberwellen sind Verzerrungen der normalen Wellenform und werden normalerweise von nichtlinearen Lasten in die Leitung übertragen. Nichtlineare Lasten sind Switch-Mode-Stromversorgungen, Regelmotoren und -antriebe, Kopierer und Telefaxe. Harmonische Oberwellen führen zu Kommunikationsfehlern, Überhitzung oder Hard- wareschäden.

Lösungen

Die Antwort ist der Einsatz einer Unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV). Als Basisfunktion liefert die USV bei einem vollständigen Stromausfall weiterhin Spannung für das System, so daß ausreichend Zeit bleibt, Daten zu sichern und Dateien zu schließen.

Auf einer komplexeren Ebene wird die elektrische Versorgung von der USV aufbereitet und gefiltert, so daß das System nur eine "saubere" Spannung erhält.

USVs sind in den verschiedensten Ausführungen erhältlich, vom kleinen Desktop-System, das einen einzelnen PC schützt, bis zur großen Anlage, die die Spannungsversorgung für ein komplettes Gebäude sichert. Spannungsschutz-Lösungen werden in den verschiedensten Bereichen eingesetzt, etwa in Unternehmen mit Computer-Netzwerken, in Krankenhäusern, in Flughäfen oder auf Bohrtürmen - praktisch in allen Bereichen, in denen man eine kontinuierliche Stromversorgung unbedingt benötigt.

USV-Technologien

Es gibt drei Arten von USV-Technologien: Offline, Line-Interaktive und Online. Offline-Systeme, auch "Standby" genannt, sind für den Schutz eines einzelnen PCs oder einer einzelnen Workstation konzipiert. Diese sind normalerweise die preisgünstigsten USVs. Sie bieten aber nur bei einem vollständigen Stromausfall eine Absicherung und enthalten keine bedeutenden Funktionen zur Spannungsaufbereitung. Sie werden als "Offline"-Systeme bezeichnet, da die USV-Schaltung nur bei einem Spannungsausfall aktiv wird. Unterschreitet die Spannung einen bestimmten Wert, wechseln diese Einheiten über einen Schalter zur Batteriespannung. Dabei kommt es zu Verzögerungen von zwei bis drei Millisekunden, die jedoch von den meisten Computern überbrückt werden können. Ein Wechselrichter in der USV ändert die Gleichspannung der Batterien in Wechselspannung um, die von der Stromversorgung des Computers genutzt werden kann.

Line-Interactive

Hier handelt es sich um eine hybride Technologie, die einen besseren Schutz als die Offline-Syteme bietet, aber kostengünstiger ist als die volle Online-Technologie. Sie bietet neben dem Schutz bei Stromausfall auch eine Spannungsaufbereitung, die Spitzen und Unebenheiten in der Stromversorgung glättet. Sinkt die Spannung unter einen festgelegten Pegel, wird sie von der USV wieder zum Normalwert zurückgeführt. Bei diesem Konzept wird der Wechselrichter in der Zeit, in der die Eingangs-Wechselspannung im Normalzustand die Batterie auflädt, in Gegenrichtung betrieben. Bei einem Stromausfall wird ein Transferschalter aktiviert, und der Batteriestrom fließt zum USV-Ausgang, um das System zu versorgen. Die Line-Interactive USV wird in Bereichen eingesetzt, bei denen die Spannungsaufbereitung für den Betrieb des Systems keine zentrale Bedeutung hat.

Online (DoubleConversion)

USVs mit dieser Technologie sind am besten für Bereiche geeignet, bei denen geschäftskritische Anwendungen geschützt werden müssen. Diese, gegenüber den anderen beiden Technologien etwas teureren Systeme, stellen sicher, daß es bei der Stromversorgung nie zu einer Unterbrechung kommt. Dazu verwenden diese Anlagen die sogenannte Double-Conversion-Methode, bei der die Netzspannung kontinuierlich in Gleichspannung umgewandelt wird. Die Eingangsspannung wird über die Batterie durch einen Wechselrichter geführt, um sie in Wechselspannung für die Systemlast umzuwandeln. Die ideale Situation ist die Verfügbarkeit von Elektrizität als reine Sinuskurve. Die Wechselspannung direkt vom Netz ist unsauber und weist Unregelmäßigkeiten auf. Ein Online-System säubert und filtert die Spannung, so daß das System einen reinen Sinuswellen-Strom erhält. Bei Online-Systemen erfolgt die Umschaltung praktisch verzögerungsfrei, und die Auswirkungen von Spannungsspitzen und Überspannungen bei der Stromversorgung lassen sich vollständig beseitigen.

