Papiere der Distributoren sind wieder gefragt

10.05.2001
Die Kurse der bekannten US-Distributoren schneiden trotz geringeren Umsatzwachstums der Computerbranche ganz gut ab. Das verdanken sie der Strategie Größe durch Expansion. Die wiederum ging zu Lasten der kleineren Distis, die zunehmend in Schwierigkeiten gerieten.

Tech Data erzielte in den USA im Jahr 2000 gegenüber 1999 ein Umsatzplus von 40 Prozent, in Europa waren es 16 Prozent. Deshalb kletterte der Kurs von zehn auf 56 Dollar - gegen den schwachen Börsentrend. Erst die Gewinnwarnungen von Konzernen wie Hewlett-Packard, Compaq, Dell oder Intel im vorigen Herbst ließen die Notierung auf 30 Dollar abrutschen. Ingram Micro schnitt etwas schlechter ab. Voriges Jahr zog der Kurs zwar von zehn auf 21 Dollar an, 1998 stand er jedoch schon mal auf 56 Dollar. Derzeit pendelt er um 16 Dollar.

Ingram Mico und Tech Data sind aus dem jahrelangen Preiskrieg als Sieger hervorgegangen. Sie kommen auf Umsätze von 35 und 27 Milliarden Dollar. Im Juli 1998 schloss Tech Data auch noch den umstrittenen Erwerb der größten europäischen Adresse Computer 2000 in München ab. Tech Data kommt auf schätzungsweise 45.000 Produkte und 70.000 Wiederverkäufer, Ingram Micro beliefert mehr als 140.000 Kunden in über 100 Ländern.

Eine neue Einnahmequelle haben die Distis mit Value-Added-Programmen entdeckt. Für Systemkonfiguration, Orderausführungen und andere Serviceleistungen verlangen sie Extra-Gebühren. Bei Ingram Micro beispielsweise besorgt die Division IM-Logistics mit einer Milliarde Dollar Jahresumsatz das ausgelagerte IT-Fracht- und Liefergeschäft von Hard- und Software-Fabrikanten sowie branchenfremden Unternehmen.

Margensituation seit Jahren unverändert

Ein Problem dürften die seit Jahren dünnen Margen bleiben. Tech Data kalkuliert derzeit mit 0,8 Prozent, Ingram Micro mit nur 0,5 Prozent. Zwischen 1995 und 1998 waren es noch doppelt so viel. Dennoch sollen die Gewinne klettern. Beide konzentrieren sich darauf, Kos-ten zu senken und die Margen zu verbessern. In den wachstumsstarken Regionen Asien und Lateinamerika sind neue Business-Initiativen geplant. Der Konkurrenzkampf geht jedoch weiter. Ingram-Micro-CEO Kent Foster machte dies kürzlich deutlich: Man werde das Preisniveau der Mitbewerber mitgehen, auch auf Kosten der Marge.

Die Aktien-Ratgeber sind indessen optimistisch gestimmt. Ingram Micro und Tech Data sollten in der Lage sein, ihre Profite zu steigern, sobald die Nachfrage demnächst auf ein normales Niveau zurückkehrt, meint die Investmentbank Merrill Lynch. Derzeit werden die beiden Unternehmen nur mit einem niedrigen KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von zehn bewertet. Der einst führende Distributor Merisel mit zuletzt 5,2 Milliarden Dollar Umsatz hat gegenüber den beiden Schwergewichten an Boden verloren.

Für 2001 werden erheblich günstigere Resultate erwartet. Schon seit Wochen ist auf dem niedrigen jetzigen Niveau eine zunehmende Stabilisierung der Kurse zu beobachten. Lintec produziert eine PC-Eigenmarke und fungiert als Distributor und Großhändler für ein breites Sortiment an Computerkomponenten, Peripherie-Produkten und Zubehör. Als interessant gelten die vielen Beteiligungen an Startups im Rahmen der Mitteldeutschen Venture Capital AG - so etwa die 80-prozentige Tochter RFI Mobile Technologies, die schon lange an den Neuen Markt will. Bis dieses börsenfähige Portfolio aus rund einem Dutzend Firmen über Neuemissionen Geld einbringt, muss das Aktienklima aber besser sein. Aktuell werden Lintec-Aktien mit dem Hinweis empfohlen, dass die Gesellschaft ihre Planzahlen wahrscheinlich übertrifft. (kk)

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