Partnerprogramme unter der Lupe

06.04.1998

Compaq hat eine breite und tiefe Produktpalette und vor allem ein exzellentes Branding zu bieten: Seit vier Jahren verkaufen die Texaner weltweit die meisten Rechner. Und nach eigenen Angaben hat die Compaq Computer GmbH mit 13 Prozent Anteil im deutschen SMB-Markt die Nase vorn. Und das, obwohl die Dornacher zur diesjährigen Cebit erstmals überhaupt eine gezielte Mittelstandsoffensive vorgestellt haben.Ein zentraler Punkt des Programms ist die zunächst als Pilotprojekt in Norddeutschland angelaufene Installierung sogenannter "Compaq Business Points" in Partnerhäusern (siehe ComputerPartner Nr. 9/98, Seite 12). Neben einheitlichem Mobiliar stellt Compaq den zertifizierten Partnern Demogeräte im halbjährlichen Austausch.

Compaq differenziert im Mittelstand nach drei Kundentypen: fokussierend auf Markenqualität, Gesamtlösung oder Preis. Für alle drei Gruppen glauben die Dornacher, das geeignete Produkt anbieten zu können. Priorität soll jedoch der Lösungsansatz genießen. Da hier der Partner gefragt ist, setzt Compaq ausschließlich auf den indirekten Vertrieb. Über die Standardpalette hinaus bietet der Hersteller beispielsweise Endkunden-Workshops vor Ort. Der Partner muß lediglich seine Geschäftsräume zur Verfügung stellen, Vorbereitung, Organisation und Einladung potentieller Kunden übernimmt eine von Compaq beauftragte Agentur. Neu ist darüber hinaus ein Telefonsupport für populäre Business-Applikationen von verschiedenen Office-Paketen bis zu Datenbanken.

"Gelegentlich stellen wir bei manchen Produkten Lieferengpässe fest", merkt der Geschäftsführer eines süddeutschen Systemhauses an. Dies sei jedoch branchentypisch. Und Compaq sei weit zuverlässiger als die übrigen Anbieter, mit denen er zusammenarbeite. Ausdrücklich lobt er die Unterstützung durch Compaq im Projektgeschäft. "Die Berater sind sehr kompetent."

Digital: Value Distribution

Positiv fällt am Partnerprogramm von Digital die Value Distribution auf. Das Gros der Händler wird nicht direkt, sondern über Distributoren bedient. Speziell ausgebildete Partner (Certified Integrator Partner/CIP) erhalten vom Hersteller Server und Workstations in Grundausstattung. Sie assemblieren die Geräte mit Teilen aus dem eigenen Lager nach dem Build-to-order-Prinzip und erwirtschaften so ihren Mehrwert. Digital bietet zur Ergänzung der Partnerkompetenzen ein dreistufiges Servicemodell, die Gold Key-Servicepartnerschaft. Partner vermitteln oder verkaufen gegen Provision oder Rabatt Dienstleistungen, die sie selbst nicht erbringen können.Die ASAP (Association of Software & Application Partners) unterstützt Anbieter, die Anwendungen für Digital-Plattformen entwickeln oder bestehende Anwendungen migrieren wollen. Sie können über gebührenfreie Telefon- und Fax- und Mailboxnummern auf Experten bei Digital sowie spezifische Portierungshilfen zurückgreifen und dürfen die europäischen Entwicklungszentren nutzen.

Für Überschaubarkeit und mithin einfachere Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Wiederverkäufern soll das zum Frühjahr 1998 neu aufgelegte "One European Channel"-Programm sorgen. Qualifizierung und Zertifizierung erfolgen für alle Partner einheitlich nach Produktkategorien, an denen sich auch die Rabattierung orientiert. Anstelle verschiedener Verträge und Ansprechpartner je nach Produktlinie erhalten Partner nach dem neuen Programm künftig nur noch einen Vertrag und einen festen Ansprechpartner. Was trotz bislang geringer Erfahrungen offenbar gut ankommt: "Die unterschiedlichen Rabattcodes und Bezeichnungen waren verwirrend. Aber das scheint bereinigt zu sein", hofft Wolfgang Wellinger, Geschäftsführer des Digital-Partners Data Integral GmbH in Freiburg.

Negativ merkt Wellinger an, daß die Verfügbarkeit von Komponenten auch durch die Belieferung über verschiedene Distributoren gelegentlich nicht gewährleistet ist. "Sechs Wochen Wartezeit sind schon mal drin." Zudem läßt offenbar die Qualifizierung zu wünschen übrig: "Die Ansprechpartner bei den Distis besitzen nicht alle die nötige Kompetenz."