Überwachungssoftware

Die Online-Technologie ist die beste Spannungsschutz-Lösung bei geschäftskritischen Anwendungen. Eine weitere Verbesserung ermöglicht die USV-Überwachungssoftware. Bei der Überwachungssoftware gibt es verschiedene Funktionsstufen. Ein IT-Manager wird sofort über potentielle Spannungsprobleme informiert, die den Betrieb seines Netzwerks beeinflussen können. Die Power-Management-Software kann verschiedene Aufgaben durchführen wie beispielsweise:

- Genaue Überwachung der Netzspannungsversorgung, um Spannungsspitzen, Kurzschluß im öffentlichen Netz, Spannungseinbruch und andere Abweichungen festzustellen.

- Kontrolliertes Herunterfahren kritischer Systeme, einschließlich der Auswahl bestimmter Lastsegmente des Netzwerks, die länger weiterlaufen müssen. Die Benutzer werden normalerweise über eine übermittelte Nachricht am Bildschirm darüber informiert, wie viele Minuten sie Zeit haben, die Anwendungen zu schließen und die Daten zu sichern.

- Wartungsprüfungen des USV-Systems, einschließlich Status der Batterien und Bereitschaft des Systems, bei einer Spannungsunterbrechung die Versorgung übernehmen.

- Aufzeichnung eines Ereignisprotokolls, so daß bestimmte Ablaufmuster bei Spannungsproblemen festgehalten werden können.

- Die für das Netzwerk verantwortlichen Personen werden per Pager oder E-Mail automatisch darauf aufmerksam gemacht, daß ein Spannungsproblem existiert. Einige besonders leistungsfähige Power-Management-Softwarepakete ermöglichen auch eine Fernüberwachung der USV von jedem Punkt im Netzwerk aus, um die Performance der USV zu analysieren, um vorbeugende Arbeiten durchzuführen. Dies geschieht über den seriellen Kommunikationsanschluß, die SNMP-Software (Simple Network Management Protocol) oder zunehmend über das Web. Das bedeutet, daß beispielsweise ein IT-Manager in Frankfurt die USVs im Netzwerk weltweit steuern und überwachen kann, egal wo sie sich befinden. Der entscheidende Punkt ist, daß die USV unabhängig von der verwendeten Technologie als integrierter Bestandteil des Netzwerks betrachtet wird. Die meisten Unternehmen jeglicher Größe nutzen ein Computernetzwerk. Das bedeutet, daß unzureichend abgesicherte Unternehmen bei einem Stromausfall in ihren Funktionsabläufen blockiert werden und Daten verloren gehen können, die sich nicht mehr wiederherstellen lassen.

USV-Planung

Die Installation einer USV im Netzwerk muß sorgfältig konzipiert und geplant werden. Viele Netzwerk-Manager sind immer noch der irrigen Meinung, daß nur der Hauptserver geschützt werden muß. Die Router, Bridges und Hubs, über die der Datenverkehr läuft, werden jedoch häufig vernachlässigt. Darüber hinaus gibt es verschiedene Benutzer, die Daten an ihrem PC vor Ort verarbeiten und die die zusätzliche Sicherheit einer einzelnen USV benötigen.

Idealerweise sollte eine USV bereits bei der Planung einer IT-Installation oder vor der Errichtung eines Gebäudes berücksichtigt werden. Die Anwender können sich von Spannungsschutz-Spezialisten beraten lassen, welches System zur Absicherung der Last benötigt wird und welche Maßnahmen zu beachten sind. Netzwerke, die auf einem Unix-Betriebssystem basieren, müssen beispielsweise in einer bestimmten Reihenfolge heruntergefahren werden, da sonst die IT-Mitarbeiter nach Rückkehr der Netzspannung möglicherweise mehrere Tage mit dem Neustart des Systems und der Wiederherstellung der Dateien beschäftigt sind.

In Organisationen wie Krankenhäusern oder Finanzinstituten, in denen bei einem längeren Stromausfall eine kontinuierliche Fortführung des Betriebs gewährleistet sein muß, ist die übliche Autonomiezeit einer USV von normalerweise zehn Minuten bis zwei Stunden nicht ausreichend. In diesen Fällen ist ein Backup-Generator erforderlich. Doch auch hier benötigt man eine USV, da es eine Zeit dauert, bis der Generator die erforderliche Leistung für die Stromerzeugung erreicht und auf Notstrom umgeschaltet werden kann.

*JormaMannerkowski ist Director Produktmarketing bei der Powerware Corporation.

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