Pironet AG setzt auf Software und Service im BRM-Markt

30.09.1999

KÖLN: Unternehmen, die sich mit Software und Services rund um das World Wide Web beschäftigen, sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zu diesen Newcomern zählt die Pironet AG. Sie bietet Software und Dienstleistungen mit Schwerpunkt Knowledge-Management und Business-Relationship-Management (BRM) an.Mehrdad Piroozram, Gründer und Vorstand der Pironet AG, hatte schon früh eine Leidenschaft und eine Vision: das Internet. Er war zutiefst überzeugt, daß das World Wide Web das kommende Medium für weltweite Geschäfte ist. Doch sein damaliger Vorgesetzter bei einem großen Handelskonzern wollte den Vorstellungen seines Netzwerkspezialisten nicht folgen und bremste den Entwicklungsdrang des heute 28jährigen Iraners kurzerhand aus. Der wiederum verabschiedete sich daraufhin ebenso kurzerhand vom Angestelltendasein und gründete im November 1995 sein eigenes Unternehmen, die damalige Pironet GmbH.

Trotz der Ablehnung der Banken, die bekanntermaßen hierzulande mit Krediten an junge Softwareentwickler mehr als zurückhaltend sind, begann der Jungunternehmer, seine "Software-Company mit Service", wie er sie heute definiert, aufzubauen. In den Anfangszeiten, erinnert sich Piroozram schmunzelnd, als sein Arbeitstag nicht selten erst spät in der Nacht endete, habe sich der Pizza-Schnelldienst nach der dritten Bestellung innerhalb von 18 Stunden schon mal Gedanken um seine einseitige Ernährung gemacht.

Schnell verlegte Piroozram den Schwerpunkt von der Netzwerktechnik auf webbasierte Kommunikations- und Informationssysteme. Die Entwicklung von "Pirobase" brachte den Durchbruch. Diese Software, eine der ersten, die "pur in Java programmiert sind", wie der Firmengründer hervorhebt, ermöglicht es Unternehmen, umfangreiche Informationssysteme im Intra-, Extra- oder Internet aufzubauen.

Medienbrüche eliminieren

Das Besondere an der Software ist, daß die Inhalte auch ohne HTML-Kenntnisse bearbeitet werden können. Über den implementierten Wysiwyg-Editor können die Inhalte vom Anwender dezentral erfaßt und gepflegt werden. Welche Vorteile sich durch die Pironet-Software ergeben, zeigt das Beispiel des Reiseveranstalters ITS. Bisher funktionierte die Datenübertragung mit "Blank", der Standardsoftware der Touristikbranche, nur einseitig vom Veranstalter aus zu den Agenturen. Informationslisten zur Flug- und Hotel- auslastung wurden über das Sita-Netz, per Post, Fax oder Co-Mail an die Agenturen versandt. Für eilige Anfragen mußte das Telefon herhalten - eine Menge Umwege und Zeitverlust für schnell verderbliche Informationen, wie sie auch in anderen Branchen tagtäglich vorkommen. Diese Medienbrüche im Informationsfluß beziehungsweise der Prozeßkette zu eliminieren war die Aufgabenstellung für die Kölner Internetspezialisten.

Weichen für Expansion sind gestellt

Pironet schaffte mit dem Einsatz des Pirobase-Systems die Schnittstelle für einen gegenseitigen Datenaustausch. Seit Herbst 1998 sind alle überwiegend im Mittelmeerraum ansässigen Agenturen an das sogenannte IST-Net angeschlossen - mit "erheblichen Einsparungen gegenüber dem alten System", wie Piroozram betont.

Längst stehen denn bei den Kölnern auch alle Zeichen auf Wachstum. 1998 konnte Unternehmensgründer Piroozram einen Umsatz von acht Millionen Mark einfahren. Für das laufende Jahr sind 16 Millionen ins Visier genommen, im Jahr 2002 sollen sich die Einnahmen bereits in einem dreistelligen Millionenbereich bewegen. Ein Jahr zuvor will man erstmals schwarze Zahlen schreiben.

Da unternehmerische Erfahrung in solchen Wachstumsphasen nur von Vorteil sein kann, beschloß der junge Iraner, das Amt des Vorstandschefs mit einem gestandenen Profi zu besetzen. Hans-Werner Scherer, zuletzt als Geschäftsführer der Metro MGI Informatik GmbH tätig, konnte der Versuchung nicht widerstehen, kam Anfang Mai 1999 an Bord und steht nunmehr dem Pironet-Vorstand vor, nachdem das Unternehmen vor kurzem in eine Aktiengesellschaft umfirmierte. Gründer Piroozram wiederum trägt im Vorstand die Verantwortung für das Ressort Technik.

Mit der AG-Umwandlung haben die Kölner auch die Weichen für den Börsengang gestellt. Dieser soll noch in diesem Jahr erfolgen, denn Piroozrams ehrgeizige Expansionspläne wollen schließlich finanziert sein. Ohne bereits konkrete Angaben zum Going Public machen zu können, liebäugeln die Pironet-Lenker mit IPO-Erlösen von rund 50 Millionen Mark.

Personalsuche läuft auf Hochtouren

Derzeit finden sich bei den Rheinländern rund 120 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste. Tendenz stark steigend, wenn es denn der drastische Mangel an IT-Fachkräften zuläßt. Um in Sachen Personalknappheit nicht zu stark in Bedrängnis zu kommen, bildet die Pironet AG seit Mai 1999 in Eigenregie IT-Spezialisten in einem sechsmonatigen Trainee-Programm aus. Drei Mitarbeiter sind zur bundesweiten Rekrutierung der zukünftigen Pironet-Kollegen aktiv. "Wir stellen im Vorfeld in umfangreichen Tests fest, ob der Kandidat grundsätzlich für die Anforderungen des Berufes geeignet ist. Hat er das nötige Talent, ist seine Vorbildung nebensächlich", meint Piroozram.

Die Schulungen werden in Zusammenarbeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen, genauer gesagt mit dem MSC Multimedia Support Center GmbH und der Industrie- und Handelskammer, durchgeführt. Bedauernswert findet der Firmengründer, daß die IT-Branche Gefahr läuft, sich "zu einer reinen Männerdomäne" zu entwickeln. Für die Trainee-Programme würden sich kaum Frauen interessieren, ebenso wie für das Ausbildungsplatz-Angebot. Derzeit bildet das Kölner Unternehmen 21 Azubis aus. Bis Ende 2000 sollen noch etwa 14 Schulabgänger dazukommen. (ak)

Pironet-Gründer Piroozram will in zwei Jahren schwarze Zahlen schreiben.

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