Kein Schadensersatzanspruch

Online-Kauf – kein Beratungsvertrag

19.03.2013
Tritt ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb bestimmter Wertpapiere an die Bank heran, so darf die Bank im Allgemeinen davon ausgehen, dass eine besondere Beratung weder gewünscht noch erforderlich ist.
Wer übers Internet Geld anlegt, verzichtet bewusst auf fachmännische Beratung.
Wer übers Internet Geld anlegt, verzichtet bewusst auf fachmännische Beratung.


Eine Bankkauffrau, die ein privates Wertpapierdepot bei einer Direktbank unterhält, kann von der Direktbank keinen Schadensersatz für inzwischen wertlose sogenannte Cobold-Anleihen verlangen, weil die Direktbank sie bei der Anlageentscheidung nicht beraten hat und auch keine Beratung schuldete. Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses "Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht" der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 16.11.2012 zu seinem vom 5.11.2012, Az. 5 U 10/12.

Die gelernte Bankkauffrau eröffnete im Jahr 2003 ein Wertpapierdepot bei der beklagten Direktbank mit Sitz in Schleswig-Holstein. In dem Depoteröffnungsantrag heißt es, dass die Bank Wertpapieraufträge ihrer Kunden lediglich ausführt ("execution only") und keine Anlageberatung anbietet. Sofern die Bank dem Kunden Informationen zur Verfügung stelle, solle dies dem Kunden lediglich die selbstständige Anlageentscheidung erleichtern.

Im Jahr 2006 erteilte die Klägerin der beklagten Bank über das Internet den Auftrag zum Erwerb einer sogenannten Cobold 62-Anleihe (im Wege des Online-Brokering) herausgegeben von der DZ Bank AG im Nennwert von 11.000 Euro mit einer Verzinsung von 3,2 % pro Jahr. Nach der Konzeption der Anleihe erhält der Anleger die Verzinsung und am Ende der Laufzeit den Nominalwert der Anleihe zurückerstattet, sofern bei keinem der zugrundeliegenden Unternehmen ein sogenanntes "Kreditereignis" eintritt, beispielsweise die Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens.

Die Cobold 62-Anleihe war an die Wertigkeit von Unternehmensanleihen fünf weiterer Großbanken geknüpft, unter anderem die Lehman Brothers. Wenn eine der Großbanken ihre Anleiheschulden nicht bezahlte, hatte die DZ Bank das Recht, die Cobold-Anleihe gegen die Anleihe des zahlungsunfähigen Unternehmens auszutauschen.

Nach der Insolvenz der Lehmann Brothers im Herbst 2008 erhielt die Klägerin von der DZ Bank AG anstelle der Rückzahlung des eingezahlten Betrags Anleihen der Lehmann Brothers Inc. in einem Wert von nur 831 €. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz von der Direktbank unter anderem mit der Begründung, es sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass die Rückzahlung der Anleihe nicht nur von der Bonität der DZ Bank abhänge, sondern zusätzlich von der Bonität der fünf Großbanken.

Das Schleswig-Holsteinische OLG (Bankensenat) hat die Schadensersatzklage zurückgewiesen, so Kroll.

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