Pflegedienst für Homepages

28.09.2000
Web-Content-Management-Systeme ermöglichen die Pflege von Site-Inhalten. Partner pflegen mit. Es lohnt sich. Die Hersteller der unterschiedlichen Lösungen versprechen nicht nur großartige Marktchancen. Auch die Margen können sich sehen lassen.

Durchgefallen: Das Update der Website ist vier Monate alt. Die angepriesene Ver-knüpfung mit dem Warenkorb ver-bindet erst beim dritten Versuch. Und die Freischaltung für das Chatforum funktioniert auch nach 20-minütiger Versuchsreihe nicht. Wer solch einen Internet-Auftritt sein Eigen nennt, erschreckt po-tentielle Kunden und stößt inte-ressierte Käufer ab.

Abhilfe gegen das Datenchaos auf der Homepage versprechen Web-Content-Management-Systeme, wel-che die Pflege von Online-Ange-boten automatisieren. Noch arbeitet nur ein kleiner Teil der poten-tiellen Kunden mit diesen Applika-tionen. Doch bis Ende 2000 wird sich die Menge der Inhalte im Internet verdoppeln. Dies behaup-tet eine Studie von Forrester Re-search. "Und je mehr Unterneh-mer das Web als Vertriebs- und Kommunikationsmedium einset-zen, desto mehr benötigen ContentManagement-Systeme", versichert Mikko Linnamäki, Vorstand Ver-trieb der Hexmac Software Sys-tems AG. Die Marktforscher geben ihm recht: Ovum beziffert das Marktvolumen bis zum Jahr 2004 auf 5,3 Milliarden Dollar. Meta-group prophezeit gar zehn Milliar-den Dollar. Den Gewinn teilen sich gut 50 deutsche Hersteller von reinen Content-Management-Systemen mit amerikanischer Konkur-renz wie Vignette. Weitere Mitbe-werber kommen aus der Ecke der Dokumenten-Management-Anbie-ter und der Erzeuger von E-Com-merce-Lösungen.

Partner machen das Geschäft

Fast alle Anbieter von Web-Content-Management-Lösungen vertreiben - zumindest zusätzlich - über den indirekten Kanal. Und fast alle suchen Wiederverkäufer, die zum Geschäftserfolg beitragen und daran partizipieren.

"Dieser Markt lohnt sich für Händ- ler, egal ob sie kleine oder große Kunden beliefern", behauptet Antonin Jelinek, Geschäftsführer des Systemhauses und Dienstleistings-unternehmens JPC Computer. Der Maxdata-Fachhandelspartner ver-treibt seit zweieinhalb Monaten auch für die Maxdata-Tochter Pan-site eine gleichnamige Web-Con-tent-Management-Lösung via ASP. Im Rahmen der neuen Geschäfts-tätigkeit kann Jelinek bereits auf mehrere Abschlüsse verweisen. Seine Ansprechpartner waren vor-wiegend Unternehmer, die von bil-ligen Lösungen enttäuscht waren und auf die Profi-Variante um-steigen wollten. So hat der Dienst-leister eine Gärtnerei, eine Schrei-nerei, Rechtsanwälte und Ärzte als Kunden gewonnen. "Und das mit quasi null Vertriebsaufwand", be-teuert er. Höchstens eine Stunde Beratungszeit habe er pro Ab-schluss benötigt. Mit dem Verkauf war für den Fachmann die Arbeit erledigt. Die Implementierung lief über das Rechenzentrum von Max-data. Jetzt hofft Jelinek auf Zusatz-geschäfte: "Schulungen will jeder haben. Spätestens nach drei, vier, Wochen erkundigen sich die An-wender nach Einweisungssemi-naren. Hierfür stehen wir parat."

Marktchancen werden optimistisch gesehen

Oliver Obermeyer, Geschäftsfüh-rung Vertrieb bei Info Plus und ebenfalls Maxdata-Partner, ist erst vor zwei Wochen ins Geschäft mit Pansite eingestiegen. So hat er noch keine Erfahrungen mit Fol-geaufträgen. "Ich lasse mich über-raschen, ob Schulungen, Service- und Support-Verträge angeordert werden", erzählt er. Den ersten Ab-schluss hat Obermeyer allerdings bereits verbucht. "Und der ging vertriebsseitig zügig über die Büh-ne", bestätigt der Spezialist. Von den Marktchancen von Web-Con-tent-Management-Software ist er daher vollkommen überzeugt: "Je-der, der darauf angewiesen ist, ei-ne aktuelle Web-Seite zu haben, und der Änderungen nicht durch Fachleute eingeben lassen kann oder möchte, braucht solch ein Pro-dukt."

