Dell-Deutschlandchef Edmund Bernardi

Partner sollen auf "weniger als ein Dutzend" reduziert werden

06.10.1999
"Die Zusammenarbeit mit Dell war wie eine schöne Affäre", berichtet ein Handelspartner augenzwinkernd.

Die Ankündigung von Dell-Deutschlandchef Edmund Bernardi, den Vertrieb der Computer auch in Deutschland künftig (fast) ohne Partner durchzuziehen, hat für Aufregung unter den letzten 30 Getreuen im Markt gesorgt. Mehr oder minder reumütig kehren die Handelspartner zu ihren alten Lieferanten zurück.Es war fast zu schön, um wahr zu sein.

Als Heinz Seisinger* mit seinem Handelsbetrieb vom IBM-Vertrieb im Sommer letzten Jahres zu Dell wechselte, liefen die Geschäfte plötzlich wie geschmiert. "Mit IBM - zugegebenermaßen nicht unser Hauptgeschäftsbereich - machten wir vielleicht 100.000 Mark Umsatz im Jahr. Kaum waren wir bei Dell, kletterte der Umsatz an die Millionen-Grenze", ist der Geschäftsführer des Networking-Spezialisten noch heute überrascht. Der Trick: Dell habe keine dogmatisch formulierte Händlerphilosophie gehabt, Partnerwünsche hätten noch gezählt in der flexiblen Struktur des Herstellers in Deutschland.

"Jedes Neugeschäft, das wir akquirierten, meldeten wir Dell. Hatte Dell Direkt diesen Kunden noch nicht selbst angesprochen, bekamen wir für den Kunden einen sogenannten Projektschutz, das heißt, einen Spezialpreis sowie die Zusicherung, daß niemand von Dell Direkt diesen Kunden angeht. In kürzester Zeit - innerhalb von vier oder fünf Monaten - hatten wir ungefähr neun bis zehn Mal mehr mit Dell umgesetzt, als mit IBM in einem Jahr." Zudem, so betont Seisinger, hätte der Hersteller beispielsweise auch die Techniker kostenlos geschult, "eine Leistung, die bei anderen Herstellern fast nicht mehr zu bezahlen ist". Kein Wunder, daß Seisinger diesen Zeiten bis heute nachtrauert.

So oder so ähnlich ging es auch vielen der rund 65 Handelspartner, die Dell noch Mitte letzten Jahres in Deutschland hatte. Doch dann, so bestätigen viele von ihnen, ging es mit der guten Zusammenarbeit plötzlich rapide bergab.

Innerhalb kürzester Zeit, so erinnert sich der Geschäftsführer, "sank die Support-Qualität beinahe gen Null". Monatelange Wartezeiten auf eine Festplatte oder Lieferungen von PCs mit amerikanischer Tastatur und englischer NT-Version wurden zur Tagesordnung. "Ich vermute, die Dell-Wettbewerber hier haben dem Hersteller einfach die guten Leute abgeworben", vermutet Seisinger. Noch offensichtlicher zeigte sich der neue Wind , der den Handelspartnern bei Dell plötzlich entgegenwehte, am "Aussterben" ihrer Ansprechpartner. "Das war lustig", erinnert sich ein schwäbischer Partner und klingt dabei überhaupt nicht amüsiert: "Mein VB (Vertriebsbeauftragter, Anmerkung der Redaktion) wurde erst immer unlustiger, dann war er nicht mehr da. Statt dessen hatte ich irgendeinen Praktikanten an der Strippe. Und dann gab es nur noch das Fräulein vom Amt."

Eine Erfahrung, die er mit vielen seiner Kollegen teilen mußte (wie Systemhaus Pallas Soft, siehe ComputerPartner 17/99, Seite 13). "Also zurück zu Siemens", heißt sein trauriges Fazit, nachdem er aus der ComputerPartner den Grund für den rapiden Verfall einer guten Geschäftsbeziehung las: Bernardi hatte zugegeben, den Außendienst "abzuspecken" und dafür den Innendienst verstärkt (siehe ComputerPartner 20/99, Seiten 8 und 18). Mit dem Ziel, den eigenen Direktvertrieb - vor allem über das Internet - massiv zu stärken.

Auf der Strecke bleiben da natürlich die Handelspartner. Waren es Mitte vergangenen Jahres noch 65, zählte man Anfang 1999 nur noch 30. Bernardi schätzt, daß er die Zahl der Partner auf "weniger als ein Dutzend reduzieren" kann - und die sollen sich auf Service und Support beschränken.

Reumütig zurück zu Siemens, HP oder IBM

"Ich betrachte das jetzt wie das Ende einer schönen Affäre - es war toll, solange es gedauert hat. Jetzt kehre ich zurück zu HP und IBM. Nur gut, daß da der Kontakt nie ganz abgerissen ist...", schließt ein Handelspartner augenzwinkernd die Akte Dell.

Auch Peter Pillokat, Geschäftsführer der PSP GmbH in Hahnstätten, zieht den Schlußstrich. Wie sein Kollege hatte auch er Bernardis offizielle Distanzierung vom Fachhandel aus ComputerPartner erfahren. Und auch er hat nach einer guten Anlaufphase gegen Schluß hin nur schlechte Erfahrungen mit Dell gemacht. "Da unsere Kunden höchste Priorität genießen, konnte ich dieses Mißmanagement von Dell nicht weiter auf sie abwälzen. Ich mußte mich neu orientieren - in Richtung IBM." (du)

*Name von der Redaktion geändert.

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