Preisabsprachen und neue Technologien

24.06.1999

MÜNCHEN: Diverse Gerüchte verunsichern derzeit den Speichermarkt, eine Beruhigung ist nicht in Sicht. Als Hoffnungsträger für den Handel gelten neue Technologien, doch auch hier ist eine vernünftige Planung noch nicht möglich.Seit Anfang Juni sorgt die Gerüchteküche für erhebliche Verunsicherung im Speichermarkt. Im Zusammenhang mit den in den USA verhängten Strafzöllen gegen taiwanische Modulhersteller mutmaßen verschiedene Quellen, daß sich amerikanische Broker noch kurz vor Torschluß jeden in Fernost erreichbaren Speicherriegel gesichert hätten und der Markt derzeit leergefegt sei. Ein anderes Gerücht besagt, daß sich die taiwanischen Hersteller am Rande der Computex auf Mindestpreise und Produktionshöchstgrenzen verständigt hätten. Die Folge: steigende Preise für Speichermodule in Europa in den vergangenen 14 Tagen.

"Der starke Dollar hat sicher die Importe nach Europa verteuert", erklärt Marina Sajitz, Unternehmenssprecherin von Kingston. "Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, daß die Preissteigerungen vor allem auf das Konto von Brokern gehen, die die herrschende Verunsicherung ausnutzten."

Speicherpreise weiterhin im auf und ab

Kingston-Geschäftsführer Thomas Marschner bestätigt, daß steigende Preise durch die reale Marktentwicklung kaum gedeckt seien. "Der Rohstoff für Speichermodule, Memory-Chips, ist unverändert in Hülle und Fülle vorhanden." Unbeeindruckt davon geben die Preise bei allen Speichertypen allerdings bereits wieder nach. Analysten gehen davon aus, daß sich die amerikanischen Strafzölle nur kurzfristig auswirken werden. "Eine unbekannte Größe bleiben die angeblichen Preisabsprachen der Taiwaner", konstatiert Marschner. "Falls an dem Gerücht was dran ist, dürfte es diesen schwerfallen, die Preisdisziplin lange durchzuhalten."

Denn immer noch plagen die Chiphersteller weltweit erhebliche Überkapazitäten. "Da der amerikanische Markt für die Taiwaner durch die Strafzölle erst einmal wegfällt, werden sie andere Absatzmärkte, etwa in Europa, suchen müssen. Wie das anders als über weitere Preissenkungen gehen soll, ist schwer vorstellbar", stellt Sajitz fest. "Prognosen gehen deshalb davon aus, daß die Preise auch im dritten Quartal weiter unter Druck bleiben werden."

Neue Technologien sollen Markt bereinigen

Ob sich das jedoch bald ändern wird, hängt nach Meinung von Beobachtern auch davon ab, wie schnell die Hersteller die Umstellung auf 128-Mbit-Chips und auf neue Technologien wie Rambus und DDR schaffen. "Letzteres ist leichter gesagt als getan, da noch immer keine Klarheit herrscht, welche Technologien auf 100-MHz-SDRAM folgen werden", erklärt Marschner.

Nach hartnäckigen, von Intel heftig dementierten Gerüchten soll der neue Camino-Chipsatz in zwei Stufen auf den Markt gebracht werden: Eine erste Version, die nur 600-MHz-Direct-Rambus-DRAM unterstützt, kommt demnach im dritten Quartal, während die "Vollversion" für 600-, 700- und 800-MHz-Direct-RDRAM unter Umständen erst im November verfügbar sein soll. Derartige Aussichten stoßen bei den PC-Herstellern auf wenig Gegenliebe. Samsung-CEO Y.W. Lee hat bereits klargestellt, daß die Industrie an einer Camino-Lightversion kein Interesse hat", sagt Sajitz.

Intel lässt Markt weiter im unklaren

Kein Gerücht ist dagegen, daß Intel entgegen bisherigen Ankündigungen offenbar nicht mehr ausschließt, auch die PC133-Architektur zu unterstützen. So sind jedenfalls Äußerungen von CEO Craig Barrett zu deuten, der betont hatte, eine Reihe von Optionen zu haben, falls PC133-SDRAM sich am Markt durchsetzen würde.

Zu den Erfolgsaussichten von PC133 gibt sich die Branche größtenteils noch zugeknöpft. "PC133 ist als Brücke zu DDR-RAMs anzusehen, wobei hier von einer internen Taktfrequenz von 266 MHz gesprochen wird. DDR-RAMs treten wiederum in direkte Konkurrenz zu Rambus", erklärt Roger von Tesmar, Marketingleiter von Wichmann Workx. "Rambus hat bei weitem noch nicht die Performance und Stabilität, wie sie von DDR-RAMs ausgehen."

Die PC133-Technologie wird von einer durchaus ansehnlichen Herstellerriege unterstützt. Sie werden alle in den kommenden Wochen mit stabilen PC133-Boards auf den Markt drängen", prophezeit von Tesmar ComputerPartner. "In unseren Labors evaluieren wir bereits mit Hochdruck die ersten Muster." (kfr/jba)

"Die Speicherpreise werden auch im dritten Quartal unter Druck bleiben", ist sich Kingston-Geschäftsführer Thomas Marschner sicher.

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