Online-Mediaplanung: Werbung in der vierten Dimension

05.08.1998

BERLIN: Spätestens seit der CeBIT gehört "E-Commerce" zu den Revolutionsbegriffen der IT-Branche. Ein Internet-Auftritt ist derzeit mehr als nur hip: Viele Unternehmen sehen in der Netzpräsenz auch einen Schlüsselfaktor für den zukünftigen Geschäftserfolg. Mit der Einführung eines einheitlichen Sicherheitsstandards dürfte auch der virtuelle Handel beim kritischen deutschen Konsumenten an Attraktivität gewinnen. Höchste Zeit also, die vierte Dimension in der Mediaplanung zu berücksichtigen, meint Valentin Nowotny *.5,8 Millionen Deutsche bewegen sich derzeit im Cyberspace. Auf den ersten Blick nicht viel, so scheint es. Aber die knapp 5 Prozent der Bevölkerung haben es in sich: Jung, erfolgreich, gebildet und wohlhabend - deutsche Surfer kommen dem Konsumentenideal der Markenartikler recht nahe. Rund die Hälfte von ihnen sind selbständig oder als leitende Angestellte tätig. Modernen Vertriebsformen stehen sie durchweg positiv gegenüber.

Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Besucherzahlen: 20- bis 30prozentige Steigerungsraten im Monat sind bei einigen Homepages längst keine Seltenheit mehr. "Global Player" wie IBM oder Microsoft bauen deshalb ihre Internet-Dependancen kontinuierlich aus. So wandert bei IBM in den nächsten Jahren rund ein Drittel des Etats in die Internetwerbung (W&V, 11/98). Die Konzepte der ersten Stunde, die lediglich eine Digitalisierung von Hochglanzbroschüren bieten, könnte man inzwischen fast schon unter Artenschutz stellen. Mit Datenbank-Abfragen, Gewinnspielen oder animierten Inhalten bemühen sich die Unternehmen mittlerweile um mehr Medienadäquanz. Der Handel präsentiert sich in der virtuellen Welt mit wenigen monolithisch anmutenden Auftritten. Während sich die großen Konzerne, allen voran Metro und Karstadt, mit virtuellen Kaufhäusern ein zweites Standbein aufbauen, scheint der Zug am Mittelstand völlig vorbeizurauschen. Selbst der EDV-Fachhandel hält sich trotz offensichtlicher Zielgruppenaffinität eher zurück. Einzig die zahlreichen Mailorder-Häuser nehmen derzeit die Herausforderung an und bringen ihre Waren auch auf digitalem Wege an den Mann. Dabei sind "Schnäppchen" oder eine beeindruckende Unternehmensgröße keineswegs zwingende Voraussetzungen für einen erfolgreichen Internet-Auftritt. Im Gegensatz zu den konventionellen Medien Funk, TV und Fernsehen - bei denen der Mittelstand oft schon aufgrund horrender Preise ausgeschlossen bleibt - werden im Internet die Karten neu gemischt. Nicht unbedingt die Größe des Budgets entscheidet über den Bekanntheitsgrad, sondern in erster Linie Kampagne und Mediastrategie. Mittelständlern eröffnet sich dadurch die Chance, Versandhäusern und Multis Paroli zu bieten und gleichzeitig für die Bekanntheit von Haus und Handelsmarken zu sorgen. Die vergleichsweise moderaten Steigerungen der Kosten für virtuelle Werbeflächen bei gleichzeitig stark wachsenden Reichweiten ebnen hierfür den Weg.

Präsenz im Netz allein genügt nicht

Allein die Präsenz im Netz reicht jedoch auch bei einer pfiffig gestalteten Seite mit hohem Nutzwert nicht aus. Zu voll ist es auf der Datenautobahn, als daß man sich noch auf Kamerad Zufall verlassen könnte. Selbst eine einprägsame Domain wie www.kaffee.de steuert lediglich einen kleinen Teil der Besucherzahlen bei. Ähnlich wie bei einer Telefonnummer bedarf es schon flankierender Werbemaßnahmen, um die Aufmerksamkeit der Surfer zu wecken. Die Vielzahl der Möglichkeiten, die das Internet hierfür bietet, stellt viele Unternehmen jedoch vor große Probleme: Kaum jemand weiß, ob auf Banner oder besser auf Sponsoring zugegriffen werden sollte, oder welches Content-Umfeld zu den besten Respons-Quoten verhilft. Es empfiehlt sich deshalb, auf die Unterstützung einer professionellen Agentur zurückzugreifen.

Agenturen helfen durch den digitalen Dschungel

Allerdings ist es in dem eher undurchsichtigen Werbemarkt nicht einfach, die Spreu vom Weizen zu trennen: So sind viele klassische Werbeagenturen auf die hohen Anforderungen des neuen Marktes noch nicht vorbereitet, und die zahlreichen Multimedia-Agenturen beherrschen zwar die technische Seite geradezu virtuos, verstehen jedoch wenig von Werbestrategien und Mediennutzung. Dabei kann man einen kompetenten Online-Werbepartner durchaus mit einem Fondsmanager aus dem Finanzbereich vergleichen. Er sorgt für den richtigen Mix, eine optimale Plazierung und - was noch wichtiger ist - er bietet Instrumente für eine spätere Erfolgskontrolle an. Erfahrung, eine gute Nase und viel Verständnis für den dynamischen neuen Markt sind die Voraussetzungen für eine gelungene Online-Mediaplanung.