HP: Expressleasing binnen 20 Minuten

Hervorstechend bei Hewlett-Packard ist die Differenzierung nach Bedürfnissen der Kunden und der Partner - sowohl auf Produkt- als auch auf Serviceseite. HP bietet Value-Modelle in vorgegebener Konfiguration und garantiert deren ständige Verfügbarkeit bei den Distributoren. Im Gegensatz zu dieser Volume- steht die Value-Distribution für individuell konfigurierte Rechner im ECTO-Programm. HP liefert Rohmodelle, Broadliner assemblieren die bestellten Geräte: Frank & Walter die für kleinere Firmen und Einzelanwender konzipierte Brio-Reihe, Actebis die Vectra-PCs, mit denen mittlere Unternehmen adressiert werden. Binnen 48 Stunden nach Bestellung sollen die Wunschrechner lieferbar sein. Um der wachsenden Nachfrage mittlerer Unternehmen nach Unix-Maschinen gerecht zu werden, hat HP kürzlich für Unix-Server eine Build-to-order-Zusammenarbeit mit Magirus ins Leben gerufen.

Für Geschäfte im gehobenen Mittelstand hat HP den "Solution Reseller" erkoren. Partner in diesem Programm werden gezielt in Softwarelösungen von SAP, Baan, Peoplesoft oder - im technischen Bereich - Cadence geschult. In Zusammenarbeit mit Indepent Software Vendors (ISV) sowie Systemintegratoren und HP-Hardwarewieder-verkäufern führen die Böblinger gemeinsame Aktionen durch. Das Small-Business-Programm Up100 zielt auf Partner, die mindestens ein Drittel ihres Umsatzes in Unternehmen bis 100 Mitarbeiter erzielen. Besonderes Schmankerl: das Expressleasing. Für Beträge zwischen 1.000 und 20.000 Mark sagt HP eine Finanzierungsüberprüfung binnen 20 Minuten zu.

Zur Verbesserung der Zusammenarbeit schult HP die internen Kontaktpersonen speziell auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Handelshäusern und unterstützt die Partner bei der Suche von qualifiziertem Personal.

IBM: Branchenvertreter als Referenten

Die IBM hat das Geschäft mit ihren rund 22.500 mittelständischen Kunden in Deutschland durch ihr Gebietspartnerkonzept auf die Partner übertragen. 20 der insgesamt 750 Lösungspartner fungieren als selbständige Gebietspartner. Sie sind verantwortlich für ein Projekt und realisieren es gemeinsam mit weiteren Lösungspartnern aus der Region. Bei Bedarf ziehen sie Produktspezialisten aus der Zentrale hinzu. Partnerhäusern wird konkrete Vorbereitung auf die Bedürfnisse des Mittelstands zuteil.

Spezialisten aus Branchen und Berufsverbänden werden als Referenten zu gezielten Schulungen eingeladen. Einerseits bringen sie IBM-Partnern Trends im jeweiligen Metier näher. Andererseits verbreiten sie in ihrem Umfeld Informationen über Big Blue und tragen so zur Imagebildung bei. Die Stuttgarter haben acht Schlüsselbranchen definiert und für jede einen zuständigen Mitarbeiter delegiert.Das Partner-Rewards-Programm sorgt für finanziellen Anreiz: Ein Prozent des mit IBM-Produkten erzielten Umsatzes fließt zurück in Form von Marketingmaßnahmen, die der Partner bestimmen kann. Zudem erhält er für das Erreichen individuell definierter Ziele einen frei verfügbaren Leistungsbonus.

Als großen Vorteil für die Partner wertet Ralf Dieter, Leiter Geschäftspartnermanagement bei der IBM Deutschland Informationssysteme GmbH in Stuttgart, die globalen Partnerverträge. "Die Verträge sind weltweit einheitlich." Expandiert ein Kunde nach Frankreich, kennt der ihn betreuende Partner bereits das IBM-Vertragswerk, das er nur den Landesspezifika anpassen muß.Eine besondere Einrichtung ist die jährliche Business Partner Executive Conference (BPEC), bei der im Januar in San Francisco wieder mehr als 5.000 IBM-Partner aus 75 Ländern Informationen aus erster Hand erhielten (ComputerPartner Nr. 4/98, Seite 16). Dort erfuhren sie, was auch Dieter nochmals betont: "IBM hat und plant keinen Direktvertrieb."

