Olivetti PC sagt den Privatkunden ade und lockt die Händler mit Configure-to-order

10.10.1997

PARIS: Für ein erfolgreiches Comeback braucht's erstmal einen neuen Namen. So dachte man sich bei Olivetti Personal Computers und taufte sich jetzt um in Olivetti Computers Worldwide International B.V., kurz OCW. Schon im nächsten Jahr wollen die Italiener wieder schwarze Zahlen schreiben, und zwar mit Hilfe der dicken Fische unter den Unternehmenskunden.

Wenn ein Unternehmen innerhalb eines Jahres weltweit 28 Prozent Marktanteil verliert, und im laufenden Jahr nur halb soviel PCs verkaufen wird wie 1996, dann gehört besonders lautes Klappern zum Handwerk: "Wir haben einen neuen Namen für ein neues Unternehmen. Wir werden mehr als jemals zuvor die Großkunden ins Visier nehmen", verkündete OCW-Chef Bernhard Auer jüngst in Paris. Das heißt: Die rund 80 Prozent aller PC-Verkäufe, die zur Zeit nicht an Unternehmenskunden gehen, sind dem Firmenlenker noch viel zu wenig. Um private Anwender will sich OCW also fortan nicht mehr bemühen.

Händler sollen die dicken Fische angeln

Fokus auf einige hundert angestammte Großabnehmer und hochwertigen Service für alle Unternehmenskunden, lautet Auers Schlachtplan. Dabei streben die Italiener weniger die großen Stückzahlen an, als den Aufbau eines loyalen Kundenstamms. Wie so oft, wenn bei einem IT-Anbieter der Karren im Dreck steckt, wird der Händler zum Mann der Stunde erkoren: Distribution und Handel sollen in die Lage versetzt werden, ihre Kunden innerhalb von sieben Tagen mit maßgeschneiderten Rechnern zu beliefern. Momentan installiert OCW unternehmensweit SAP R/3, um seine build-to-order- und configure-to-order-Träume Realität werden zu lassen. Die Lagerhaltung will man dadurch um 40 Prozent verringern.

Ähnliche Vertriebsmodelle sind zur Zeit auch bei anderen PC-Herstellern in Mode, darunter Compaq und Hewlett-Packard. Direkt verkaufen wolle man jedoch auf keinen Fall: "Wir verkaufen 100 Prozent indirekt, und dabei wird es auch immer bleiben", beeilt sich Auer zu versichern.

Olivetti-Schlager: Auf und nieder immer wieder

Nach wie vor haben die Olivetti-Kämpen nicht viel zu lachen: Nach der Übernahme durch die Piedmont International Holding wurde im Juli das Geld knapp, weil Piedmont angeblich nicht rechtzeitig Kapital zur Verfügung stellte. Kaum hatten sich die Wellen etwas gelegt, nahm Olivetti-PC-Chef Alessandro Barberis nach nur vier Monaten im Amt seinen Hut. "Es war die Hölle, aber jetzt sind wir wieder da", kommentiert Auer das Auf und Ab der vergangenen Monate. Als Überlebensstrategie unter Schwergewichten wie Compaq, Dell und HP hat der Manager nur Vages parat: Mit Service und Kundenbeziehung wolle man sich absetzen, so Auer.

Immerhin kann OCW schon wieder einige neue Großkunden vorzeigen, darunter France Télécom, Fiat, Swiss PTT und die Europäische Kommission, die alleine 11.000 PCs geordert hat. Diesen und anderen Profi-Kunden will man in den nächsten Monaten mit neuen Pentium-II-Desktops, High-end-Notebooks und Business-Servern den Mund wässrig machen. OCW-Eigner Piedmont zeigt sich mit den Konzepten einverstanden und übt sich in Zuversicht: "Den schlimmste Teil des Abstiegs hat das Unternehmen hinter sich. Schon Ende des Jahres werden wir den Break even erreicht haben. Wir wußten, wir litten schlimme Schmerzen und wir wollten alle Pillen auf einmal nehmen", resümiert Piedmont-Boss Roberto Schisano. (ld)

OCW-Vormann Bernhard Auer hat den Mut der Verweiflung: Es kann nur noch aufwärts gehen.

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