Pansite fährt zweigleisig: mit Lizenzen und ASP

Hersteller Pansite deckt mit seiner Lösung "Pansite" eine breit ge-fächerte Zielgruppe ab. Vom Groß-unternehmen bis zum kleinen Be-trieb darf jeder auf die Software zugreifen. Das Produkt basiert auf einer Hybridform: Aus einer Da-tenbank heraus veröffentlicht der Anwender statische HTML-Seiten. Dynamische Zusatzmodule, etwa News- oder Foren-Tools, gestatten die Einbindung von tagesaktuellen Daten. Per Drag & Drop kann der Nutzer nicht nur editieren, son-dern auch zusätzliche Module an sein Design anpassen. Besonders stolz ist Hermann Lüpken, Ge-schäftsführer Produktentwicklung bei Pansite, auf die Fähigkeit des Programms, große Datenmengen aus dem Web zu importieren: "Wir nutzen ein Import-Tool, mit dem wir über Eingabe der URL einen kompletten Web-Auftritt in die Datenbank einfügen können. Un-ser umfangreichster Web-Seiten-Import betrug 40.000 Seiten in drei Tagen." Mit Pansite kann der Anwender zudem per "Wordim-port" Ordnerstrukturen einfließen lassen und per Knopfdruck in HTML umwandeln, wobei die gesamte Struktur erhalten bleibt. "Das erleichtert die Anwendung des Produktes im Sektor ASP", betont der Geschäftsführer.

Auch Monatsmieten sind denkbar

Der Mietmarkt ist einer der beiden Geschäftswege, auf denen Pansite seine Lösung an den Mann bringen will. Der andere ist das Enterprise-Lizenzgeschäft. Solutionpartner des zu 100 Prozent indirekt vertrei-benden Herstellers vermarkten das System an Großkunden. Sie beliefern Abnehmer wie Eon, Ikea, Degussa Hülls, die Städte "Kreis Recklinghausen" und Essen, den Bertelsmann Kalenderverlag oder Kulinary World.

Via ASP und mit Hilfe der Wie-derverkäufer der Muttergesell-schaft geht die Maxdata-Tochter zudem seit Juli 2000 den Mit-telstand an. Der Kunde schließt den Mietvertrag beim Pansite-Fachhandelspartner ab. Gegen ei-ne Monatsmiete von zur Zeit 490 Mark erhält er Zugang zu allen Web-Content-Management-Modu-len sowie zu einem Shop, den er per Drag & Drop und Wysiwyg gestalten kann. Im Gegenzug erhält der Wiederverkäufer pro Abschluss im ersten Vertragsjahr eine Provision von vier Monats-mieten. Im zweiten Jahr zahlt der Hersteller immerhin noch eine Mo-natsmiete pro Kunde. Lüpken ist überzeugt: "Über dieses Konzept kann sich der Vertriebspartner sozusagen eine Rente aufbauen."

Zu Beginn der Zusammenarbeit bereitet Panseite seine Händler mit Kursen zu Produkt und Vertrieb auf das Geschäft vor. Der Andrang ist groß: An der ersten Schu-lungsstaffel haben 250 Dienst-leister teilgenommen, an der zwei-ten Seminarreihe 70. Nach und nach will Pansite nun den gesam-ten Fachhandelskanal von Max-data auf sein Produktportfolio aus-bilden. Auch neue Partner sind gern gesehen. Glaubt doch Lüpken an ein enormes Marktpotential: "Die meisten Mittelstands-Home-pages sind schlecht gepflegt. Von daher rechnen wir mit guten Ge-schäftschancen. Zumal wir zur Systems auch noch mit einer Personalisierung auf den Markt gehen wollen. Dann kann sich der Kunde aussuchen, ob er statische oder personalisierte Web-Seiten fahren möchte."

Hexmac mischt Content- mit Transaktions-Management

Pansite-Mitbewerber Hexmac offe-riert Kunden mit dem "Enterprise Asset Server", dem "Hexbase Pub-lishing System 3.0" und dem "E-ventcaster Server" eine dynami-sche Web-Content- und Transaktions-Lösung. Die Software-Platt-form lässt sich sowohl als Content-Management- wie auch als E-Business-Lösung nutzen. Hexmac bedient damit Industrie- und Bankkonzerne sowie Verlage wie die Direkt Anlage Bank, Daimler Chrysler, Fokus Online, CNN Norwegen, Going Public und NET-BC.

