Online-Informationsaustauschbeschleunigt Produktionsprozesse

24.05.2002
Time to Market heißt das Management-Paradigma dieser Tage. Informationsportale werden ihm gerecht. Sie helfen, den Produktionsprozess besser zu planen und zu verkürzen. Das spart Zeit und Geld. Außerdem bringt es einen schnelleren Cash Flow.

Hunderttausende Transistoren ätzt der Mikrochip-Hersteller X-FAB Semiconductor Foundries auf Silizium- Scheiben, so genannte Wafer. Das auf elektronische Schaltungen für Spezialanwendungen spezialisierte Unternehmen stellt als Auftragsfertiger Halbleiter für Kunden, zum Beispiel aus der Automobilbranche oder der Telekommunikation, her. Entwickelt werden die kleinen Rechenmeister aber von den Auftraggebern.

Zunächst produziert X-FAB nach deren Vorgaben Prototypen in kleinen Stückzahlen, damit der Kunde die Funktionsfähigkeit überprüfen kann. Ist diese nicht gegeben, müssen Redesign-Prozesse durchgeführt werden, bevor die Chips in Kleinserien gefertigt werden. Der gesamte Produktionsablauf erfordert deshalb einen intensiven Informationsaustausch zwischen Entwickler und Produzenten. "Dies gilt besonders für die Updates der technischen Informationen, die für die Entwicklung von Produkten notwendig sind, so genannte Design-Kits, sowie die Auftrags- und Fertigungsdaten", berichtet Volker Schmalfuß, IT-Leiter bei X-FAB.

CIC ermöglicht zentralen Zugriff auf Planungsdaten

Heute erleichtert ein Customer Information Center (CIC) als einheitliches Portal zum Kunden den Informationsaustausch bei X-FAB und verkürzt dadurch den Produktionsprozess signifikant. "Angesichts der extrem kurzen Zyklen in der Elektronikbranche gegenüber den Produktionszeiten für ein durchschnittliches Wafer-Los von rund zwei Monaten erleichtert das unsere Arbeit sehr", berichtet Schmalfuß.

Das CIC ermöglicht Kunden und Mitarbeitern einen zentralen Zugriff auf Planungsdaten rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche und schafft Transparenz über alle Vorgänge. Über ein Portal kann der Kunde seinen Auftragsbestand und die für ihn reservierten Fertigungskapazitäten einsehen. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, selbstständig die benötigten Kapazitäten zu verändern und Termine zu setzen. Der Halbleiterproduzent kann so seine Fertigung besser planen und auslasten - ein wichtiger Kostenfaktor bei der Produktion: "Wir können die Fertigungslinien aus technischen Gründen nicht einfach nach Belieben an- und abschalten", erklärt Schmalfuß.

Der mit Produktionsstätten unter anderem in Erfurt und Lubbock (Texas/USA) vertretene Halbleiterhersteller hatte deshalb und aufgrund seiner weltweiten Geschäftstätigkeit und der dezentralen Datenhaltung im Jahr 2000 beschlossen, die gewünschten Funktionen informationstechnisch mittels einer E-Business-Anwendung auf Basis des Internet beziehungsweise Intranet umzusetzen. Doch bis das System "live" gehen konnte, musste das Unternehmen einige Schwierigkeiten aus dem Weg räumen.

Eigenentwicklung hält Anforderungen nicht stand

Zunächst beauftragte X-FAB die firmeneigene IT-Abteilung damit, ein solches E-Business-System zu entwickeln und einzuführen. Doch schnell wurde Schmalfuß klar, dass die Eigenentwicklung auf HTML-Basis nicht den steigenden Anforderungen gewachsen war und außerdem die Ressourcen seiner Abteilung auffraß. Die aus dem Marketing und der IT-Abteilung bestehende X-FAB-Projektgruppe erkannte, dass es professioneller Hilfe bedarf, um schnell ein verfügbares System einzuführen. Dafür mussten die Verantwortlichen einen Partner finden, der sowohl die spezifischen Geschäftsprozesse des Halbleiterproduzenten versteht als auch ohne Zeitverzug in der Lage ist, sie in eine Softwarelösung umzusetzen.

Die Erfurter Niederlassung des Systemhauses Taskarena beriet X-FAB zu dieser Zeit in Fragen der Internetsicherheit. Aufgrund seiner Erfahrungen in der Softwareentwicklung, kombiniert mit Datenbank- und Schnittstellen-Know-how sowie dem Einsatz von Softwaretechnologien wie Java Application Server, erhielt das Systemhaus aus Unna den Zuschlag für das Projekt. Allerdings stellte X-FAB eine Bedingung: Das Systemhaus muss kurzfristig eine Vorstudie zu dem Projekt erstellen.

