Presseschau

05.08.1998

Der Verkauf des SNI-Werks an Acer stieß auf ein großes Medienecho. Unter der Schlagzeile "Lauter Gewinner" schreibt die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit in der Ausgabe 19/98 am 29.4.1998:

Die Tatsache daß Siemens Nixdorf als PC-Hersteller auf die Dauer am Weltmarkt keine Chancen hatte, ist auch auf Versäumnisse und Fehler in der Vergangenheit zurückzuführen. Vor allem aber drängen die Kapitalmärkte - personifiziert von den Analysten der Banken und den Vertretern der großen Pensionsfonds - vehement darauf, daß der beschäftigungsstärkste deutsche Industriekonzern höhere Renditen abwirft. Ganz ungeniert fordern sie, wenig rentable Bereiche ab-zustoßen oder zu schließen. Und trotz steigender Gewinne war Siemens-Nixdorf noch weit entfernt von der für das Jahr 2000 anvisierten Eigenkapitalrendite von fünfzehn Prozent.

(...) Höhere Renditen brächten nur günstigere Einkaufspreise der Komponenten wie Mikroprozessoren (Intel), Software (Microsoft) oder Laufwerke (Seagate). Dies hätte höhere Stückzahlen vorausgesetzt. Dafür wären ein ausgebautes Vertriebsnetz und Montagestätten in Amerika und Asien nötig gewesen - zu riskant für den Konzern, und die Suche nach einem starken Partner zog sich drei Jahre lang hin.

(...) Der schmerzliche Abschied der Augsburger PC-Bauer aus der Siemens-Familie wird deshalb sicher nicht das letzte "Desinvestment" beim Umbau des Siemens-Konzerns sein. So wie es vor ihnen schon den Kollegen der Sparten Hochleistungsdrucker, Dentaltechnik oder jüngst der Wehrtechnik erging, werden wohl noch weitere der 250 Siemens-Geschäftsgebiete neue "passendere" Herren bekommen. Der Druck der Kapitalgeber wird dafür sorgen, daß der Konzern in Bewegung bleibt.

Zum selben Thema kommentiert das Handelsblatt am 24.4.1998 unter der Überschrift "SNI gibt ihre "Mopedproduktion ab":

Da sich die deutsche Großindustrie schon immer schwertat mit Massenartikeln zu niedrigen Preisen, ist es keine Überraschung, daß Siemens Nixdorf mit dem Verkauf ihrer PC-Produktion an den taiwanesischen PC-Konzern Acer diesen Kampfplatz nun wieder räumt.

Ohnehin hat Siemens, was die Herstellung von Rechnern angeht, noch nie ein glückliches Händchen gehabt. (...) Mit dem Vorhaben, auch in den USA das PC-Geschäft aufzubauen, wollte man Eulen nach Athen tragen. Der PC war nie ein Vorzeigeprodukt aus Deutschland wie etwa Autos oder die Anwendungsprogramme der erfolgreichen Walldorfer Softwareschmiede SAP. Folglich ließen sich die Personalcomputer "made in Germany" auf den wichtigen internationalen Märkten nie in nennenswerten Stückzahlen absetzen.

Die Süddeutsche Zeitung vom 24.4.1998 befaßt sich unter der Überschrift "Die Heimat der Computer" mit der taiwanischen High-Tech-Industrie:

"Immer mehr Weltklassefirmen übergeben ihre Produktion an Taiwan-Firmen - am auffälligsten derzeit IBM. Durch diesen globalen Transfer werden 1998 in Taiwan Produktionssteigerungen von 55,6 Prozent bei Keybords oder 38,9 Prozent bei Video Cards erzielt.

Heuer erobern die Taiwanesen eine bisherige Domäne der Japaner, die Produktion von Notebooks und Laptops. Die führenden Hersteller - Acer, Inventec und Compal - wollen ihren Anstoß in diesem zukunftsträchtigen Segment um 25 bis 100 Prozent steigern. Um beim gnadenlosen Verdrängungskampf nicht ins Hintertreffen zu geraten, hat sich Hitachi überraschend entschlossen, ein Fünftel seiner Produktion in Lizenzen an Acer zu vergeben. Aber nicht nur die Großen sind in Taiwan gut im Geschäft. In diesem Jahr nehmen mindestens fünf neue Firmen die Herstellung auf. Dann teilen sich über 25 taiwanesische Unternehmen den Notebook-Markt und mischen ihn global auf.

Die Computerwoche Nr. 18 vom 1.5.1998 erwartet, daß der Aus-

stieg aus der PC-Fertigung noch nicht das Ende der Siemens-Reorganisation darstellt:

Die Logik des PC-Abkommens mit Acer steht außer Frage. Zwar dürfte Siemens auch als OEM-Kunde des taiwanischen Herstellers nicht in die Ränge der wichtigsten PC-Anbieter aufsteigen, aber zumindest braucht man keine teure Fertigung mehr zu unterhalten. Noch unklar ist, welchen Stellenwert die BS2000- und Unix-Aktivitäten der Tochter SNI künftig in dem Mischkonzern haben. Hier kommt die Restrukturierung einem Rückfall in die Vor-SNI-Zeit gleich. (...) Die Folgen sind absehbar: Siemens dürfte schon bald auch das BS2000- und das Unix-Geschäft - ähnlich wie im PC-Sektor an Partner übertragen.

Für die FAZ vom 24.5.1998 ist Acer "eine taiwanische Erfolgsgeschichte":

Der größte taiwanische Computerkonzern Acer gehört zu der Spitzengruppe asiatischer High-Tech-Produzenten. Sowohl innerhalb Asiens als auch in den Vereinigten Staaten und Europa gilt das Unternehmen als einer der großen asiatischen Erfolgsgeschichten. Der Konzern spiegelt in vieler Hinsicht den Aufstieg Taiwans von einem Spargelproduzenten zum Technikland wider. Acer ist es gelungen, von einem Billig-produzenten zu einem weltweit anerkannten High-Tech-Unternehmen ersten Ranges aufzusteigen.

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