Oracle und Mittelstand: die unendliche Geschichte

17.04.2003
Ende des vergangenen Jahres startete Oracle eine Mittelstandsoffensive für die ERP-Suite "11i" (siehe auch ComputerPartner 49/02, Seiten 20-21). Nun konkretisieren sich die SMB-Pläne der Company auf ihrem ureigensten Territorium, dem Datenbankgeschäft.

Nach einem Dreivierteljahr hat auch Oracle gemerkt, dass es im Linux-Umfeld ohne kompetente Applikationspartner nicht geht. Die im Juni 2002 ins Leben gerufene Initiative "Oracle Unbreakable Linux" ist seit Anfang April um eine neue Facette reicher. Nun sollen auch ISVs (Independent Software Vendors) als Partner gewonnen werden. Bisher sind lediglich Dell, Hewlett-Packard und Fujitsu Siemens als Hardwarelieferanten sowie Red Hat und die United-Linux-Protagonisten Suse, SCO, Conectiva und Turbo Linux als Betriebssystemanbieter mit von der Partie.

Unabhängige Softwarehäuser, die nun via Oracle Partner Network der "Unbreakable Linux"-Gemeinde beitreten wollen, können auf technische Unterstützung des Datenbankherstellers zählen. Ferner soll es finanzielle Hilfen sowie Marketing unterstützende Maßnahmen geben, falls Oracle-basierende Anwendungen der Partner auf den Markt gebracht werden.

Linux als Einstieg ins Mittelstandsgeschäft

Diese Linux-Initiative ist aber nur ein Baustein in dem mühsamen Prozess, auch mittelständische Kunden für Produkte der Datenbank-Company zu begeistern. "Bisher wird der Mittelstand hierzulande von uns gar nicht bedient", gibt auch Swantje Rosenboom, Oracles Director Channel Sales, offen zu.

Das möchte sie nun ändern und hat hierfür einen detaillierten Fünfjahresplan erarbeitet. Die ersten zwei Jahre sind schon ins Land gegangen, Rosenboom nutzte diese Zeit, um "den Markt zu sichten" und die Branchen zu definieren, in denen Oracle künftig stärker präsent sein möchte. In jedem dieser Segmente plant nun die Managerin, die zehn bedeutendsten IT-Dienstleister herauszufinden und mindestens sechs von ihnen auch für die Datenbank-Company zu gewinnen. Das Gleiche gilt für horizontale Märkte, wie Dokumenten-Management- und Bildverarbeitungs-Systeme.

Hierzu steht Rosenboom eine Truppe von etwa 20 Consultants bei Oracle zur Verfügung. Diese Mitarbeiter sollen sich nicht nur um die etwa 200 im Oracle-Umfeld aktiven ISVs kümmern, sondern auch nach neuen Entwicklern suchen. Das Potenzial beziffert hier die Channel-Beauftragte auf etwa 1.000 Softwarehäuser.

Mit deren Hilfe sollen nun mittelständische Kunden davon überzeugt werden, dass Oracle-Produkte sich auch für sie eignen."Dort geht es um viele kleine Aufträge, und deswegen werden wir die Lizenzierung dementsprechend anpassen", so Rosenboom gegenüber ComputerPartner. So gibt es beispielsweise seit zwei Wochen die Java Edition des Oracle 9i Application Server für ISVs kostenlos. Ansonsten kostet diese Software - je nach Ausstattung und Skalierfähigkeit - 5.000, 10.000 beziehungsweise 20.000 Euro pro CPU.

50 weitere ISVs sollen Oracle-Partner werden

Trotz dieser Maßnahmen soll das Mittelstandsgeschäft keinesfalls nur über Vertriebspartner abgewickelt werden. Rosenboom hält sich immer noch die Option offen, gegebenenfalls auch diese Klientel direkt anzugehen. Der indirekte Anteil soll aber "deutlich" über 50 Prozent liegen.

Von den insgesamt 1.000 potenziellen ISVs möchte Oracle nun etwa 50 unabhängige Softwarehäuser für sich gewinnen. Was das Thema Linux betrifft, offeriert der Hersteller interessierten ISVs einen Zugang zu den eigenen oder bei Tech Data untergebrachten Kompetenzzentren. Dort können Partner ihre selbst entwickelten Anwendungen für die Open-Source-Plattform testen und eventuell gemeinsam mit Oracle-Mitarbeitern optimieren.

Ferner erhalten sie Schulungen, wo sie lernen, wie Oracle-Produkte am besten unter Linux eingesetzt werden. Falls Kunden von Windows oder Unix auf die Pinguin-Betriebssystem wechseln wollen, bekommen die sie betreuenden IT-Dientstleister entsprechende Migrationswerkzeuge von der Datenbank-Company. "Denn in zwei bis drei Jahren kommt ein ISV um das Thema Linux nicht mehr herum", so Rosenboom.

Unabhängige Softwarehäuser zeigen Interesse

Begeistert von Oracles Linux-Engagement zeigt sich Jan Riedel von Prodatis Consulting: "Endlich tut dieser Hersteller etwas für die ISVs." Wenn die versprochene Unterstützung auch tatsächlich so realisiert wird, verspricht sich das Dresdner Softwarehaus mehr Geschäfte in seinem angestammten Bereich: bei den Kommunen und bei mittelständischen Unternehmen. "Die Datenbank läuft unter Linux weitaus performanter als unter Windows", lautet die Begrün-dung für sein Open-Source-Engagement.

www.oracle.com/linux

www.prodatis.de

ComputerPartner-Meinung

Nachdem Oracle 200 der insgesamt 600 internen Consultants entlassen hat und der Personalabbau laut Geschäftsführer Schwirz weitergehen soll, bleibt der Company schlicht und ergreifend nichts anderes übrig, als auf die Unterstützung von externen Dienstleistern zu hoffen. Hierzu muss der Datenbankhersteller aber diese Partner tatsächlich ernst nehmen und auch ein für die mittelständische Klientel attraktives Pricing anbieten. Der für ISVs kostenlose Java-Applikationsserver ist schon mal ein erster Schritt auf diesem schmerzensreichen Weg. (rw)

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