Vorstudie beschreibt Projektanforderungen

Taskarena legte diese im September 2000 vor. In ihr definierte das Systemhaus, was ein E-Business-System für X-FAB leisten muss und mit welchen organisatorischen sowie technologischen Mitteln dies umsetzbar ist. Dazu analysierte der IT-Dienstleister Abläufe und Potenziale des Halbleiterherstellers und zeigte ihm mögliche Lösungsszenarien auf. "Die Studie wurde in der Folge unser wichtigster Leitfaden für die E-Business-Lösung", berichtet Schmalfuß.

Auf Basis der Untersuchung teilte Taskarena das Projekt in zwei Phasen. In der ersten Stufe sollte es ermöglicht werden, technische Daten und Design-Kit-Updates zu übermitteln. Taskarena entwickelt dafür ein eigenes Customer Information Center (CIC). Die Applikation basiert auf Windows NT und kommt auf Sun Solaris zum Einsatz. "Unsere intern genutzte Applikation wurde ebenfalls als Browser-Frontend umgesetzt, um den Zugriff aus den weltweit verteilten Standorten zu gewährleisten", hebt Schmalfuß hervor. Die erste Projektphase schloss das Systemhaus termingerecht Ende März 2001 ab. In einem anschließenden Tuning wurden letzte Unhandlichkeiten und Performance-Bremsen ausgeschaltet. "Dies betraf hauptsächlich die Benutzeroberfläche, die an die Gewohnheiten der User angepasst wurde", erläutert Schmalfuß.

Aufgrund der Projektergebnisse in Phase I entschieden sich die Verantwortlichen bei X-FAB, die zweite Phase im Jahr 2002 ebenfalls mit Taskarena zu realisieren. Vor allem der Funktionsumfang des Systems sollte wesentlich erweitert werden. So verbesserte Taskarena die Berichterstellung für den Kunden und die Mitarbeiter von X-FAB. Beispielweise generiert die Lösung automatisch Reports wie Work in Progress, also welche Aufträge sich in welchem Status befinden, Auftragbestätigungen oder an den Kunden abgegangene Lieferungen.

In Phase I war es nur möglich, vorgefertigte Reports anzuzeigen, die in HTML, PDF oder einem anderen Datenformat von dem System über Schnittstellen importiert werden. In Phase II werden die Daten in der E-Business-Datenbank, soweit sie für Berichte erforderlich sind, hinterlegt. Der Kunde kann seine Daten über von ihm vorgegebene Filter selbst ziehen. "Das dynamisiert den Prozess enorm", berichtet Schmalfuß.

Sicherer Datenaustausch hat höchste Priorität

Da der Halbleiterhersteller mit seinem Kunden hochsensible Geschäftsgeheimnisse austauscht, spielt die Sicherheit der Datenübertragung eine große Rolle. "Im Internet werden die Daten nur verschlüsselt übertragen, sodass nur derjenige, der sie abruft, sie auch entkrypten kann", betont Schmalfuß. Die Informationen werden dazu auf HTTPS-Basis (Hypertext Transfer Protocol Secure) verschlüsselt. Das Protokoll ist ein Abkömmling von HTTP, bei dem die Daten von einer Webseite verschlüsselt übertragen werden können.

Dabei wird die Methode Secure Socket Layer (SSL) angewandt, die für eine 128-Bit-Verschlüsselung der Daten sorgt. Die hohe Sicherheit wird dadurch garantiert, dass der Schlüssel zur Dechiffrierung nochmals auf individuellem Weg festgelegt werden muss und lediglich beim Anwender gespeichert ist - im Internet also nicht übertragen wird.

Die Informationen selbst sind in einer Oracle-Datenbank abgelegt. Der Zugriff auf sie mittels Webserver kann nur über eine Firewall des Herstellers Checkpoint erfolgen. "Aufgrund der Online-Übertragung entfällt das aufwändige Brennen und Versenden von verschlüsselten CDs an unsere Kunden", freut sich Schmalfuß. Zusätzlich ermöglicht es das CIC, dem Kunden seine Entwicklungsaufträge statt wie bisher per PDFDownload und Rückfax künftig direkt online zu platzieren. Phase II des Projekts läuft zwar noch, aber die bislang erzielten Ergebnisse überzeugen X-FAB schon heute."Durch die Prozessintegration und aufgrund des verbesserten Informationsflusses haben wir eine höhere Kundenbindung erreicht", stellt Petra Werr, Projektleiterin Marketing bei X-FAB, zufrieden fest.

