Plustek geht fremd

16.04.2004
Noch vor einem Jahr hat Plustek-Manager Jin Zhang mit Blick auf Taiwan-Konkurrenten erklärt, dass sein Unternehmen sich jenseits vom Scanner-Business nicht verzetteln werde. Damit ist es jetzt vorbei. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

"Seit 2001 ist der deutsche Scanner-Markt von 2,5 auf 1,2 Millionen Stück eingebrochen", seufzt Jin Zhang, Key-Account-Manager des taiwanesischen Herstellers Plustek in Norderstedt. Aber: "Wenn die Konjunktur sich erholt, kommen die Leute wieder zurück", so seine Hoffnung. Gute Absatzchancen biete der osteuropäische Markt. "In Polen sind wir schon die Nummer eins", erklärt der Taiwanese in hervorragendem Deutsch. Streitbar gibt er sich, wenn Mitbewerber sich um die VG-WortAbgaben drücken. Die lägen immerhin bei 8,16 Euro das Stück. Und dass die Anbieter von Multifunktionsgeräten ganz darum herumkommen würden, empfindet er ebenfalls als schreiendes Unrecht.

A-Brands legen massiv zu

Auch das massive Wachstum der so genannten A-Brands, also Canon, HP und Epson, ist ihm nicht geheuer. Innerhalb eines Jahres sei ihr Marktanteil von 48 auf 76 Prozent gewachsen. Nummer eins, Canon, habe vor allem im Niedrigpreissegment um 50 Euro mächtig abgeräumt, wohingegen Plustek sich eher im 100-Euro-Feld tummle. Was bliebe daher anderes übrig, als von der reinen Produktschiene Scanner abzurücken.

Von einem Bauchladen voller artfremder Produkte einschließlich DVD-Player und -Recorder, Digital- und Videokameras, wie sie Mustek im Programm hat, ist Plustek noch weit entfernt. "Den Schwerpunkt setzen wir nach wie vor auf Scanner, während Mustek sich offenbar schon umorientiert hat", betont Zhang. Ein neues Geschäftsfeld hat Plustek unter anderem in Tintenpatronen-Klonen unter dem Label "think" aufgemacht. Hinzu kommen Webcams, die sich auch als kleine Überwachungshelfer eignen sollen.

Gute Testnoten hat Plustek für den mobilen Scanner Optic Slim eingeheimst, der auf der diesjährigen Cebit 2003 vorgestellt wurde. Innovation werde weiterhin groß geschrieben bei Plustek, so Zhang. Viel Aufmerksamkeit habe auf der Cebit der mit 250 Euro angesetzte Scanner Optic Book 3600 erregt. Mit einem Rand von nur sechs Zentimetern, einer leicht gewölbten Lampe, SEE-Technologie (Buchschattenentferner) und einer Schärfentiefe von drei Zentimetern (für perspektivische Vorlagen) eignet sich das Gerät auch für das Einscannen von dickeren Wälzern. "Ideal für Schulen und Bibliotheken. Selbst Besitzer von teuren Fotolesegeräten waren beeindruckt von der Geschwindigkeit des Geräts", schwärmt Zhang. Ein anderer Cebit-Neuling ist der Fotoscanner Optic Film 7200, der zum Preis von unter 200 Euro echte 7.200 dpi bietet - andere Geräte fangen hier erst bei 400 Euro an. Die beiden neuen Geräte sollen im Mai auf den deutschen Markt kommen.

Meinung des Redakteurs

Lange hat Plustek seine Position als reiner Scanner-Hersteller verteidigt. Rückläufige Verkaufszahlen in den wichtigsten Märkten und die dramatische Margensituation zwingt aber zur Diversifizierung. Man kann für Plustek nur hoffen, dass der Weg nicht in einen Bauch-laden von Me-too-Produkten führt. Aber einen Markt zu finden, der nicht von anderen Herstellern bedient wird, ist heute schwerer denn je.

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