Angesichts der ständigen Veränderungen von Angeboten, Preisen und Leistungsdaten kann man die traditionell mittelfristig ausgelegten Verfahren der Mediaplanung getrost ad Acta legen. So macht es zum Beispiel wenig Sinn, Monate im Voraus einen Bannerplatz in einer bestimmten Suchmaschine zu buchen, wenn die Gefahr besteht, daß verbesserte Suchalgorythmen an anderer Stelle das Online-Verhalten der Nutzer völlig verändern. Es verwundert daher kaum, daß die Werbeplattform Internet weitaus personalintensiver ist als traditionelle Träger. Nach amerikanischen Studien bedürfen Online-Agenturen gar der siebenfachen Mitarbeiterzahl, um umsatzmäßig mit der konventionellen Konkurrenz gleichzuziehen. Die Vorstellung, daß im Internet - dem Platz der kostenfreien Information - auch die Werbung kostenlos oder zumindest zu einem Ramschpreis zu haben ist, erweist sich deshalb als Trugschluß.

Dennoch kann der Einstieg in Online Advertising schon ab einem monatlichen Budget von etwa 3.000 bis 5.000 Mark realisiert werden. Einfache Keyword-Schaltungen auf den einschlägigen Suchmaschinen führen den versierten Surfer dann direkt zur Homepage des Unternehmens. Etwas breiter angelegte Kampagnen mit animierten Bannern auf Special-Interest-Seiten oder redaktionell bearbeiteten Verweisen etwa auf den Web-Seiten der Fachmagazine schlagen etwa mit monatlichen Kosten von 5.000 bis 10.000 Mark zu Buche. Will man hingegen direkt über Online-Dienste beziehungsweise Online-Zeitungen und -Zeitschriften das breite Surfervolk ansprechen, sind nach oben auch im Internet keine Grenzen gesetzt.

Sichere Analyse des Kampagnenverlaufs

Auch wenn landauf landab immer wieder betont wird, daß mit dem Internet derzeit kein Geld zu verdienen ist, hat die digitale Welt vor allem Marketingabteilungen einen entscheidenden Schritt nach vorn gebracht. War es im Bereich der traditionellen Werbeformen stets schwer, bestimmten Aktionen einen zahlenmäßigen Erfolg beizulegen, wartet das Internet mit detaillierten Auswertungen auf: Klickraten bei Bannern und Links (CTR= Click Through Rate) bietet den Online-Mediaplanern - neben den manchmal wagen Ergebnissen konventioneller Umfragen zur Markenbekanntheit - eine bestechende zusätzliche Möglichkeit zur Beurteilung einzelner Kampagnen. Die Vergabe von Nutzungskennziffern erlaubt darüber hinaus die Gliederung einer Gesamtkampagne in einzelne Teilbereiche. Dadurch wird auch der Erfolg einzelner Elemente eines Werbefeldzuges meßbar. Die höhere Transparenz ist nicht nur Voraussetzung für die Optimierung des Werbeetats, sondern hat über die Kostenrechnung auch Einfluß auf die Unternehmenssteuerung.

Das Internet liefert freilich nicht nur Daten über die Aktionen des Unternehmens. Durch den Einsatz technischer Raffinessen wie den sogenannten "Cookies", welche die Wiedererkennung von Besuchern ermöglichen, lassen sich für das Unternehmen wichtige Informationen über das Online-Verhalten der Klientel gewinnen. Das erleichtert bei Online-Kampagnen außerdem eine optimale Adjustierung der Kontaktdosis. Da sich der Großteil der Nutzungsdaten tagesaktuell abrufen läßt, kann bei negativen Verläufen von Kampagnen noch kurzfristig umdisponiert werden.

Das Internet bietet gerade für kleinere und mittlere Fachhandelsbetriebe gute Möglichkeiten, sich gegenüber der Mailorder-Konkurrenz, großen Handelshäusern und etwaigen Direktvertriebsstrategien der Hersteller zu profilieren. Auch der Etat stellt dabei grundsätzlich keine Einstiegshürde dar. Größte Chancen für eine Erhöhung von Bekanntheit und Kundengewinnung bietet eine medienadäquate Konzeption der Homepage verbunden mit professionell gemanagten Werbemaßnahmen. Durch die Undurchsichtigkeit und Dynamik der digitalen Welt empfiehlt sich allerdings die Zusammenarbeit mit einer passenden Online-Werbeagentur.

*Valentin Nowotny, studierter Medienberater und Psychologe, ist Leiter Online Media der auf die IT-Branche spezialisierten Agentur index, Berlin.

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