Philips: Sparkurs macht neue Vertriebsstruktur nötig

05.08.1998

HAMBURG: In den letzten Jahren mußte Philips kräftig sparen. Das Resultat: Der Hersteller schichtete um und setzte neue Akzente in der strategischen Ausrichtung. So wurde weltweit beispielsweise der Unternehmensbereich Consumer Electronics gegründet. In Deutschland ist der Integrationsprozeß aber noch nicht abgeschlossen: Fünf verschiedene Abteilungen mit ebensovielen Vertriebskanälen und zum Teil anderen Standorten müssen unter einen Hut gebracht werden.Am guten Willen fehlt es sicher nicht in der Hamburger Philips-Zentrale des Unternehmensbereiches Consumer Electronics. Seit dort Anfang des Jahres unter diesem Dach diverse Abteilungen zusammengefaßt wurden, ist die Stimmung gut, schließlich gehören einige sehr erfolgreich im Markt vertretene Bereiche dazu. Doch wer sich durch diese ganzen Abteilungen durchfragen will, hat im Moment noch gut zu tun. Es gibt die Geschäftsfelder Video (TV/Video), Digital Video (DVD, Digital Still Picture, Flat-TV etc.), PCC (Consumer Communications, also die Telekommunikationsprodukte), Business Electronic/IP (Monitore, CD-ROM etc.) und Audio (HiFi-Produkte).

Und die einheitliche Koordination all dieser Bereiche funktioniert noch nicht reibungslos. Diese Erfahrung machen zumindest Geschäftspartner, die auf der Suche nach ihrem Ansprechpartner am Telefon verzweifeln. "Der eine Bereich ist noch eine eigenständige GmbH und sitzt ganz woanders, frühere Ansprechpartner sind irgendwo in der Versenkung verschwunden - ich kaufe schon lange bei Philips, aber derzeit ist es ein echtes Geduldsspiel", beschwert sich beispielsweise ein Händler, der mit seinem Produktsortiment hauptsächlich die Unterhaltungselektronik-Klientel beliefert.

Doch Hans-Joachim Kamp, der die Leitung des neugegründeten Unternehmensbereiches übernommen hat, nimmt's gelassen: "Ich kann keinen genauen Zeitpunkt benennen, wann hier endgültig die Integration der einzelnen Bereiche abgeschlossen ist", wehrt er ab. "Aber jeder kann sicher sein: Wir sind extrem stark daran interessiert, daß hier alle Prozesse optimal und kostengünstig gesteuert werden." Kostengünstig ist das Stichwort: Philips hat in den vergangenen drei Jahren stark eingespart (Kamp: "Einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe"), dazu gehören auch klare Änderungen im Vertrieb. "Die Qualität unserer Produkte ist exzellent. Aber beim Marketing, Vertrieb und in der Distribution ist in der Vergangenheit sicher nicht alles ganz richtig gelaufen", gibt Kamp denn auch zu. Deshalb wolle man jetzt beispielsweise diejenigen Händler, deren Umsatz mit Philips unter 50.000 Mark liegt, vorrangig per Telefon betreuen. Dazu baut Kamp in der Hamburger Zentrale derzeit den Bereich Telesales auf. Die Einsparungen wurden nötig, schließlich sinken die Umsätze im Unterhaltungselektronik-Bereich, in dem sich Philips traditionell mit seinen Produkten tummelt. Der Markt ist in vier Jahren um 30 Prozent geschrumpft, ein Ende ist nicht in Sicht. Trotzdem gehören zur Klientel der Philips Consumer Electronics vorrangig Händler aus dem UE-Bereich, auch Retailer werden beliefert. Mit dem IT-Fachhändler scheint es noch Berührungsängste zu geben. Doch da jetzt auch klassische Produktsortimente für IT-Fachhändler zu Kamps Abteilung gehören (wie CD-ROM-Laufwerke, Monitore und demnächst PC-Organizer und Handhelds) und daher klassische IT-Distributoren wie CHS, Computer 2000, Frank & Walter oder SHL zum Kundenstamm zählen, müssen wohl auch noch die Kanäle sortiert werden. Das gehört laut Kamp zu Phase zwei der neuen Unternehmensstrategie, in der Kostensenkung zwar immer noch zur Tagesordnung gehört, der Betreuung der Kunden aber größere Beachtung geschenkt werden soll. Er hegt keinerlei Befürchtungen, daß das Fehlen individueller Betreuung kleinerer Handelspartner ein schlechtes Licht auf seinen Unternehmensbereich werfen könnte: "Vor drei Jahren gab es beispielsweise völlig andere Kommunikationswege", begründet er die Reduzierung des Außendienstes. "Wir überzeugen unsere Partner lieber durch guten Service." (du)

Hans-Joachim Kamp, Leiter des Unternehmensbereiches Consumer Electronics der Philips GmbH in Hamburg, hält die Fäden von fünf verschiedenen Geschäftssegmenten in Händen.

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