Philips Electronics NV muss Schlappe einstecken

11.05.1998

EINDHOVEN/HAMBURG: Während die Finanzabteilung bei Philips Electronics in Holland derzeit einigen Grund zur Klage hat, muß sich die deutsche Abteilung Consumer Electronics mit ihren Ergebnissen nicht verstecken.Irgendwas macht Philips falsch: Statt die finanziell prekäre Situation seiner asiatischen Mitbewerber (Stichwort Asienkrise) auszunutzen, reiht sich das holländische Unternehmen derzeit ein in die lange Liste der Ebbekandidaten. Die Eindhovener können zwar ein gutes Plus vor ihren Gewinn im dritten Quartal (30. September) 1998 setzen: Er liegt bei rund 230 Millionen Dollar. Aber - das sind knapp 70 Prozent weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Entäuschend: Consumer-Bereich und Lucent

Auch bei den Umsätzen mußte Philips Federn lassen. Statt der 36,9 Milliarden Dollar vom Vorjahr flossen im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres nur noch 31,4 Milliarden Dollar in die Kassen. Auf der Suche nach einem Schuldigen wurden die Niederländer in zwei Abteilungen fündig: Zum einen, so heißt es, habe sich der Abverkauf der Consumer-Produkte als ausgesprochen schleppend erwiesen. Die Konsequenz: Vorstandsmitglied und Consumer-Electronics-Chef Doug Dunn nimmt zum 1. Dezember seinen Hut.

Zum anderen gibt man sich enttäuscht über das seit Oktober 1997 bestehende Joint Venture mit Telekommunikationsanbieter Lucent. Die Konsequenz daraus: Die aus dem Joint Venture hervorgegangene Abteilung Philips Consumer Communications (PCC) wird komplett aufgelöst. 5.000 Mitarbeiter sollen wieder bei Philips eingegliedert werden, 8.400 gehen zurück zu Lucent.

Insgesamt sind Philips zufolge einschneidende Umstrukturierungen zu erwarten. Für Hans-Joachim Kampe, Geschäftsführer der Philips Consumer Electronics in Hamburg, ist derzeit allerdings noch nicht abzusehen, inwieweit sie auch sein Geschäft betreffen. Noch Mitte 1998 kämpfte er beispielsweise mit den eingeleiteten Neuausrichtungen bei Philips, die Integration der neu zu seinem Unternehmensbereich hinzugekommenen Divisionen zog sich und ist eigentlich noch immer nicht unter Dach und Fach.

Kampe allerdings sieht für Deutschland voraussichtlich keine einschneidenden Veränderungen durch die Auseinanderdividierung der beiden Unternehmen. "Die Beendigung des Joint Venture mit Lucent wird primär auf internationaler Ebene zu verschiedenen Umstrukturierungen führen." Er muß allerdings zugeben:

"Über die konkrete Umsetzung in den Ländern werden wir zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden."

Partner so wenig wie möglich belasten

Die Tatsache, daß er nun an einen neuen Chef berichten muß, bringt auch nicht gerade Ruhe in das Hamburger Haus. Ein Vertriebspartner, der sich auf die CD-Rom-Laufwerke und Monitore des Herstellers spezialisiert hat: "Wir haben doch noch nicht mal entfernt eine Ahnung, ob wir in der Abteilung Consumer Electronics bleiben oder einfach wieder verschoben werden. So langsam sollte da mal eine klare Linie rein!"

Wie auch immer die Eindhovener entscheiden werden - Kampe will sich bemühen, seine Kanäle in Ordnung zu halten: "Grundsätzlich ist unser Ziel, die Zusammenarbeit mit unseren Vertriebs- und Handelspartnern für diese so unkompliziert wie nur möglich zu gestalten", versichert er gegenüber ComputerPartner. "In Zeiten zusammenwachsender Märkte sehen wir daher keinen Anlaß, die Marketing- und Vertriebs-organisation weiter aufzusplitten."

In der Tat scheint es für die deutsche Organisation im Moment wenig Grund zu geben, die derzeitige Struktur zu sprengen. Denn Kampe kann stolz vermelden: "Die Entwicklung in Deutschland verläuft für die Branche - und besonders für Philips - nach wie vor positiv. Die jüngsten GfK-Zahlen zeigen - nach Jahren des Umsatzrückgangs - stabile Umsätze in der klassischen Consumer Electronics." Und er bekräftigt nochmals die Aussagen, die er bereits Ende Juni auf einem Fachhandelsforum in Hamburg machte: "Philips wächst dabei schneller als alle Mitbewerber und ist aktuell die Nummer zwei im Gesamtmarkt. In Deutschland haben wir also weiterhin Grund zum Optimismus, und die im Juni angesprochene Trendwende wird durch die Marktzahlen von Ende Oktober gestützt."

Damit steht der deutsche Markt für Philips im Widerspruch zu Teilen des Weltmarktes. Kampe faßt zusammen: "Weltweit trifft Philips, ebenso wie der Wettbewerb, auf ein schwierigeres Umfeld, und wir konnten die Wachstumsraten der vergangenen Jahre nicht fortschreiben." (du)

Hans-Joachim Kampe, Consumer-Electronics-Chef bei Philips in Hamburg, sieht in seinem Geschäftsbereich eine Trendwende zum Guten bestätigt.

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