Preisrutsch im Speichermarkt

28.10.1999

MÜNCHEN: Binnen Wochen hatte sich der Preis für Speichermodule verdreifacht. Das Erdbeben in Taiwan wurde von den Herstellern dazu genutzt, die Preise noch weiter nach oben zu treiben. Als für den Kunden das Maß voll war, sind die Memory-Preise wie ein Kartenhaus zusammegebrochen.Das Erdbeben vom 20. September in Taiwan hat sich auf den Chip-Markt anders ausgewirkt, als es die meisten Marktteilnehmer und Beobachter erwartet hatten. Direkt nach dem Beben haben sich Handel und Hersteller in Europa und den USA in hohem Umfang mit Lagerbeständen eingedeckt. Kenner der Szene glauben, daß das nur zum Teil geschah, um befürchtete Engpässe überbrücken zu können, zum Teil aber auch aus rein spekulativen Gründen. Die Folge waren massive Preissteigerungen: Ein 64-Mbit-SDRAM, der derzeit bei der Speichermodul-Herstellung am häufigsten verbaute Chip-Typ, schnellte bis auf 21 Dollar hoch.

Inzwischen befinden sich die Preise dieses Bausteins aber wieder im freien Fall. Zur Zeit (22. Oktober) liegen die Preise je nach Hersteller zwischen 12 und 14 Dollar. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Beispielsweise waren die Folgen des Erdbebens nicht entfernt so verheerend wie viele Berichte vermuten ließen. Zwar standen die Chip-Fabriken in Taiwan infolge von Stromausfällen und aufgrund der notwendigen Neujustierungen der Fertigungsstraßen teilweise bis zu einer Woche still. Allerdings ist der Anteil Taiwans an der weltweiten Chip-Produktion immer noch eher gering. Den Großteil liefern Hersteller in Korea, Japan und den USA. Diese hätten den Ausfall Taiwans problemlos kompensieren können - wenn sie denn gewollt hätten. Analysten gehen aber davon aus, daß die Hersteller, die schon seit Jahresmitte eine bemerkenswerte Preisdisziplin zeigen, in dem Erdbeben einen willkommenen Anlaß sahen, ihre Preise weiter nach oben zu treiben. Mit Erfolg, denn die Preise sind in Asien, anders als in Europa und namentlich Deutschland, auf hohem Niveau sehr stabil.

Auf der anderen Seite besteht derzeit nur eine sehr geringe Nachfrage nach Speicher-Chips. Grund ist vor allem die schlechte Verfügbarkeit von Hauptplatinen. Assemblierer beklagen, daß die Board-Hersteller derzeit kaum Ware ausliefern. Das gilt vor allem für Mainboards für AMDs neuen Athlon, bei dem das Angebot weit hinter der Nachfrage herhinkt. Auch Intels 820-Chipsatz läßt aufgrund immer neuer Probleme noch auf sich warten.

Lagerbereinigung führt zu Preisstürzen

Die massiven Preissteigerungen waren deshalb nur von kurzer Dauer. Nach Auffassung von Beobachtern sehen sich einige Broker, die in Erwartung steigender Preise hohe Lagerbestände aufgebaut haben, gezwungen, ihre Ware bei sinkenden Preisen auf den Markt zu werfen. Das drückt zusätzlich auf die Preise.

Fraglich ist, wie lange die Preise weiter fallen werden. Brigitte Haas, Unternehmenssprecherin von Kingston Technology Europe, rechnet damit, daß "die Preise bei 64-Mbit-SDRAMs zunächst noch weiter sinken werden. Sobald die Lagerbestände abgebaut sind, werden die Preise möglicherweise aber auch hierzulande wieder auf das höhere Niveau von Fernost klettern. Einen Vorgeschmack darauf gibt die Entwicklung bei den älteren Technologien 16 Mbit SDRAM, EDO und FPM, deren Preise bereits jetzt kontinuierlich nach oben steigen". (kfr)

Zur Startseite