Microsoft: 25.000 Händler unter einem Hut

Der Branchenriese pflegt differenzierte Zertifizierungs- und Informationsprogramme. Der Small-Business-Bereich wird über den Breitenkanal von registrierten Fachhändlern bedient. Sie können sich neuerdings als "MCP on Board" (Microsoft Certified Professional) zertifizieren lassen. Alle 25.000 registrierten Fachhändler sind profiliert und in einer Datenbank erfaßt. Diese Daten sollen die Basis für individuelle Unterstützung und gezieltes Marketing bilden. Ausgewählte Händler werden regelmäßig zu einem "Quality Board" eingeladen. Zweck der Übung ist, Vorstellungen der Partner und natürlich deren Kenntnisse der Kundenwünsche in die künftige Produktentwicklung einfließen zu lassen. Zur Förderung der Kommunikation lädt Microsoft seine Händler regelmäßig zu Informationsveranstaltungen ein - bewußt außerhalb der Metropolen. 70 Treffen in allen Regionen Deutschlands haben die Unterschleißheimer binnen sechs Wochen alleine in diesem Frühjahr abgespult.

Ebenfalls durch die Lande zieht man mit branchenspezifischen Initiativen: Derzeit wird gezielt das Handwerk adressiert. Und Microsoft ist Partner der Initiative "Media Mit", mit der der Deutsche Industrie- und Handelstag sowie die Industrie- und Handelskammern kleine und mittlere Unternehmen an die neuen Informationstechnologien heranführen wollen. Im Medium-Business kommt der "Microsoft Solution Provider" zum Tragen. Die fast 1.000 Lösungsanbieter können unter anderem kostenlosen Online-Support in Anspruch nehmen, für den das Mutterhaus eine maximal 24stündige Reaktionszeit verspricht. Weitere Leistungen sind kostenlose Trainings- und Produktlizenzen inklusive aktueller Updates.Zum Führen des Titels "Microsoft Solution Provider" wird, neben regelmäßigen Weiterbildungen, ein jährlicher Obolus von 2.400 Mark plus Mehrwertsteuer fällig. Wer dringend Hilfe benötigt, wird ebenfalls zur Kasse gebeten: Ein Vertrag für fünf Supportanrufe pro Jahr kostet 1.800 Mark. "Die Nachfrage war allerdings gering", weiß Gabriela Spindler, Sales & Marketing Managerin Fachhandel und Mittelstand bei der Microsoft GmbH in Unterschleißheim.

Oracle: Marketinggelder nach Umsatz

Oracle präsentierte zur diesjährigen Cebit eine neue Mittelstandsinitiative (siehe ComputerPartner Nr. 1/98, Seite 10).

Der Primus im Datenbankmarkt wartet unter anderem mit einem seiner Meinung nach spezifischen Produkt auf: Kern des Fast-Forward-Programms sind die Oracle Applications, eine vorkonfigurierte, modulare Paketlösung für den Mittelstand. Die Software besteht aus den Modulen Finanz- und Rechnungswesen, Logistik und Vertrieb sowie Produktion. Nach Analyse der Bedürfnisse erhält der Kunde ein Komplettpaket: Hardware, Software und Consulting zum Festpreis. Der Vertrieb erfolgt ausschließlich über Partner, die auf Basis des Grundpakets branchenspezifische Anpassungen, Implementierung und Service durchführen.

Seit März haben bereits mehr als 60 Partner die ebenfalls neue Zertifizierung als Oracle Solution Partner erlangt. Sie erhalten ein Jahr lang kostenlos alle für die Entwicklung auf Oracle-Basis relevanten Produkte nebst Updates, sie können kostenlos Trainings und Support sowie eine Pre-Sales-Hotline unter einer gebührenfreien 0130-Nummer in Anspruch nehmen. Ein Highlight ist der Marketing Development Fund: Fünf Prozent des Umsatzes mit Oracle-Produkten fließen in Form von Marketinggeldern zurück zum Partner. Dieser muß dazu jedoch seinen Oracle-Umsatz und -Kundenstamm offenlegen.

