Oki: Ricohs Kriegserklärung kam per Post

21.03.2002
Die Cebit 2002 war eine ruhige, aber keinesfalls friedliche Messe: Die angespannte Stimmung der Branche schlug sich in diversen Machtkämpfen zwischen den Ausstellern nieder. Höhepunkt der Peinlichkeiten: der Angriff des Druckerherstellers Ricoh gegen den Konkurrenten Oki.

Die Kriegserklärung kam per Post, in Form eines bunten Flyers. "Auf manche Dinge können Sie verzichten...", eröffnet Ricoh darin eine Botschaft, die es in sich hat: Zu den unangenehmen Dingen des Lebens zählt der japanische Druckerhersteller nämlich nicht nur eine Bananenschale auf dem Gehsteig, abstürzende Aktienkurse sowie einen verletzten Daumen, sondern auch den Konkurrenten Oki. Freuen dürfe man sich hingegen auf Glück, Liebe - und natürlich Ricoh, erklärt der Druckerhersteller auf der darauffolgenden Seite. Adressiert war die Peinlichkeit an ein ausgewähltes Publikum: Den Umschlag hatten vor allem Oki-Händler auf dem Tisch. Die fanden die aggressive Werbekampagne gar nicht lustig: "Das ist unterstes Niveau", schimpfte einer der Händler auf der Cebit, "bisher hatte ich beide Hersteller im Programm, künftig verzichte ich freiwillig auf Ricoh".

Dass sich der Hersteller auf der letzten Seite des Flyers dann auch noch "Mehr Fairness in der Geschäftswelt" auf die Fahnen schreibt, sorgte auf der Cebit für Hohn und Spott: "Da stecken für mich zwei Botschaften drin: Oki kann nicht drucken, und Ricoh hat keinen Stil", giftete ein Wettbewerber. Der Flyer, der eigentlich für den Top-Farblaser "Afi-cio AP 3800 C" werben sollte, war bei den Druckerherstellern das Thema Nummer Eins auf der Cebit. Das "Eigentor" wurde unter der Hand rumgereicht. Offiziell ist der Prospekt nämlich nicht mehr zu haben, Oki hat seine Anwälte eingeschaltet. Einen Gegenschlag wird es aber nicht geben, so Karl Rainer Thiel, General Manager Marketing Communication bei Oki: "Wir wollen dem Ganzen nicht mehr Bedeutung als nötig beimessen." Mehr wollte man - mit Verweis auf das laufende Verfahren - zur Angelegenheit nicht sagen. Inzwischen hat Ricoh die entsprechende Verfügung des Amtsgerichts Düsseldorf auf dem Tisch.

Entsprechend eisig war das Schweigen am Ricoh-Stand. Vom Management ließ sich vorsichtshalber niemand blicken, die Pressebeauftragten versuchten sich in kommentarloser Schadensbegrenzung. "Die haben da drüben keine gute Zeit", so ein Wettbewerber, der das Treiben genüsslich vom eigenen Stand aus beobachtete, "die Händler sind alle stinksauer". "Da werden in diesen Tagen wohl einige Köpfe rollen", freut sich ein anderer.

Hintergrund der Geschichte ist das ewige Gerangel um den schnellsten und qualitativ besten Farblaserdrucker im Highend-Bereich: sowohl der "Ricoh Aficio AP 3800 C" als auch die Oki "C9000"-Serie (vier Modelle) schneiden im entsprechenden Test hervorragend ab. Im Kampf um gute Fachhandelspartner reichen technische Daten aber offenbar nicht mehr aus.

Während sich Ricoh den Titel "Weltmeister" verlieh, posaunte Oki im Gegenzug gute Umfrageergebnisse diverser Zeitschriften laut hinaus - wie beispielsweise die angebliche Führungsposition in puncto "realisierbare Handelsspanne", "Fachhandels-/Vertriebspolitik" und Verkaufs-/Werbeunterstützung". Auch über die guten Noten im Toner-Vergleich der Zeitschrift "Öko-Test" freute man sich so publikumswirksam, "dass der Ricoh-Marketingabteilung jetzt vor Wut offenbar die Sicherungen durchgebrannt sind" - vermutete jedenfalls der Flurfunk auf der Cebit.

Richtig freuen konnten sich die Oki-Mitarbeiter über den Reinfall des Konkurrenten aber nicht: Noch schneller als die Neuigkeit mit dem Flyer verbreitete sich auf der Cebit das Gerücht, Oki stehe kurz vor der Pleite. "Ricoh hat einen Wettbewerber getreten, der schon am Boden liegt", wurde getuschelt, die Mitarbeiter sollen die Messe verstärkt für Jobsuche genutzt haben. "Wenn wir tatsächlich Insolvenz beantragt hätten, würde ich jetzt im Amtsgericht sein und nicht an meinem Schreibtisch", so Bernd Quenzer, Finanzchef bei Oki, am Montag. Man könne zwar die genauen Zahlen erst zum Geschäftsjahresende (31. März) bekannt geben, doch pleite sei man sicher nicht: "Wir werden das Jahr mit einem Verlust abschließen, damit stehen wir aber nicht alleine da", so Quenzer. Das Minus werde sich auf etwa eine Million Euro belaufen.

www.ricoh.de; www.oki.de

ComputerPartner-Meinung:

Ricoh hat mit dieser peinlichen Aktion nichts erreicht, aber dafür die eigene Philosophie mit Füßen getreten. Die wurde von Firmengründer Kiyoshi Ichimura Ende der vierziger Jahre folgendermaßen formuliert: "Unsere Unternehmensphilosophie begründet sich auf gegenseitigem Respekt: Respekt vor unseren Mitmenschen. Respekt vor unserer Umwelt. Respekt vor unserer Arbeit." Weitere Kommentare erübrigen sich. (mf)

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