Zensurvorwürfe

Paypal zwingt Händler Erotik-eBooks auszusortieren

15.03.2012
Mit seiner Policy gegenüber eBooks mit bestimmten erotischen Inhalten schrammt Paypal derzeit haarscharf an einem „Shitstorm“ vorbei. Im Februar hatte Smashbooks, ein Nischenanbieter für eBooks unabhängiger Autoren und Verlage, öffentlich gemacht, dass er und andere Online-Anbieter von Paypal aufgefordert wurden, Titel aus seinem Katalog zu entfernen, die Bezüge zu Sodomie, sexueller Gewalt und Inzest enthielten. Für den Fall, dass sich die betreffenden eBook-Shops der Aufforderung entgegenstellten, drohte Paypal mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen.
Ein heißes Eisen für Paypal? Vladimir Nabokovs Skandalroman „Lolita“
Ein heißes Eisen für Paypal? Vladimir Nabokovs Skandalroman „Lolita“

Mit seiner Policy gegenüber eBooks mit bestimmten erotischen Inhalten schrammt Paypal derzeit haarscharf an einem „Shitstorm“ vorbei. Im Februar hatte Smashbooks, ein Nischenanbieter für eBooks unabhängiger Autoren und Verlage, öffentlich gemacht, dass er und andere Online-Anbieter von Paypal aufgefordert wurden, Titel aus seinem Katalog zu entfernen, die Bezüge zu Sodomie, sexueller Gewalt und Inzest enthielten. Für den Fall, dass sich die betreffenden eBook-Shops der Aufforderung entgegenstellten, drohte Paypal mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen.

Paypal liegt mit seiner Aktivität gegen unwillkommene Erotik-eBooks ganz auf dem US-Trend zur neuen Prüderie, doch gibt es in Amerika dazu immer auch eine Gegenbewegung: So meldete sich schnell die Bürgerrechts-Organisation Electronic Frontier Foundation mit einem offenen Brief zu Wort, in dem die NGO dagegen protestierte, dass Paypal „das Recht auf freie Meinungsäußerung in Geiselhaft nehme, indem es rigoros gegen bestimmte Arten von Erotika vorgehe“.

„Free Speech“ ist in Amerika ein heißes Eisen und somit beeilte sich Paypal, schnell klarzustellen, dass man keine Zensurabsichten verfolge: „Paypal erlaubt durchaus die Benutzung seiner Services zum Verkauf von erotischen Büchern“, erklärte Firmensprecher Anuj Nayar in einem Blogeintrag. Der Bezahldienst sei ein Anhänger des freien Internets, von Meinungsfreiheit, unabhängigen Verlagen und eBook-Plattformen. „Aber wenn es um bestimmte Erwachseneninhalte geht, die extrem oder potenziell illegal sind, ziehen wir eine Linie.“

Wo sich diese Linie genau befindet, hat Paypal nun mit einer Policy-Änderung spezifiziert. „Die Regelung verbietet den Einsatz von Paypal zum Verkauf von eBooks, die Kinderpornographie enthalten sowie eBooks mit Texten und obszönen Darstellungen von Vergewaltigung, Sodomie und Inzest“, erklärt Nayar. Zudem treffe diese Regelung nur auf eBooks zu, die auch Abbildungen enthielten, Bücher mit 100 Prozent Textanteil seien davon nicht betroffen. Paypal werde eBook-Händler nur auffordern, einzelne Bücher zu entfernen und nicht ganze Buch-Kategorien mit einem Bann belegen.

Mit der Klarstellung scheint Paypal einen drohenden Imageschaden im Web aufs erste abgewendet zu haben. Selbst im Internet wird sich kaum jemand finden lassen, der die Verbreitung illegaler sexueller Darstellungen als „freie Meinungsäußerung“ verteidigt. Für Paypal-kritische Händler dürfte der Vorfall allerdings einmal mehr ein Beleg dafür sein, wie extensiv der Bezahldienst seine Eingriffsrechte auslegt. Vor allem wenn es um Kontoeinfrierung z.B. wegen vermuteter Geldwäsche geht, werfen einige Onlinehändler Paypal geschäftsschädigendes Verhalten vor. Aber auch hier versucht Paypal-Sprecher Nayar abzuwiegeln: „Eine Einfrierung der Paypal-Konten der betroffenen eBook-Händler hat es niemals gegeben.“ (mh)

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