Oracle sucht für Mittelstandsoffensive Schulterschluß mit Partnern

20.03.1998

MÜNCHEN: Lange konnte Datenbank-Krösus Oracle mit permanenten Partnerschwierigkeiten gut leben. Da aber der Datenbankmarkt weniger hergibt und die Umsatzkurve flacher wurde, sucht Oracle nun den Schulterschluß mit Partnern. Diese reagieren verhalten, obwohl die Oracle GmbH schon jetzt den Erfolg des Programms, das die Tür zum Mittelstand weit aufstoßen soll, für sicher hält.Ich bin absolut sicher, daß unser Konzept funktioniert", tönt Georg Rybing, Director General Business bei der Oracle GmbH in München. Der ehemalige Miro-Chef ist gerade dabei, für die CeBIT '98 das neue "Partner Certification Programm" in Kartons zu packen. An diesem hat Rybing monatelang getüftelt. In Hannover wird es Partnern und Partnerkandidaten vorgestellt. Damit, so erhofft sich der Manager, werden die von manchen Partnern als notorisch bezeichneten Schwierigkeiten der Oracle-Partner mit den Münchenern "der Vergangenheit angehören".

Dabei ist dem Manager bewußt, daß ihm der kalte Wind dieser Schwierigkeiten entgegenweht: "Bisher gab es kein konsequent durchdachtes Konzept. Jede Countrydivision hat sich ein eigenes gestrickt", blickt er kritisch zurück. Das faßt ein Oracle-Partner aus deutscher Country-Perspektive schlicht so zusammen: "Das Partnerprogramm hat in letzter Zeit ständig den Namen gewechselt." Seine Forderung lautet: "Was wir brauchen, ist eine klare Stallorder: Was erwartet uns? Wo geht es entlang?"

Die geforderte Klarheit und Zukunftsperspektive soll es nach dem Willen des Datenbankanbieters jetzt geben. Zumindest verspricht beides die Papierform des zweistufigen Programms.

Die erste Stufe des "Partner Certification Programms"

Als "Oracle Solution Partner" kann man bei Oracle einsteigen. Vorausgesetzt, man ist bereit, den Einstiegspreis von 5.000 Mark jährlich für das Partnerprogramm zu bezahlen. Für Partner übrigens, die bereits ein Oracle Alliance Value Service Paket gekauft haben, weist die Rechnung nur 1.500 Mark aus. Und vorausgesetzt zum Zweiten, der Partner ist bereit, seinen Oracle-Kundenstamm und -Umsatz offenzulegen. Außerdem erwartet der Datenbankhersteller von ihm eine genaue Auflistung, welche Produkte wie am Absatz beteiligt sind.

Und da die "Solution"-Bedingungen bei Oracle drei sind, muß der Partner als Lösungsanbieter auf der Basis der Entwicklungsplattform "Oracle Engine" entwickeln und damit mindestens 30 Prozent seines Umsatzes erzielen; respektive als Systemintegrator Oracle-basierte Lösungen bei Kunden einbinden. Hier nennt Rybing wenigstens 20 Prozent Umsatzanteile. Oder er muß als mindestens 200.000 Mark schwerer Wiederverkäufer die Oracle-Produkte einfach nur verkaufen. Dazu Manager Rybing: "Wir wollen durch das neue Programm die Qualität der angebotenen Lösungen sicherstellen."

Die Gegenleistungen von Oracle für das untere Partnertreppchen lauten: Schulungsangebote für dezidierte Vertriebs- und Technikmitarbeiter, die um 30 Prozent unter Normalpreis liegen. Ferner bekommen die Partner drei Monate freien Zugriff auf Schulungen im Internet.

Nach erfolgreicher Zertifizierung sieht das Oracle-Füllhorn dann unter anderem vor: Ein offizielles Logo als "Certified Solution-Partner, fünf Entwicklerlizenzen, eine spezielle Hotline-Nummer und Support vor Ort. Außerdem verspricht Rybing seinen Certified-Partnern, Oracle-Kunden und bereits vorsortierte Leads weiterzugeben. Will der Partner zudem Marketinggelder oder an der frisch aus der Taufe gehobenen Roadshow teilnehmen, die zusammen mit Hewlett-Packard regelmäßig durchgeführt werden soll, erhält er diese auch. Fünf Prozent des vom Oracle-Partner angegebenen Umsatzes sollen es maximal sein. Im übrigen stellt ihm Oracle auch den Lastwagen zur Verfügung, der als Studio ausgebaut durch die Lande rollen wird und in dem Partner-Lösungen vorgestellt werden können.

Die zweite Stufe des "Partner Certification Programms"

Der Zugang zur höher plazierten, jedes Jahr neu zu erwerben-

den Stufe namens "Certified Solution Partner Master 98" erhalten will, muß bereits ein Jahr Mitglied beim "Partner Certification Pro-

gramm" gewesen sein. Und außerdem entsprechende Umsätze mit Oracle-Produkten vorweisen können.

Hat der Partner das getan, wobei Manager Rybing betont, daß er auf dieser Stufe nicht "mit zu vielen Partnern rechnet", kann er zusätzlich zu den bereits genannten Konditionen unter anderem mit folgenden Leistungen rechnen: Bevorzugte Vermittlung von Kundenadressen. Ein Account-Manager bei Oracle, "garantierte Teilnahme an Channel-Veranstaltungen und Messen" (Rybing) sowie eigens geschnürte Marktingpakete und die Aufnahme des Firmenbanners auf Oracles Web-Seite.

Gemischte Partnerreaktionen

Das Programm wird, wie gesagt, auf der CeBIT '98 vorgestellt. Nicht nur, weil das ein idealer Treffpunkt ist, sondern weil das "Feintuning" (Rybing) des Programms einen früheren Termin laut Rybing nicht zuließ. Feintuning könnte auch das Stichwort für das Partnerprogramm in Zukunft sein. Denn die von ComputerPartner in Erfahrung gebrachten bisherigen Partnerreaktionen lassen auf eine sichtlich geteilte Akzeptanz schließen.

Beispiel "Offenlegung des Umsatzes": "Das ist nicht unüblich," kommentiert ein Händler aus Ludwigsburg die Vorgabe. Während ein Lösungsanbieter jetzt schon weiß: "Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendein Partner wirklich alle Umsätze ganz genau angibt." Aber mit diesem Problem hat Oracle offensichtlich gerechnet. Denn wie gesagt: Der Umfang der Marketinggelder errechnet sich über den angegebenen Umsatz des Partners. Beispiel "Kundenadressen" und "Dauer des Programms": Jochen Sonnenschein, Geschäftsführer der Busy GmbH in Köln, begrüßt diesen Programmpunkt ausdrücklich: "Ich habe die fachliche Voraussetzung, aber der Weg zum Kunden fällt sehr schwer." Während eine Reihe von Partnern noch an der Standfestigkeit des indirekten Konzeptes zweifeln: "Von Leadweitergabe war bei Oracle bislang nichts zu spüren", beschwert sich ein Partner. Doch für viele Partner steht fest, daß der Hunger beim Essen kommt. "Ich bin gespannt, ob es diesmal klappt", bereitet sich ein Entwickler für alle Fälle vor. Im Gegensatz zu Rybing ist er bereits in dem Markt vertreten, in den der Datenbankhersteller unbedingt will: Im Mittelstand. (gn/wl)

Oracle-Manager Georg Rybing: "Wir sehen unser Potential für den Mittelstand. Dazu brauchen wir Partner."

Zur Startseite