UNTERFÖHRING: Der Videokonferenz-Markt ist hart umkämpft. Auch Picturetel bekam dies zuletzt durch gesunkene Umsätze zu spüren. Mit Datenübertragung per IP versucht die amerikanische Firma nun, verlorenen Boden wieder gutzumachen. Außerdem sollen Videokonferenzen mit neuen Produkten benutzerfreundlicher werden.Strategische Neuorientierung bei der Picturetel GmbH: Der Hersteller von Videokonferenzsystemen richtet bereits installierte Gruppen-Systeme der Familien "Concorde" und "Value" für IP-Netze (Internet-Protokoll) ein. Auch alle künftigen Systeme des Unternehmens werden die Standards H.323 für IP und H.320 für ISDN beinhalten. Grund für diesen Schritt: Während der ISDN-Bereich nur noch unterdurchschnittlich wächst, legen IP-basierende Systeme überproportional zu. Uwe Peters, Leiter Marketing und Vertriebsunterstützung für Nordeuropa bei Picturetel in Unterföhring, ist überzeugt, daß in zwei Jahren in Deutschland mehr Lan-basierende Konferenzsysteme installiert sein werden als ISDN-Systeme. Vorteile der IP-Übertragung sieht der Hersteller in der größeren Bandbreite der Netze, zudem fallen keine Verbindungskosten bei netzinternen Konferenzen an.
Außerdem setzt Peters künftig auf komplette Lösungen. So entsteht um die 1.995 Mark teuere und bereits mit TCP/IP-Übertragung funktionierende Version 3.1 des Videokonferenzsystems "Live Lan" eine Familie mit drei neuen Mitgliedern: einem Gateway, das einen mit Live-Lan ausgerüsteten PC auch mit Systemen außerhalb der Lans kommunizieren läßt ("Live Gateway"; 4.495 Mark); einem Programm, das Engpässe in der Netzauslastung vermeidet ("Live Manager"; 1.200 Mark); einer Multipoint-Software, mit der Unternehmen an Meetings in virtuellen Konferenzräumen teilnehmen können ("Net Conference"; pro Port etwa 2.400 Mark).
Auch das Defizit von Videokonferenzen gegenüber "echten" Besprechungen geht Picturetel mit drei neuentwickelten Vorrichtungen an: Skizzen auf dem "Interactive Whiteboard", dem "Interactive Flipchart" und dem "Personal Whiteboard" werden digitalisiert und per Microsoft "Netmeeting" auf Videokonferenz-Gegenstellen übertragen. Die zugeschalteten Teilnehmer können diese Zeichnungen somit an ihren Bildschirmen bearbeiten.
Das Interactive Whiteboard sieht aus wie eine große, weiße Zeichentafel und läßt sich mittels eines elektronischen Stifts sowie durch seitlich angebrachte Tasten bedienen. Durch Einbezug eines PCs ist auch in Applikationen wie zum Beispiel Word oder Excel gemeinsames Arbeiten (Data Collaboration) nach Multimedia-Standard T.120 möglich. Der Stift übernimmt dabei die Funktion der Maus. Erhältlich ist das Interactive Whiteboard für 9.055 Mark, optional mit einem Projektor, der das Videobild auf das Board überträgt, für 23.505 Mark.
Besonderheit des Flipcharts: Die Übertragung der Zeichnungen funktioniert auch, wenn als Unterlage normales Papier benutzt wird. Gleiches gilt für das persönliche Whiteboard, das einem Mousepad ähnelt, aber nur bei Desktop-Videokonferenzsystemen einsetzbar ist. Kostenpunkt: Flipchart 5.635 Mark, Personal Whiteboard 1.155 Mark. Mit diesen Meeting Tools möchte das amerikanische Unternehmen Firmen aus der Automobil- und Maschinenbaubranche, dem Finanzwesen, der Telemedizin sowie der Pharmazie ansprechen.
Breitere Produktpalette
Als neues Desktop-Videokonferenzsystem stellt die US-Firma außerdem das System "Picturetel 550" vor. Es ist für Windows NT 4.0 konzipiert und kostet 2.800 Mark. "Picturetel 210" nennt sich fortan ein spezielles Mini-Gateway für Raum- und Gruppenkonferenzsysteme. Zum Preis von 7.800 Mark ist diese Lösung für den Übergang von Wans in Lans allerdings erst ab Dezember verfügbar.
Mit der Übernahme von Starlight Networks, einem kalifornischen
Anbieter von Streaming-Media-Technologien, ergänzt der Videokonferenzhersteller außerdem sein Portfolio. Durch Einbau der Streaming-Technologie in bestehende Systeme können künftig Konferenzen aufgenommen und via Internet oder Intranet auch anderen Unternehmensbereichen zugänglich gemacht werden, nach Wunsch auch zeitverzögert. (tö)