Mit diesem Zwang sind die Partner nicht so ganz einverstanden. "Beim Gedanken an den gläsernen Partner bekomme ich Bauchschmerzen", klagt der Geschäftsführer eines hessischen Softwarehauses. Seine Firma werde sicher nicht der einzige Oracle-Partner sein, der dabei nicht mitzieht. Ein weiterer Kritikpunkt am neuen Oracle-Programm ist der "Mitgliedsbeitrag". Im Gegensatz zu den meisten Bewerbern erhalten Oracle-Partner für die Zertifizierung zum Solution Partner jährlich eine Rechnung über 5.000 Mark. Ein Einwand, den Georg Rybing, Director General Business bei der Oracle Deutschland GmbH in München, entkräften will: "Schon bei 100.000 Mark Umsatz hat der Partner durch den Rückfluß an Marketinggeldern die 5.000 Mark wieder amortisiert."

SAP: Fest zugeordneter Manager

Die SAP AG entwickelte für mittelständische Betriebe eine modular aufgebaute, im Funktionsumfang anpaßbare Version. Auf Basis des sogenannten "Pre-customized R/3 entwickeln die Partnerunternehmen ihre jeweilige Branchensoftware, die sie zu einem vom Umfang abhängigen Festpreis vertreiben. Die Pre-customized-Version ist in Deutschland ab einer 15-User-Lizenz erhältlich. Im europäischen Ausland existiert auch bereits eine Zehn-Platz-Version.

Da die komplexe Software sehr beratungsintensiv ist, pflegt SAP einen engen Kontakten zu den Partnern. So steht beispielsweise Systemhäusern, die die stolze Zahl von 30 Neukunden pro Jahr gewinnen, ein dedizierter Ansprechpartner, der Systemhausmanager, zur Verfügung. Er tritt gemeinsam mit dem Partner bei Akquisegesprächen auf und steht als Consultant zur Verfügung. Er verbringt zwei Tage pro Woche vor Ort. Daher muß jedes Partnerunternehmen ein Büro für den ihm zugeordneten Systemhausmanager einrichten.

Mit 28 Systemhäusern arbeitet SAP zusammen. "Das ist keine hohe Zahl", räumt Hans-Jürgen Uhink, Vertriebsleiter Systemhäuser, ein. "Aber wir begrenzen bewußt die Zahl der Partner. Damit können wir einen hohen Qualitätsstandard garantieren." Um diesem Anspruch an die Kompetenz der Partner gerecht zu werden, bieten die Walldorfer sämtliche Schulungen für die mit ihnen verbundenen Systemhäuser kostenlos an.

SNI: Ausbildungskooperation und ISO

SNI baut seit der Umstrukturierung zum reinen Hardwarehersteller verstärkt auf Partner, insbesondere auf Softwarehäuser, um das Lösungsgeschäft zu forcieren. Die Mitarbeiter des traditionell starken eigenen Vertriebs werden als "Business Agents" den Partnern zur Seite gestellt. Der SMB-Markt soll mittelfristig ausschließlich indirekt bedient werden. Bereits mit Erfolg: Nachdem das Partnergeschäft lange bei jährlich 300 Millionen Mark dümpelte (ComputerPartner Nr.13/97, Seite 8-5), lag es im Vorjahr bei 767 Millionen und soll heuer die Milliarden-Grenze überspringen (ComputerPartner Nr. 2/98, Seite 27). Die Zahl von rund 700 autorisierten Partnern soll weiter wachsen.

SNI unterstützt ihre Partner über den im Bereich Zertifizierung und Qualifizierung üblichen Standard hinaus. So laden die Paderborner zu Ausbildungskooperationen ein. Lehrlinge aus Partnerunternehmen können Teile ihrer Ausbildung bei SNI absolvieren. Theoretische Inhalte sollen in einer unternehmenseigenen Berufsschule vermittelt werden. Auch bei einer marketingträchtigen Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 greift SNI ihren Partnern unter die Arme.

Qualitativ herausragend nennt Manfred Brock, Channel Mannager OEC der Siemens Nixdorf Informationssysteme AG, die "Lead Factory": "Die generierten Adressen werden geprüft und erst dann an Partner weitergeleitet, wenn tatsächlich Geschäftspotential vorliegt." Der Partner kann sich mithin auf Ermittlung und Umsetzung der Kundenwünsche konzentrieren.

Mit seinem Portfolio vom kleinen NT- bis zum mächtigen Unix-Server adressiert SNI laut Brock den gesamten Mittelstand, den er ab 50 Mitarbeiter aufwärts definiert. "Darunter sind wir nur selten vertreten." Doch gerade an den unteren Mittelstand wendet SNI sich derzeit mit gezielten Branchenkampagnen. Aktuell haben die Paderborner das Bauhauptgewerbe im Visier. SNI ist Partner bei "Media Mit", einer IT-Initiative des Deutschen Industrie- und Handelstages sowie der Kammern.

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