Partner sehen in Novells Consulting-Abteilung keine Bedrohung

16.12.1999
MÜNCHEN: Die ewige Frage, wieviel Endkundenkontakt ein Hersteller haben darf, beschäftigt derzeit die Business-Partner von Novell.

"Novell ergreift gerade stark die Initiative und spricht Endkunden direkt an", beschwert sich eine Vertriebsmitarbeiterin eines Hamburger Novell-Business-Expert-Partners. Auch aus den USA ist zu vernehmen, daß die dortigen Wiederverkäufer nicht glücklich sind, weil Novell die eigene Consulting-Abteilung stark ausbaut und die Partner in eine passive Rolle drängt. Ein Indiz dafür könnte sein, daß das Trainings- und Consulting-Geschäft 1999 im Vergleich zum Vorjahr stark gewachsen ist, wie Novell kürzlich bei der Bekanntgabe des Jahresergebnisses verkündete (siehe Grafik).

Zwar wurde die Consulting-Abteilung der deutschen Novell GmbH ebenfalls personell aufgestockt, doch 20 Berater seien nichts im Vergleich zu allen Consultern im Markt. "Wir können nicht mit 20 Leuten den 3.000 bis 4.000 Novell-Beratern im deutschen Markt das Geschäft wegnehmen", macht Horst Nebgen, Geschäftsführer der Novell Deutschland GmbH, klar. Zudem sei der Markt für Dienstleistungen ein so weites Feld, daß "das Geschäft nach mehr Unterstützung schreit". Und das bedeute eben für die Partner, mehr Know-how aufzubauen.

Wolfgang Wündsch, Geschäftsführer der Targosoft in Hamburg, einem großen Novell-Partner, kann die Beschwerden der amerikanischen Kollegen nicht verstehen: "Für uns ist das kein Wiederspruch, sondern ein Miteinander." Auch Oliver Jäger, Berater bei Ahnemann & Kunze Datentechnik, einem RWL-Systempartner in Bremen, "hat kein Problem mit der Consulting-Abteilung". Ganz im Gegenteil: Wenn Key-Account-Kunden Probleme haben, werden die Novell-Berater hinzugezogen. "Die Partner-Betreuung ist bei Novell wieder auf dem Vormarsch", freut er sich.

Wündsch sieht auch, daß Novell auf Endkunden zugeht, weil der Netware-Anbieter auf diese Weise Interesse für die Produkte schafft. "Der Hersteller soll die Nachfrage bei Großkunden wecken und dann dafür sorgen, daß die Partner einbezogen werden", meint er. Schließlich erwarten die Business-Expert-Partner von Novell Neukunden im Gegenzug für die Kosten, die sie in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter stecken. Die Vertriebsmitarbeiterin des Hamburger Business-Expert-Partners sieht die Beziehung zu Novell nicht ganz so unkompliziert: "Wir werden außen vor gelassen. Und unsere Kunden sind irritiert, wenn sie direkt von Novell angesprochen werden."

Die Anfang November erfolgten Preiserhöhungen, die vor allem die große Netware-Lizenznehmer treffen, stoßen auch nicht gerade auf die Sympathie der Kunden. "Unsere Kunden sind verärgert. Zudem ist die neue Preisliste im Internet noch nicht eingepflegt", schimpft die Hamburger Vertriebsfrau. Novell-Chef Nebgen rechtfertigt die Preiserhöhung: "Wenn man den Preis pro Benutzer ausrechnet, hatten wir den kleineren Kunden bisher mehr abgenommen als den großen." Die Schwesterzeitschrift von <B>Computerpartner</B>, "Computerwoche", interpretiert das anders. Sie schreibt, daß Novell ein Signal setzen möchte und die Kunden zum Umstieg auf die neueren NDS-tauglichen Versionen bewegen will.

Berward Anders, Geschäftsführer der Anders & Rodewyk GmbH in Hannover, stellt fest, daß die Kunden sich über die Preislisten ärgern, weil sie nur jeweils einen Monat lang gelten. "Im Behördenumfeld brauchen Kunden zwei bis drei Monate, bis eine Anschaffung durch ist. Doch dann haben sich die Preise schon wieder erhöht." (is)

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