www.taskarena.net

www.xfab.com

ComputerPartner-Meinung:

Der Kater nach dem Absturz der New Economy verursacht in vielen Unternehmen beim Thema E-Business noch immer Würgereize. Aber Business-to-Business-Lösungen einzusetzen bedeutet mehr, als Radiergummis über das Internet zu bestellen. Im Mittelpunkt von E-Business stehen der Kunde und seine Beziehung zu den Unternehmensprozessen. Dabei müssen die Anforderungen aus den Bereichen Sales, Marketing, Prototyping, Engineering, Auftragsabwicklung, Produktion, Qualitätssicherung, Logistik und IT berücksichtigt werden. Um ein standortübergreifendes, einheitliches Informationssystem abbilden zu können, wird deshalb der Gesamtprozess über alle Stufen der Wertschöpfungskette in die E-Business-Lösung integriert. Unternehmen können so ihren Produktionsprozess entscheidend verbessern und verkürzen. Das zahlt sich in barer Münze aus - vorausgesetzt, die Sicherheit der Datenübertragung ist gewährleistet. (hei)

Taskarena AG

Die Taskarena AG entstand Mitte des Jahres 2000 aus dem Zusammenschluss von sieben deutschen IT-Integratoren und Softwarehäusern. Mit rund 400 Mitarbeitern zählt das Unternehmen zu den größten E-Business-Integratoren in Deutschland. Das Unternehmen ist an zwölf nationalen und zwei internationalen Standorten in den USA und der Tschechischen Republik vertreten.

Solution Snapshot

Kunde: X-FAB Semiconductor

Foundries AG

Haarbergstr. 67

D - 99097 Erfurt

Telefon: 049/361/4 27 60 00

www.xfab.com

Systemhaus: Taskarena

Heinrich-Hertz-Straße 1

59423 Unna

Telefon: 02 30/32 00 00

www.taskarena.de

Problemstellung: Integration der Geschäftsprozesse der im Wachstum befindlichen X-FAB-Gruppe, ein gemeinsamer Datenbestand für die gesamte Gruppe sowie eine Verknüpfung mit den lokalen IT-Systemen

Projektumfang: Beratung, Analyse, Pflichtenheft, Design, Implementierung, Wartung und Schulung

Lösung: Hardware: Sun Ultra mit Sun Solaris Version 2.7 Software: Webserver Iplanet Enterprise Server Version 3.5.1, Application Server Jrun Server 3.0 von Allaire, Datenbank Server Oracle 8i, Model View Controler Struts, individuell entwickelte Komponenten unter Java JDK 1.2

Systemarchitektur: Drei Schichten. Präsentationsschicht auf der Client-Seite, Präsentations- und Business-Logik auf Serverseite und Datenbankschicht zur Datenbankhaltung.

Eigenentwicklungen: Komplette Individualentwicklung (Geschäftsprozessmodellierung) mit Integration operativer Systeme wie Proalpha ERP und Workstream PPS

größte Herausforderung: Erstellung des Fachkonzepts

Implementierungsdauer: Phase I: November 2000 bis Mai 2001, Tuningphase bis September 2001, Phase II läuft seit März 2002 bis voraussichtlich September 2002, Phase III noch nicht terminiert.

aufgewendete Mannstunden: Stufe 1 zirka 145 Manntage

Verhältnis Hardware/Software/Dienstleistung: Lizenzen: 5,5 Prozent, Implementierung: 74 Prozent, Consulting: 20 Prozent

Service- und Wartungsverträge: Wartungsvertrag mit festvereinbarten Manntagen und Upgrade-Service für Datenbank- sowie Application-Server.

Benefit für Kunden: Transparente zeitnahe Informationsflüsse für den Endkunden. In der Anwendung kann eine komplexe Kundenstruktur verwaltet und analysiert werden. Produktionsplanungs- und Fertigungsprozesse werden intern über die verschiedenen Abteilungen beschleunigt und im Sinne einer "gläsernen Fabrik dem Kunden dargestellt.

Benefit für VAR: Phase III: Soll den Zugriff von X-FAB und das gemeinsame Arbeiten an einem Design-Entwurf ermöglichen. Großes Projekt mit viel Integrationsarbeit stellt die Leistungsfähigkeit des Systemhauses unter Beweis. Referenzkunde.

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