"Der Web-Content-Management-Markt steht noch ziemlich am An-fang. Es gibt nur wenige Unter-nehmen in der Industrie, die derzeit über professionelle Syste-me verfügen", beschreibt Mikko Linnamäki, Vorstand Vertrieb der Hexmac Software Systems AG, die Situation der Branche. "Anderer-seits ist das Zeitalter des Visiten-karten-Web absolut vorbei. Es ge-nügt nicht mehr, nur eine Seite vorzulegen." Von dem, so Linna-mäki, "am meisten wachsenden Bereich der Software-Industrie"will sich der Vorstand ein großes Stück abschneiden. Als Pluspunk-te führt er die kurze Time-to-Market-Periode auf. "Unser Sys-tem ist zeitlich gut positioniert. Ein durchschnittliches Projekt dauert bei uns rund 30 Prozent weniger lang als mit einigen Mitbewerber-produkten." Parallel verspricht der Fachmann Anwenderfreundlich-keit von der Erfasserseite her. Bearbeiter, die das Hexmac-Sys-tem nutzen, benötigen keine HTMLKenntnisse. Da Microsoft Word in den Browser mit eingebunden ist, können sie sofort in Word ein-geben. Und sie können ihre Seiten direkt über das Browserinterface pflegen. Die Software arbeitet in Echtzeit und bietet zudem eine native Anbindung zu Oracle oder IBM. "Wenn man eine Website aufruft, werden die Informationen aus verschiedenen Datenbanken zusammengestellt. Damit sind wir stark bei Seiten, auf denen topaktuelle Meldungen präsentiert werden", schwärmt der Spezialist. Werden Daten erneuert, schicken die integrierten SQL-Datenbanken Triggerzeichen. Die Hexmac-Lö-sung erkennt auf diese Weise, was und wann geändert wurde. So greift sie - nur - auf neue Daten in Echtzeit zu und ruft die gleich gebliebenen Informationen regulär ab.

Hexmac vermarktet seine Pro-dukte sowohl direkt als auch indirekt. Aus eigener Hand belie-fert der Hersteller Keycustomers wie Fokus-Online oder Banken. "Unser wichtigster Vertriebsweg ist aber der indirekte", beteuert der Vorstand. Im Geschäft ist der Software-Anbieter bereits mit der ICP-Interactive Content Produc-tion GmbH und KCM - Kiefer Cross Media sowie der NET Communi-cations GmbH und der Lihs Me-dienhaus GmbH. "Wir haben nicht vor, in Deutschland 20 Niederlas-sungen zu machen", bedeutet Lin-namäki. "Stattdessen sehen wir das Partnermodell als Schlüssel für die Umsatzmultiplikation. Daher su-chen wir qualifizierte Dienstleis-ter, die das Zeug haben, große Web-Lösungen zu vertreiben." Vor allem Web-Schmieden, Internet-Agenturen, die sowohl technolo-gisch kompetent sind als auch Top-Kunden haben, sind für den Anbieter interessant. Von ihnen erhofft er sich, dass sie ihrer Ziel-gruppe neben ihrer Lösung auch das dazugehörige Pflegemittel an-bieten. Daneben setzt das Unter-nehmen auf Systemhäuser, die aus dem Internet-Sektor kommen oder bereits Datenbanktechnologien ver-marktet haben.

Infopark auf dem Weg zur Produkt-Company

Interessenten werden in drei- bis fünftägigen technischen Semina-ren eingewiesen, wobei Linnamäki betont, dass "nicht nur die Tech-niker, sondern auch die Vertriebs-leute geschult werden". Kurse begleiten auch die Updates. Damit will Hexmac seine Wiederver-käufer in die Lage versetzen, auf Wunsch auch den First-Level-Sup-port zu übernehmen. Nur in Sa-chen Marge will sich Linnemäki nicht festlegen: "Wir versuchen immer ein bisschen besser zu sein, als es die durchschnittliche Marge vorgibt."

Hexmac-Mitbewerber Infopark of-feriert mit "NPS 4" ein auf große Websites ausgerichtetes, Platt-form-unabhängiges und frei ska-lierbares Highend-System. Die An-wender kommen aus allen Bereichen. Referenzkunden sind et-wa die Dresdner Bank und die Sie-mens AG oder die Flughafen Mün-chen AG.

NPS 4 verwaltet hauptsächlich statische Websites, kann jedoch über ein Zusatzprogramm auch dynamische Homepages generie-ren und steuern. Die Lösung koor-diniert bis zu einer Million Objekte und bis zu 10.000 Benutzer und geht auf Mehrsprachigkeit sowie Zeitzonen-Management ein. So können Anwender auch bereits vorhandene Web-Inhalte und —Seiten mit verwalten und in den neuen Online-Auftritt einfließen lassen. Ein Portal-Manager, der als Zusatzprogramm erhältlich ist, ermöglicht den Zugriff auf benut-zerspezifische Informationen.

