PC-Abgabe bremst Hightech-Standort

13.01.2005
Geht es nach dem Münchner Landgericht, werden nach Scannern, Kopierern und Druckern nun auch Urheberrechtsabgaben für PCs fällig. Der Bitkom hat einen jährlichen Mehraufwand von 90 Millionen Euro errechnet und zeichnet ein düsteres Bild von der Zukunft des deutschen Fachhandels. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

Am 23. Dezember 2004 fällte das Münchener Landgericht im Rahmen eines Musterstreits zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und FSC als Stellvertreter der PC-Branche das Urteil, dass pro PC, Notebook oder Server eine pauschale Urheberrechtsabgabe von zwölf Euro fällig sei. Der deutsche PC-Marktführer ist sehr enttäuscht und kündigte an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen.

FSC-Präsident Bernd Bischoff forderte in diesem Zusammenhang ein entschiedenes Engagement der Politik: "Es kann nicht angehen, dass die Urheberrechts-Verwertungsgesellschaften aufgrund veralteter Rechtsnormen ein digitales Produkt nach dem anderen mit Abgaben belegen, ohne dass der Gesetzgeber klare Vorgaben zur Abgabenpflicht in der digitalen Informationsgesellschaft macht. Wir fürchten von dem Urteil eine fatale Signalwirkung auf das derzeit laufende Gesetzgebungsverfahren zur Urheberrechtsnovelle."

Bischoffs Ansicht nach ist eine De-facto-Steuer auf den PC für die deutsche Wirtschaft ein Signal in die falsche Richtung. Die IT-Industrie spiele für die Zukunft des Standorts Deutschland eine herausragende Rolle. Mehrkosten würden Innovationen verhindern und den dringend erforderlichen wirtschaftlichen Aufschwung abbremsen.

Abgabe verzerrt den Wettbewerb - und der Kunde zahlt die Zeche

Dieser Meinung ist auch der Bitkom. Der Verband hat eine Mehrbelastung von rund 90 Millionen Euro errechnet und fordert, dass die Bundesregierung im Rahmen der Reform des Urheberrechts die PC-Abgabe wieder stoppt und einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber geistigen Eigentums und der Geräteindustrie schafft. Dazu Bitkom-Geschäftsführer Rohleder: "Die geplanten Abgaben sind ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen und bremsen die Verbreitung neuer Technologien."

Eine PC-Abgabe belastet seiner Ansicht nach außerdem die Verbraucher, die in Deutschland für einen PC deutlich mehr bezahlen müssen als in anderen Ländern. Das benachteilige besonders Schüler und Studenten. FSC fürchtet zudem eine signifikante Verzerrung des Wettbewerbs zu Ungunsten des Handels. Denn wer seinen PC im Ausland erwirbt, bliebe von dieser Abgabe verschont, für die es nach Ansicht des PC-Herstellers sowie des Verbandes gar keine hinreichende Grundlage gibt.

Der PC diene seiner Zweckbestimmung nach (anders als etwa Scanner und CD-Brenner) nicht in erster Linie als Kopiergerät, daher bestünde auch keine Abgabenpflicht. Für die als Kopiergeräte eingestuften Scanner würden ja schon von den Urheberrechts-Verwertungsgesellschaften mindestens 10,23 Euro, für CD- und DVD-Brenner 7,50 beziehungsweise 9,21 Euro gefordert und von den Herstellern auch gezahlt.

"Wir lehnen es ab, dass beim Kauf eines PC-Systems doppelt und dreifach Abgaben verlangt werden", sagt Rohleder. Da das Urteil rückwirkend gilt, führt es für die PC-Industrie in Deutschland zu Belastungen von rund 300 Millionen Euro für den Zeitraum 2001 bis 2004. Ab 2005 würden jährlich weitere rund 90 Millionen Euro hinzukommen.

Die Branche hofft nun auf die Novellierung des Urheberrechtsgesetzes. In deren Rahmen will die Bundesregierung darüber entscheiden, auf welche Geräte künftig Abgaben zu zahlen sind. "Die Reform bietet die Chance, Sonderabgaben für innovative Technologien zu verhindern", sagt Rohleder.

Bislang scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein: Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht vor, dass künftig auf alle Geräte und Speichermedien, die auch nur teilweise zum Kopieren genutzt werden, Abgaben erhoben werden können. Dazu zählen unter anderem Drucker, PCs und Festplatten. Selbst wenn die einzelnen Pauschalabgaben pro Gerät moderat ausfallen sollten, wird sich die Abgabenlast für Wirtschaft und Verbraucher laut Bitkom-Rechnung insgesamt mindestens verdoppeln. Im Jahr 2003 zahlten die Hersteller schon rund 75 Millionen Euro an pauschalen Urheberrechtsabgaben.

Meinung der Redakteurin

FSC und der gesamte Bitkom sind entsetzt über das Urteil. Einerseits verständlich. Andererseits haben die Abgaben für Drucker, Scanner und DVD-Brenner noch keine spürbare Kaufverweigerung der deutschen Kunden verursacht. Diese werden deshalb selbst bei einer Verteuerung weiterhin innerdeutsch ihren neuen PC kaufen. Die Deutschen sind zwar sehr preissensitiv, verlangen aber auch Service und schnelle Garantieleistungen. Und die gibt es eben (noch) nicht grenzübergreifend oder per Internet.

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