Hausmesse Open World

Oracle legt alte Feindbilder ad acta – und schafft sich neue

Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Die Cloud: Lösung für den Lizenzstreit

Ähnlich ist wohl auch die Partnerschaft mit VMware zu bewerten. Sie zielt darauf, den Kunden einen möglichst problemlosen Umzug ihrer Virtual Machines auf die OCI zu ermöglichen. Die organisatorische Arbeit, die sie on premise auf und mit VMware geleistet hätten, bräuchten die Unternehmen dann nicht noch einmal zu leisten.

Ein günstiger Nebeneffekt: Der schwelende Streit um die vor allem von deutschen Nutzern als ungerecht empfundenen VMware-Lizenzen ließe sich im Cloud-Betrieb relativ leicht bereinigen. Gemäß dem Versprechen von Larry Ellison: "Sie zahlen nur, was sie nutzen", müsste in der Cloud die Nutzung der Oracle-Software wohl eindeutig nachvollziehbar sein.

Klar auf die eigene Architektur fokussiert

Wer nun aber denkt, dass Oracle sich mit der Rolle als ein Anbieter unter vielen abfinden würde, hat die Beweggründe für die Öffnung sicher falsch verstanden. So sieht auch Friedman Oracles Cloud-Strategie ganz klar auf die eigene Architektur fokussiert: "Es ist ihre Priorität Nummer eins, die Kunden auf Gen2Cloud zu ziehen. Beispielsweise ist es für die Kunden preislich überhaupt nicht attraktiv, Oracle-Software in einer anderen Cloud-Infrastruktur zu fahren."

Oracle ist ja nicht gerade bekannt dafür, seine Kunden mit Samthandschuhen anzufassen. Diesmal aber sieht es so aus, als wolle der Softwareriese den Cloud-Interessenten auf alle möglichen Arten entgegenkommen. Laut Daheb sollen sie die freie Wahl haben, wo sie welche Teile ihrer IT-Umgebung betreiben lassen: in einer Cloud-Infrastruktur, die sie sich mit anderen Tenants teilen, oder in einer "Dedicated"-Umgebung, wo die Daten keine Berührung mit denen anderer Unternehmen haben.

Zweistufen-Strategie für den Cloud-Einstieg

Diese Umgebung darf gern auch hinter der Unternehmens-Firewall angesiedelt sein. Unter der Bezeichnung "Cloud@Customer" bietet Oracle seit etwa drei Jahren den Betrieb einer Private-Cloud an. Wie Daheb einräumt, adressiert Oracle mit diesem Angebot nicht nur Kunden, die aus rechtlichen Gründen ihre Daten nicht in eine Public Cloud auslagern dürfen, also beispielweise das Gesundheits- oder Finanzwesen, sondern auch diejenigen, die sich einen leichten Einstieg wünschen.

Das findet auch Friedman plausibel: "Es ist sozusagen eine Zweistufen-Strategie: Erst macht man die Kunden on premise mit der Cloud-Architektur vertraut, damit man sie später dann leichter in die Public Cloud ziehen kann." Damit gewinne man mehr Marktanteile.

Für immer umsonst?

Ein anderer Weg, die Kunden von den Vorzügen der Oracle-Cloud zu überzeugen, ist der, ihnen die Nutzung zu Testzwecken kostenfrei zu stellen. Oracle stellte auf der Open World sein Angebot "Oracle Cloud Free Tier" vor.

Cloud-Interessenten - vor allem, aber nicht nur, Ausbildungsstätten - können die Autonomous Database und die Cloud-Infrastruktur in einer Minimalausstattung ohne Gebühr nutzen und damit arbeiten. Mit der Begrenzung auf zwei Datenbanken von jeweils 20 Gigabyte Speicher sowie zwei virtuellen Maschinen dürfte sich die Installation allerdings kaum für den Dauergebrauch eignen.

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