Optionsmodell erleichtert die Bildung von Eigenkapital

11.02.2000
Die Unternehmenssteuerreform steht vor der Tür. Sie bringt nicht nur die in der vergangenen Woche geschilderten Veränderungen für AGs und GmbHs. Im zweiten Teil schildert Dr. Justus Fischer-Zernin*, was sowohl Einzelkaufleute als auch die Lenker von OHGs oder KGs beachten müssen.

Wird ein Unternehmen nicht als GmbH oder AG, sondern von einem Einzelkaufmann, einer OHG oder KG betrieben, so gilt ebenfalls, dass Sonderabschreibungen und Ansparabschreibungen in diesem Jahr für kleine und mittlere Unternehmen letztmals genutzt werden können. Auch hier verschlechtern sich die Bedingungen für Sonderabschreibungen ab dem Jahr 2001.

Für die Kleineren wird's kompliziert

Wenn es mit der Unternehmenssteuerreform vorangeht wie bisher vorgesehen, wird aber alles andere dann ziemlich kompliziert. In der Pipeline des Gesetzgebungsverfahrens steckt nämlich immer noch das umstrittene "Optionsmodell". Einzelunternehmen, OHGs und KGs sollen wählen können, ob sie wie GmbHs oder AGs (Kapitalgesellschaften) besteuert werden wollen.

Wann lohnt sich die Option? Wenn Einzelunternehmen, OHG oder KG Verluste machen, jedenfalls nicht. Solche Verluste können mit übrigen steuerpflichtigen Einkünften der Gesellschafter verrechnet oder auch über Verlustvorträge für spätere steuermindernde Verrechnungen genutzt werden.

Bei einer Besteuerung wie bei einer GmbH oder AG geht dies nicht. Die Verluste könnten hier nur mit zukünftigen Gewinnen derselben Gesellschaft verrechnet werden, wirken sich also unter Umständen erst viele Jahre später oder (bei andauernden Verlusten) gar nicht aus.

Macht das Unternehmen hingegen Gewinne, muss genauer überlegt werden. Bei Ausübung der Option zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft werden Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, mit einer günstigen Steuerlast von zirka 35 Prozent (25 Prozent Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) belegt. Werden sie dann später an die Gesellschafter ausgeschüttet, so sollen sie dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. Das heißt, sie werden beim Beteiligten nur zur Hälfte seiner persönlichen Einkommensteuer unterworfen. Geht man beispielsweise bei einem Gewinn 100 mit einer steuerlichen Vorbelastung im Unternehmen in Höhe von 35 Prozent aus und schüttet die Gesellschaft die verbleibenden 65 an die Gesellschafter aus, so unterliegen davon 32,5 der Steuer.

Bei einem persönlichem Steuersatz von 48,5 Prozent (Spitzen-steuersatz ab 2001) ergäbe sich ein nochmaliger Steuerbetrag von 15,8 Prozent. Rechnet man den mit den 35 Prozent Unternehmenssteuern zusammen, so ergibt sich eine Gesamtsteuerlast von 50,8 Prozent (ohne Solidaritätszuschlag).

Stehen gelassene Gewinne niedriger besteuert

Übt man die Option nicht aus, so unterliegen die Gewinne von Einzelkaufmann, OHG und KG der Ge- werbesteuer und der persönlichen Einkommensteuer bei den Beteiligten. Dies kann deutlich niedrigere Steuern zur Folge haben. Zum einen bietet das Gewerbesteuergesetz kleineren Unternehmen inte-ressante Vergünstigungen (Freibe-träge und Steuerermäßigungen bei niedrigen Gewinnen), die bei Ausübung der Option entfallen.

Zum anderen wird über ein neues Gewerbesteueranrechnungsver-fahren (zweifacher Gewerbesteuermessbetrag wird auf die Einkommensteuer angerechnet) erreicht, dass in den meisten Fällen die Gewerbesteuer letztlich keine Zusatzbelastung mehr darstellt. In Gemeinden mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen kann es sogar dazu kommen, dass höhere Gewerbesteuerbeträge auf die Einkommensteuer angerechnet werden, als tatsächlich zu zahlen sind. Der derzeit auf 43 Prozent reduzierte Spitzensatz der Einkommensteuer für gewerbliche Einkünfte wird jedoch entfallen; es soll ab 2001 der allgemeine, durch die Reform um 2,5 Prozentpunkte ermäßigte Satz von maximal 48,5 Prozent gelten.

