PDAs: vom Senkrechtstarter zumTiefflieger

15.08.2002

"Der neue Stern am IT-Himmel!" So, oder so ähnlich sahen die weltweiten Schlagzeilen nach dem 9. April 1996 aus. Es war das Datum, an dem die damalige US-Robotics-Tochter, Palm Computing Inc., die ersten paar Hundert "Pilots" auf die Reise in den Handel schickte. Dieser Aktion folgte ein gewaltiger Boom. Innerhalb von nur 18 Monaten verkaufte Palm mehr als eine Million Pilots. Zahlreiche neue Anbieter rochen den Braten und ließen sich von der Welle mit nach oben schwemmen. Die kleinen Taschencomputer verkauften sich so schnell, dass sie selbst die Markteinstiegszahlen des Handys und sogar des Farbfernsehers in den Schatten stellten. Wie dieses wunderbare IT-Märchen in den folgenden Jahren weiterging, ist bekannt. Seit dem vergangenen Jahr geht es massiv abwärts: Der westeuropäische PDA-Markt musste im zweiten Quartal dieses Jahres ein Minus von knapp 18 Prozent verkraften. Vor allem Firmenkunden halten sich mit Neuinvestitionen zurück (siehe auch Thema der Woche ab Seite 34).

Um dem Abwärtssog so bald wie möglich zu entkommen, werden sich die Hersteller in der zweiten Jahreshälfte auf den Consumer-Markt konzentrieren. Da rund 75 Prozent der Handhelds an diese Zielgruppe verkauft werden, sehen sie hier, vor allem im Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft, noch Potenzial. Außerdem ist bis Jahresende ein heftiger Preiskampf zu erwarten. Zumal sich die Gerüchte über den Einstieg neuer Anbieter im deutschen Markt immer mehr verhärten. Wenn man diesen Gerüchten Glauben schenken darf, will zum Beispiel Dell pünktlich zum Weihnachtsgeschäft ein Einstiegsgerät für rund 300 Euro vorstellen. Dem werden die alteingesessenen Hersteller etwas entgegensetzen müssen, um ihre Marktanteile wenigstens halten zu können. Und ein satter Anteil der für die Hersteller so wichtigen Marktanteile geht nun einmal über den Retail-Kanal.

Doch wo reiht sich der IT-Händler in diese Vertriebskette ein? Am besten gar nicht. Der Fachhandel muss langfristig einen anderen Weg gehen. Im Hinblick auf die neuen Gerätegenerationen, die immer mehr auf drahtlose Kommunikation und Konvergenz ausgerichtet sein werden, können sich Wiederverkäufer durch ihr Know-how unentbehrlich machen. Weiterbildung wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Neben Wireless LAN und Bluetoothwerden GPRS und vielleicht UMTS vermehrt Einzug halten. Nur wer ausreichend informiert ist, wird seine Kunden umfassend beraten können. Denn die Zeiten, in denen man einem Firmenkunden den PDA einfach nur über den Ladentisch schiebt und das Geld kassiert, sind vorbei. Zumal Unternehmen, die ihren Mitarbeitern einen PDA als Bonus zur Verfügung stellen, um diesen das Berufsleben zu versüßen oder zu erleichtern, der Vergangenheit angehören. Heute muss der Personal Digital Assistent seinem Namen gerecht werden und der Firma durch seine digitale Unterstützung einen langfristigen Nutzen bringen. Schnell fallen in solchen Fällen neben den Anschaffungskosten bis zu 4.000 Euro Zusatzkosten pro Gerät im Jahr an. Diese Kosten setzen sich aus technischem und Software-Support und der Einbindung in die Unternehmensstruktur zusammen (siehe ComputerPartner 24/02, Seite 26). Händler, die ihre Kunden schon heute qualifiziert in diese Richtung beraten, werden bei den Neuanschaffungen ein Wörtchen mitzureden haben.

Beate Wöhe

bwoehe@computerpartner.de

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