Olitec Self Memory 56000: Dann eben doch lieber ein Produkt aus Taiwan...

28.05.1998

MÜNCHEN: In den vergangenen Jahren gab es viele mehr oder weniger halbherzige Versuche, Fax, Modem und Anrufbeantworter irgendwie mit dem PC und der Telefonleitung zu verbinden. Der Lösungsvorschlag des französischen Herstellers Olitec erscheint vielversprechend genug, um von ComputerPartner hinsichtlich ihrer Händlertauglichkeitnäher unter die Lupe genommen zu werden.

Das "Olitec Self Memory 56000" vereint in einem Gehäuse, das sich in einer größeren Kaffeetasse versenken ließe, ein K56flex-Modem und zwei Megabyte Speicher. Die Firmware des Geräts soll für den Einsatz als Anrufbeantworter und Faxgerät sorgen und das sowohl bei ein- wie auch ausgeschaltetem PC. Zudem verspricht das Produkt auch den Empfang und Versand von E-Mails. Ansonsten läßt sich das Gerät mit beigelegter Infrarot-Fernbedienung fernsteuern und mittels Audioein- und -ausgängen auch als (Freisprech-) Telefon verwenden. Ab Juni soll das Modem dann auch den neuen ITU-Standard V.90 via Flash-Upgrade beherrschen. Dazu muß dann nur der nichtflüchtige Speicher (Flash-ROM) per Software aktualisiert werden. Ein erster Blick verrät zudem: Auf der Verpackung prangt das Logo "EG Herstellung" und heischt damit nach Qualität.

Ausgepackt und angesteckt ist das Self Memory schnell. Die Installa-

tion geht - zumindest unter Windows 95 - reibungslos über die Bühne, auch wenn die Begleittexte des Installationsprogramms bereits einen unguten Verdacht aufkommen lassen.

Sobald die Software läuft, geht jedoch die Rätselei los. Die Lokalisierung der originär französischen Software ist mangelhaft. Das reicht von merkwürdig eingedeutschen Begriffen, die sich jedoch noch relativ leicht erschließen lassen, bis hin zu Dialogen und Knöpfen, die der Übersetzer offensichtlich vollkommen übersehen hat. Als Europäer könnte man damit vielleicht leben - unverzeihlich ist jedoch die Konzeptionslosigkeit, mit der die Autoren ans Werk gegangen sind. Die Einstellungen für den PC-unabhängigen Modus des Geräts finden sich im Menü "Empfang" wieder - wer kommt schon darauf?. Oder: Während man im Telefonbuch blättert - im übrigen als "Verzeichnis" übersetzt - kann man weder die optisch gültige Menüleiste anklicken, noch die Anwendung beenden. Es gibt vollkommen überflüssige und funktionslose Elemente und wichtige Einstellungsmöglichkeiten sind überhaupt nicht vorhanden. Nahezu jeden Fehler, den man beim Erstellen von Software machen kann, bietet das Programm "Olifax_Voice" irgendwo an. Jetzt könnten Online-Hilfe und Handbuch das Schlimmste mildern, doch ein konstruktives Inhaltsverzeichnis fehlt. Das Handbuch kommt kaum über Grundlagen hinaus und die Online-Hilfe ist ein Sucherlebnis für sich - ganz abgesehen davon, daß sie nur sporadisch beim Druck der F1-Taste erscheint. Wirklich wichtige Informationen unterschlagen Handbuch wie die Online-Hilfe. So findet sich etwa kein Hinweis darauf, was es mit der sogenannten Pagerfunktion auf sich hat oder wofür die Filterfunktion gut sein soll. Aber die soll ja ohnehin nur bei Olitecs mit Knopf am Modem verfügbar sein und unseres hatte keinen solchen. Auf die offenbar notwendigen Einstellungen für den E-Mail-Verkehr wird zwar verwiesen - kommentarlos versteckt sich der Knopf aber als E-Mail-"Option" in der Konfiguration für den PC-unabhängigen Modus. Sollte das Olitec SMTP-Mails herunterladen können, so fehlen wieder die hierfür notwendigen Einstellungen. Dafür gibt es französische voreingestellte Server - deren Adressen allerdings kaum gültige IP-Nummern sein können. Welche Sorte Mails das Olitec wo entgegennehmen kann, bleibt im Dunkeln.

Ganz wunderbar würde das Modem Faxe unter Windows 95 versenden, wenn es den Wählton erkennen würde. Eine Einstellungsmöglichkeit für einen eigenen Initialisierung-String fanden wir nicht. Unter Windows NT wählt es beim Faxversand nicht automatisch. Kein Problem mit dem Wählton hat das Gerät hingegen beim Anwählen eines Internet-Providers. Möglicherweise müßte man dafür die Steuerdateien mit mehreren Dutzend Modem-Befehlen manuell editieren - die sind aber französisch dokumentiert. Einem deutschen Anwender kann dies nicht zugemutet werden. Fazit: Die Mängelliste ist ellenlang und würde in Stichworten formuliert immer noch die gesamte Seite füllen, dabei trägt die Software immerhin schon die Versionsnummer 5.10. Die gute Seite: Fernbedienung, Anrufbeantworter und Faxempfang funktionieren tadellos.

Immerhin ist der Händlersupport befriedigend. Technik-Hotline für Händler und die Verfügbarkeit von Flyern sind durchaus angemessen für diese Geräteklasse. Die Verkaufsverpackung entspricht rein äußerlich einem guten Standard: sehr bunt und jede Menge Blister. Der Innenteil ist allerdings eher unzweckmäßig: Sämtliches Zubehör liegt ohne Halt in der Kiste und ein rauher Transport könnte zur Folge haben, daß das Netzteil stundenlang auf das Modem einhämmert. Aber das soll demnächst geändert werden wie man uns wissen ließ.

Unser Urteil ist zwiespältig aber dennoch eindeutig. Das Olitec Self Memory 56000 an sich, ist ein ordentliches Stück Hardware und sowohl Preis, als auch Funktionalität könnten stimmen. Software, Dokumentation und nicht zuletzt die sorglose Verpackung begründen hingegen das Prädikat unzumutbar. (gr)

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