Der Pflegeaufwand wird weiter steigen

Udo Christian Kellner, Director Partner-Center von Infopark, pro-phezeit dem Web-Content-Manage-ment-Markt ebenfalls eine große Zukunft. "Auguren veranschlagen das Marktwachstum auf 60 bis 70 Prozent jährlich", verdeutlicht er. "Das Geschäft mit dem Content-Management wird auf Grund der zunehmenden Informationsdichte im Web steigen, denn die komp-lizierten Homepages erfordern erhöhten Pflege- und Aktualisie-rungsaufwand." Die Verkaufszah-len bestätigen diese These. "Wir haben in den vergangenen Jahren beim Wachstum der Zahl der ver-markteten Lizenzen regelmäßig über 100 Prozent zulegen können", berichtet Kellner. "In Deutschland sind wir von der Zahl der ins-tallierten Lizenzen her Marktfüh-rer."

Den Vertrieb steuert auch Infopark vorwiegend über den indirekten Vertriebskanal. Zur Zeit arbeitet das Unternehmen mit 38 Dienst-leistern zusammen. Die kommen aus dem IT-Systemintegratoren-, Multimedia- und Internet-Agen-turen-Bereich. Firmen wie Sie-mens Business-Services, GE Com-punet, Multi: Kabel New Media, Tro oder Pinuts in Berlin zählen dazu.

Die Margen sind noch üppig

"Die Zahl der Wiederverkäufer soll in den nächsten zwölf Monaten auf das Doppelte gesteigert werden", erklärt der Director Partner-Cen-ter. "Daher suchen wir neue Part-ner und werden die Partner-Center entsprechend personell ausrich-ten." Interessierten Dienstleistern bietet Infopark kostenlose Schu-lungen im Produktbereich sowie Verkaufs- und Marketing-Kurse an. Zudem erhalten die Händler kostenlosen Support. Die Margen umschreibt Kellner mit vierzehn bis 34 Prozent, je nach Qualifi-ierung und Lizenzvolumen. Ein Stufenmodell legt die Erhöhungen fest. Im Gegenzug müssen die Wiederverkäufer 500 Euro Jah-resgebühr zahlen. Dafür bekommen sie je eine kostenlose Demo-Lizenz. Darüber hinaus werden sie auf der Infopark-Websites als Partner genannt - mit Link auf die jeweilige Homepage.

Künftig plant der Hersteller, sein Angebot in Richtung Projekt-Management und Projektrealisie-rung auszubauen und den Dienst-leistungspart auf die Partner zu verlegen. Parallel möchte er sich selbst als Produkt-Company auf-stellen. "Wir sind auf dem Weg von der Beratungsfirma zum produkt-orientierten Unternehmen. Noch haben wir Kunden, die wir selbst bedienen. Doch das soll zu Guns-ten des indirekten Kanals weniger werden."

Tridion pocht auf XML

Auch Tridion bietet ein Web-Con-tent-Management-System an. Im Gegensatz zu Konkurrenzlösun-gen, die nur XML-Funktionalitä-ten haben, ist die Tridion-Lösung vollkommen XML-basierend. "Das garantiert die unbedingte Tren-nung von Inhalt und Layout und ermöglicht jegliche technologische Freiheit", beteuert Frank Schwar-ze, Managing Director der Tridion GmbH. Per Blue Print, einer Me-thode, mit der wie bei der Blau-pause Layout-Vorgaben weitergeleitet werden, ermöglicht die Software das Gestalten eines ein-heitlichen Unternehmensauftritts und das zentrale Management der Daten. Standardschnittstellen schaffen die Verbindung zu E-Trans-action-Systemen wie Shop-Lösun-gen. Um die Implementierungszeit zu verkürzen, setzt Tridion auf eine Out-of-The-Box-Solution mit graphischer Benutzeroberfläche. "Die Implementierung der Basis-Website dauert damit acht bis zwölf Wochen", versichert der Ma-naging Director. Parallel verspricht er kurze Lernzeiten für Editoren: "Ein halber Tag genügt."

Noch arbeitet die im Publishing-Sektor groß gewordene Tridion GmbH sowohl im Direktvertrieb als auch mit Händlern zusammen. Der direkte Vertrieb sei wichtig, um das Geschäft bekannt zu machen, klärt Schwarze auf. Gleichzeitig sorgen Partner wie CMGI oder Cap Gemini und Ru-bus für die Verbreitung der Software-Lösung. Doch damit nicht genug. Auch Tridion ist auf Suche nach weiteren Wieder-verkäufern. Schwarze zählt auf: "Um den Kanal weiter auszu-bauen, benötigen wir noch Sys-temintegratoren und Web-Ar-chitekten wie Pixelpark. Wir suchen Leute, die nur Leads weitergeben. Wir interessieren uns für Partner, die implemen-tieren. Und schließlich fahnden wir nach Dienstleistern, die auch Eigenentwicklungen auf Basis unseres Produkts machen wol-len." (cry)

www.jelinek.de

www.infoplus-edv.de

www.pansite.de

www.hexmac.de

www.infopark.de

www.tridion.de

Zur Startseite