Online-Shops

Mitmachen, bevor der Zug abdampft

10.01.1998

35 Prozent der Deutschen wollen partout per Internet oder interaktivem Fernseher einkaufen. Das zumindest schätzt das Hamburger BAT-Freizeitinstitut, muß aber einräumen, daß bislang gerade einmal drei Prozent der rund 3.000 Befragten auch tatsächlich auf den "Kauf bestätigen"-Button geklickt haben. Denn noch traut der Möchtegern-Online-Käufer dem Zahlungsverkehr im Netz nicht so recht über den Weg. Das bestätigt auch eine Studie des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel".

Zudem, so heißt es dort sinngemäß, wird dem Kunden der Kauf insgesamt einfach unnötig schwergemacht. Die Seiten der Online-Shops sind nur zu oft chaotisch im Aufbau, viele Adressen stürzen mit schönster Regelmäßigkeit ab, und wenn überhaupt Suchfunktionen angeboten werden, erweisen sich die Masken häufig als unzureichend.Für technikferne Unternehmen im Netz, wie Reisebüros und Bücher-/Musik-/Videoshops, mag die Aussage, es handele sich dabei noch um Kinderkrankeiten eines jungen Geschäftsmodells, als Entschuldigung herhalten.

Anders beim IT-Unternehmen: Hier geht der Kunde davon aus, daß die Mitarbeiter etwas von neuen Technologien verstehen. Die Web-Page ist dabei so etwas wie die Visitenkarte des Anbieters. Oder sollte es zumindest sein. Doch im Adressenverzeichnis web.de finden sich unter "Computer: Händler, Software, Service" weniger als 3.000eingetragene Händler beziehungsweise Systemhäuser, und Qualität und Anwenderfreundlichkeit der dort aufgeführten Web-Seiten stehen den oben erwähnten in puncto Chaos in nichts nach. Das gibt zu denken, schließlich wollen 66 Prozent der rund 1.200 vom Spiegel online Befragten Software kaufen und 31 Prozent Hardware.

Dazu wünscht sich der Privatkunde vor allem Online-Preislisten (90 Prozent), Produktproblemhilfe (85 Prozent) und Mailing-Listen mit Supportinformationen (53) sowie einen Bestellstatus-Report (49 Prozent). Leistungen also, die bislang nur die allerwenigsten IT-Händler komplett anbieten. "Mich interessieren die sogenannten 'Consumer' wenig, ich mache Geschäfte mit Firmen", mag sich der eine oder andere Händler denken - doch auch dort wird er um den Online-Auftritt nur schwerlich herumkommen: So ermittelte kürzlich das US-Marktforschungsunternehmen Giga Information Group, daß nicht nur Privatkunden, sondern auch immer mehr Unternehmen auf das Internet zugreifen, wenn sie Computerausstattung bestellen wollen.

In den nächsten zwei Jahren, so vermuten die Marktexperten, soll der Anteil der online verkauften PCs gar auf 20 Prozent steigen. Schöne Aussichten, sollte man meinen, aber die Kehrseite der Medaille: Bislang sieht es so aus, als ob die Direktanbieter mit ihrem professionellen Web-Auftritt im Netzvertrieb das Rennen machen. "Wir setzen täglich sechs Millionen Dollar im Internet um", frohlockte kürzlich wieder einmal Dell. Grund genug für den Triumph haben sie - der PC-Hersteller hält rund 50 Prozent am Online-Geschäft im IT-Bereich, und auch Gateway schneidet recht gut ab.

Wen wundert's, daß Comapq neidvoll auf diese Erfolge schielte und jetzt sein in den USA ausgetüfteltes Online-Shop-Konzept für Endkunden auch hierzulande durchdrücken möchte. Noch unentschlossen scheinen andere Hersteller wie HP oder IBM zu sein, ob sie nun ihre hiesigen Handelspartner in den Internet-Vertrieb einbinden oder nicht. Denn die Meinungen darüber, ob ein gemeinschaftlicher Online-Auftritt nun eine Hol- oder Bringschuld ist, gehen auseinander: "Die Partner sollen ordentliche Seiten konzipieren und anmelden, dann sind wir auf Wunsch bereit, einen Link auf unserer Web-Page einzufügen", heißt es auf der einen Seite.

Die andere dagegen fordert: "Wenn die Hersteller wollen, daß ich ihre Produkte an den Kunden bringe, sollen sie doch Vorschläge machen." Ein Kommunikationsproblem also, wie so oft in unserer Branche. Allerdings ist abzusehen, daß in diesem Fall die Hersteller am längeren Hebel sitzen. Wenn der Handel nicht selbst aktiv wird, könnte die Versuchung für die Lieferanten, Endkunden per Internet direkt zu bedienen, übermächtig werden (siehe Compaq). Ute Dorau

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