Portale sind wieder im Kommen

20.06.2002
Portale - 2000 noch ein Hype, und im Vorjahr sprach kein Mensch mehr davon. Nun scheinen sich aber Investitionen in unternehmensweite Portallösungen auszuzahlen.

Alle wichtigen Informationsquellen auf der Startseite des Webbrowsers überblicken - für den Anwender ist der Nutzwert eines Portals sofort ersichtlich. Aber was haben die Implementierungspartner davon?

In den vergangenen zwei Wochen haben nun zwei großer Hersteller mit starkem Channel-Vertrieb neue Portallösungen herausgebracht: Sun gab die Verfügbarkeit des "Portal Server 6" bekannt, Citrix verkündete den Access Portal Server "Nfuse Elite".

Während Suns Portal Server erst ab August erhältlich sein und vorerst nur auf der eigenen Unix-Plattform Solaris laufen wird, kann Citrix Software sofort geordert werden. Durch die enge Bindung der Metaframe-Company an Microsoft ist diese Lösung allerdings nur für die Serverversion von Windows 2000 zu bekommen. Sie arbeitet ausschließlich mit dem SQL-Datenbank-Server, dem Redmonder Web-Server IIS 5.0 (Internet Information Server), und als Benutzeroberfläche am Client kommt selbstredend nur der Internet Explorer in Frage.

Sun öffnet sich ein wenig

Hier zeigt sich zumindest Sun offener; nächstes Jahr soll es auch Windows- und Linux-Versionen des Portal Server geben.

Citrix Nfuse Elite ist auch nicht unbedingt als Konkurrenzprodukt zur Sun-Lösung zu sehen. Immerhin benennen die Kalifornier Citrix als einen ihrer ISV-Partner (Independent Software Vendors), die den Portal Server auch in ihre eigenen Lösungen einbauen können. Dennoch gibt es zwischen beiden genannten Produkten durchaus Berührungspunkte, etwa bei den Personalisierungsfunktionen oder bei der Zuweisung von Rechten an bestimmte Arbeitsgruppen.

Es ist aber davon auszugehen, dass Suns Portal Server das definitiv teurere Produkt sein wird; sein genauer Preis wird im August bekannt gegeben. Genaueres weiß man hingegen schon bei Nfuse Elite: Hier kostet eine einzelne Anwenderlizenz 67 Dollar. Erworben werden kann die Software allerdings nur in Paketen für 25, 50, 100 oder 250 User und den Kombinationen daraus.

Citrix setzt voll auf Dotnet

Nach Aussagen des Herstellers lässt sich Nfuse Elite in der Basiskonfiguration bereits in einer Stunde installieren. Es dauert natürlich länger, wenn unterschiedlichen Gruppen innerhalb des Unternehmens, wie Vorstand, Marketing, Technik oder Vertrieb, unterschiedliche Rechte eingeräumt werden.

Durch Citrix' enge Anbindung an die Windows-Welt können selbstredend deren Gruppen und Benutzer samt Anmeldenamen und Passwörtern auch im Portal verwendet werden. Damit sind auch die Windows-Applikationen und Inhalte, die den einzelnen Anwendern zur Verfügung stehen, weit gehend festgelegt.

Deren Anbindung ins Portal erfolgt mithilfe so genannter "Content Delivery Agents" (CDAs). Eingebettet in das eigentliche Portalsystem vermögen diese Softwarekomponenten Daten aus unterschiedlichen Quellen zu extrahieren und sie entsprechend den Vorgaben des Anwenders in seinem Webbrowser darzustellen.

Citrix liefert gleich 15 derartige vordefinierte CDAs aus, etwa eines für das eigene Metaframe-Produkt, ein anderes für Microsofts "Sharepoint Portal Server". Systemintegratoren können ihren Kunden dennoch einen Mehrwert erbringen, indem sie eigene Agenten erstellen. Möglich macht dies ein Software-Development-Kit, das sich Citrix-Partner von der Website des Herstellers herunterladen können.

Außer den CDAs können Entwickler auch die von Microsoft zertifizierten Web-Parts beziehungsweise die Web-Forms einsetzen. Letztere sind für Microsofts ASP-Dotnet-Umgebung (Active Server Pages) optimierte Webseiten, die aber nach diversen Anpassungen auch ins Nfuse-Elite-Portal integriert werden können. Hier outet sich Citrix als großer Befürworter der Microsoft’schen Dotnet-Strategie und hält sogar diese Entwicklungsumgebung für einen offenen Standard.

Das sieht Sun natürlich keinesfalls so. Die Kalifornier setzen mit ihrem Portal Server 6 selbstverständlich auf die Dotnet-Konkurrenz-Technologie Java 2 Enterprise Edition (J2EE). Und Sun öffnet sich ein wenig anderen Anbietern von Applikationsservern. Zwar soll die aktuelle Version der Portalsoftware vorerst ausschließlich mit dem eigenen "Sun One Application Server" arbeiten, aber für Ende dieses Jahres peilen die dortigen Softwareentwickler eine komplette Kompatibilität zu den Programmpaketen von IBM ("Websphere") und Bea ("Weblogic") an.

Ansonsten kooperiert Sun bereits mit ISVs (Independent Software Vendors) wie Vignette, Siebel oder Tarantella, die den Portalserver in ihre eigenen Lösungen übernehmen. Auch Systemintegratoren sind gefragt. Sie sollen nach den Vorstellungen der Kalifornier neue Portallösungen bei ihren Kunden entwickeln. Hierbei kommt vor allem dem so genannten Identity-Management eine große Bedeutung zu: Ein optimal konfiguriertes Portal hält alle Zugangsinformationen eines Anwenders parat. Egal ob er sich nun bei SAP, seinem E-Mail-Client oder von außen ins unternehmensinterne Netzwerk anmeldet, er braucht dann nur noch eine Nutzerkennung und ein einziges Passwort für das Portal ("Single Sign-on"). Das Ganze erleichtert auch die Arbeit des Systemadministrators. Er muss sich nicht mehr um jede Applikation und die Zugriffsrechte einzeln kümmern, sondern kann das zentral von seiner Portalkonsole aus tun.

apps.citrix.com/CDN

www.asp.net

www.citrix.com/NFuse_Elite

sun.com/software/products/portal_srvr

ComputerPartner-Meinung:

Dass Hersteller wie Sun und Citrix gerade jetzt mit neuen Portallösungen vorpreschen, kommt nicht von ungefähr. Endlich haben die IT-Verantwortlichen begriffen, worin der Nutzen einer zentralen webbasierenden Anlaufstelle in ihrem Unternehmen liegt: Die Produktivität der Mitarbeiter steigt, die laufenden Kosten sinken. Eigentlich alles bekannte Argumente, aber sie haben erst jetzt durchgeschlagen: So stiegen die weltweiten Umsätze mit Portalwerkzeugen im vergangenen Jahr um 59 Prozent auf 709 Millionen Dollar. Höchste Zeit also für Systemintegratoren, auch diesen lukrativen Markt für sich zu entdecken. (rw)

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