PC-Verkauf an der Tanke - der Handel kann gelassen bleiben

25.11.1999

Nun ist es also soweit. Was lange als theoretische Möglichkeit gehandelt wurde, wird nun ab Nikolaus in die Praxis umgesetzt: Der PC-Verkauf an der Tankstelle (siehe Artikel auf Seite 14).

Damit hat Karola Bode ihr Versprechen (oder je nach Betrachtungsweise ihre Drohung) wahr gemacht. Mit den Worten: "Wenn sich herausstellt, daß sämtliche PC-Kunden Deutschlands die Geräte an der Tankstelle kaufen wollen, dann muß man das als Hersteller ins Auge fassen", gab Compaqs Consumer-Chefin im Sommer gegenüber <B>ComputerPartner</B> einen Ausblick auf das, was uns nun ins Haus steht. Allerdings betonte Frau Bode damals, daß man bei Compaq solche Trends nicht aktiv fördern werde. Wenn man als erster Hersteller in Deutschland PCs an der Zapfsäule anbietet, ist das aber nun nicht gerade als passives Verhalten zu bezeichnen.

Es ist Frau Bode jedoch zugute zu halten, daß Compaq in Deutschland im Consumer-Geschäft einen Weg finden muß, um der neuen Großmacht Fujitsu Siemens etwas entgegenzuhalten. Da Winfried Hoffmann seine Fujitsu-Rechner in den Lebensmittelkanälen bereits gut plaziert hat und an Medion im Geschäft mit Aldi momentan auch nicht vorbeizukommen ist, lag der neue Absatzkanal in Form eines gut ausgebauten Tankstellennetzes nahe.

Was bedeutet nun der Verkauf von PCs (bei BP) und auch Zubehör (bei Aral)? Noch ist nicht ganz klar, welcher Preispunkt mit den Rechnern getroffen werden soll. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß die Geräte preislich über denen der Lebensmittler angesiedelt sein werden. Unwahrscheinlich ist außerdem, daß sich der Mineralölkonzern große Mengen an Rechnern auf Lager legt, geschweige denn in den Tankstellen-Shops eine Beratung durchführen wird.

Das Szenarium, daß sich der Kunde an der Tankstelle zusätzlich zum Sixpack Bier, den Chips und den Aufbackhörnchen für den nächsten Morgen noch einen PC in den Einkaufskorb legt, wird nicht eintreffen. Vielmehr wird sich, ganz nach Vorbild der Food-Stores, auch hier ein Spot-Markt ergeben, das heißt, die Rechner werden noch am Tag des Angebotes ausverkauft sein. Auch wird der PC-Markt dadurch kaum wachsen, eher findet eine Umverteilung zwischen Lebensmittel- und Tankstellen-Handel statt. Schließlich warteten Kunden bei den jüngsten Aldi-Aktionen mehrere Wochen auf den Tag X, also werden sie bei vergleichbaren Angeboten nicht noch ein paar Tage länger auf die Aktion der Benzinverkäufer warten.

Der PC-Fachhandel kann gelassen bleiben. Zu versuchen, bei solchen Angeboten und den von den Medien zusätzlich geschürten Marketingaktionen mitzuhalten, ist illusorisch. Vielmehr gilt hier mehr denn je: Beratung und Support zählen. Außerdem ist es allemal besser, 100 Mark beispielsweise beim Einbau einer Grafikkarte zu verdienen als 20 Mark (wenn überhaupt) an einem Rechner-Komplettpaket.

Ärgerlich wird es nur für Leute, die morgens nicht wegen eines PCs, sondern um den Wagen vollzutanken an die Tankstelle fahren und sich dann einer 20 Meter langen Schlange an der Kasse gegenüber sehen. Also ich werde jedenfalls an solchen Tagen BP zu meiden wissen.

Andreas Klett

aklett@computerpartner.de

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