Oraclechef pusht Applikations-Abteilung

04.03.1998

MÜNCHEN: Bei Oracle soll die Applikations-Abteilung ausbleibende Datenbank-Geschäfte wieder wettmachen. Da ihr das nicht nach Plan gelingt, nimmt sich ihrer jetzt CEO Ellison an.Larry Ellison ist unzufrieden mit seiner Applikationsabteilung. Obwohl sie im Geschäftsjahr 1996/97 zirka 20 Prozent der insgesamt 5,6 Milliarden Dollar Umsatz erwirtschaftete und zunächst mit Wachstumssprüngen von 60 bis 70 Prozent glänzte, treibt sie das Lösungsgeschäft in den letzten zwei Quartalen 1997/98 längst nicht so an, wie es sich der CEO wünscht. Das belegen jüngste Zahlen: Während etwa die Konkurrenten SAP und Peoplesoft im Lösungsgeschäft um zirka 80 beziehungsweise 76 Prozent zulegen konnten, vermeldete der Datenbankanbieter lediglich Zuwächse von sieben und 30 Prozent für die ersten beiden Quartale. Zuwenig, um die stagnierenden Bestellungen von relationalen Datenbanken auszugleichen.

Damit es nicht bei diesem für Oracle wenig erfreulichen Zustand bleibt, versucht NC-Propagandist Ellison jetzt, die Applikationsabteilung auf Vordermann zu bringen. Vor allem im "Enterprise Resource Planning"-Bereich (ERP), in dem Unternehmen am meisten Bedarf nach fertigen Lösungen anmelden: Dabei handelt es sich um meist in Client/Server-Umgebungen laufende Software, mittels derer alle Produktionsprozesse gesteuert werden. Weshalb es sich in der Regel um komplexe Software handelt, die Case-Tools, 4GL-Sprachen und Benutzeroberflächen (GUI) umfassen.

So will Ellison den ERP-Bereich mit Mitarbeitern aufgestocken und dafür sorgen, daß die Abteilung über die bereist existierenden rund 25 Softwaretools rasch Lösungen entwickelt. Zum Beispiel die von R/3-Kunden verlangten Lösungen für automatisierte Vertriebsunterstützung und Kundenservice. Daß Oracle damit zum SAP-Konkurrenten wird, stört ihn wenig. "SAP ist für uns sowohl ein Partner als auch ein Konkurrent", dolmetscht entsprechend Heinrich Pletschacher, Marketingleiter Applikationen bei der Oracle Deutschland GmbH in München.

Klar, daß der Manager die Ellison-Initiative begrüßt: "Wir machen erst seit einem Jahr auf uns aufmerksam." Dagegen will er von einem möglichen Konflikt mit Softwarehäusern, die auf der Basis von Oracle-Datenbanken Lösungen vor allem für mittelständische Unternehmen entwickeln, nichts wisssen. "Wir ziehen uns eher zurück und überlassen Partnern die Kunden", erklärt er unter Hinweis auf die zirka 100 Partner, die auf dem diesjährigen CeBIT-Stand von Oracle vertreten waren. Keine Zweifel läßt er allerdings darüber aufkommen, daß Oracle das Geschäft mit Softwarelösungen forcieren wird. "Ganz klar, Oracle positioniert sich auch als Lösungsanbieter." Wann allerdings das neue ERP-Release Version 11 auf den Markt kommt, steht dahin. In US-Analystenkreisen wundert man sich, daß Oracle bisher alle fünf Treffen mit den Analysten hat ausfallen lassen. "Ich werte das als Zeichen dafür, daß Oracle damit ernste Schwierigkeiten hat", merkt Byron Miller von Marktforscher Gigagroup an. (wl)

Da die Applikationsabteilung die erwarteten 50 Prozent Zuwachs nicht schaffte, greift jetzt Oracle-CEO Larry Ellison persönlich ein.

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