Bei vereinfachten Beispielsrechnungen ergibt sich jedenfalls, dass die Einkommen- und Gewerbesteuerbelastung bei einem persönlichen Steuersatz von 48,5 Prozent und einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 Prozent letztlich zu einer Gesamtsteuerbelastung von wiederum rund 48,5 Prozent führt. Die Unterschiede bei Ausübung der Option sind also marginal, sofern die Gewinne an die Unternehmensbeteiligten ausgezahlt werden.

Ganz anders die Situation, wenn Gewinne längerfristig im Unternehmen verbleiben sollen. Die Belas-tung stehen gelassener Gewinne mit nur 35 statt 48,5 Prozent erleichtert die Bildung von Eigenkapital und das Unternehmenswachstum aus eigener Kraft schon enorm.

Höhere Anforderungen ans Rechnungswesen

Damit ist aber leider längst noch nicht alles gesagt. Die Nutzung der Option hat nämlich noch verschiedene Tücken im Detail. Wesentlich sind hier vor allem deutlich erhöhte Anforderungen an das Rechnungswesen, denn die bereits voll versteuerten und die zunächst stehen gelassenen Gewinnanteile der Gesellschafter müssen minutiös getrennt und gesondert festgehalten werden. Auch die in der mittelständischen Praxis beliebte - weil kos-tenschonende - Aufstellung einer einheitlichen Bilanz für handels- und steuerrechtliche Zwecke ist bei Nutzung des Optionsmodells nicht möglich.

Wegen der bei ertragsstarken Kapitalgesellschaften deutlich höheren steuerlichen Werte bei Schenkung und Erbfolge ergeben sich zu-dem unangenehme Konsequenzen bei der Unternehmungsnachfolge.Während nämlich der Steuerwert von Kapitalgesellschaften bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer maßgeblich von den Gewinnen beeinflusst wird, bleiben diese bei Personengesellschaften völlig außer Acht. Hier kommt es allein auf die Vermögenswerte an, die speziell bei Personengesellschaften mit hohen Gewinnen und kleinerem Betriebskapital oft nur einen Bruchteil des Unternehmenswertes ausmachen. Wo also eine Unternehmensnachfolge im Familienkreise be-vorsteht, kann die vorschnelle Ausübung der Option erhebliche Steuermehrbelastungen auslösen.

Klare Steuervorteile können sich hingegen bei Nutzung der Option ergeben, wenn in naher Zukunft Unternehmensanteile nicht verschenkt oder vererbt, sondern verkauft werden sollen. Hier würde bei Veräußerungsgewinnen das Halbeinkünfteverfahren zum Tragen kommen, die Gewinne werden nur zur Hälfte einkommensteuerpflichtig, bei Personenunternehmen hingegen in voller Höhe.

Unterschiedliche Steuerlasten der Gesellschafter und individuelle Planungen zur Unternehmensnachfolge werden es fast immer schwierig machen, die Interessen aller beteiligten Gesellschafter "unter einen Hut zu bekommen". Ob alle zu-stimmen müssen oder durch einen Mehrheitsbeschluss entschieden werden kann, gehört zu den offenen Rechtsfragen des Optionsmodells. Fest steht nur: Beim Finanzamt muss der Antrag einheitlich gestellt werden.

Mehrfach-Wechsel nur lohnend für die Berater

Was also tun? Faustregel: Die Option sollte nur ausgeübt werden, wenn keine Verluste erwartet werden und wenn - zumindest mittelfristig - erhebliche Gewinne im Unternehmen verbleiben sollen oder wenn Unternehmensanteile in absehbarer Zeit mit Gewinn verkauft werden. Will man es dann wagen, so sollte im Vorfeld eine detaillierte Prüfung aller Vor- und Nachteile für das Unternehmen und seine Beteiligten erfolgen. Es bleibt aber noch etwas Zeit. Der Antrag für das Jahr 2001 kann bis Ende August des kommenden Jahres gestellt werden. Wichtig ist jedoch, bei Investi-tionsplanungen, Unternehmensumwandlungen, Anteilsveräußerungen und dergleichen ein Auge auf das zu werfen, was da kommen könnte.

Theoretisch ist die Option keine Einbahnstraße, denn es ist vorgesehen, dass man wieder "zurückoptieren" kann. Da allerdings auch hierbei komplizierte und nachteilige Steuerfolgen ausgelöst werden können, wird ein mehrfacher Wechsel allenfalls die Ertragslage der be-teiligten Berater verbessern, während für den Unternehmer gilt: "Hin und Her macht das Steuersparen schwer."

*Dr. Justus Fischer-Zernin ist Rechts-anwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in der Sozietät Hammerstein und Partner in Hamburg.

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