Produktpflege ist eigentlicher Kostenfaktor

21.10.1999

MÜNCHEN: Das Internet unterscheidet nicht nach Regionen. Trotzdem fragt sich der regionale IT-Fachhandel, ob und wie er in das neue Medium einsteigen soll. Roland Kaufmann* bietet einen Überblick über die von Herstellern und Distributoren angebotenen Shoplösungen für den PC-Fachhandel.Mit dem Internet bietet sich die Möglichkeit, den eigenen Kunden mehr Service zu bieten. Der Kunde kann sich im Internet-Shop unabhängig vom Ladenschluß informieren und einkaufen. Dabei gewinnt er einen umfassenden Einblick in das Angebot des Händlers. E-Commerce im regionalen Umfeld dient in erster Linie der Kundenbindung.

Die Entscheidung für ein Shopsystem sollte vor diesem Hintergrund sehr sorgfältig getroffen werden. Auf der einen Seite verbessert der Händler seine Möglichkeiten mit dem eigenen Shop. Bietet er visuell und inhaltlich mehr als die Konkurrenz, gewinnt er vielleicht neue Kunden dazu. Die andere Seite der Medaille sind die Systemkosten. Neben den Anschaffungskosten entstehen auch versteckte Folgekosten. Jeder Artikel im Internet-Shop muß gepflegt werden. So kann ein Shopangebot, das mehrere tausend Artikel enthält, bei täglicher Aktualisierung schnell zu einem Halbtagsjob für eine zusätzliche Arbeitskraft werden. Bei der Vielzahl von Angeboten, die es speziell für IT-Fachhändler im E-Commerce-Bereich gibt, fällt es schwer, eine Vergleichbarkeit herzustellen. Jeder setzt andere Schwerpunkte. Am Ende bestimmt die individuelle Zielsetzung des Fachhändlers die ideale Lösung. Der Einstiegspunkt für die richtige E-Commerce-Lösung ist daher die Analyse des eigenen Kundenportfolios (siehe Kasten "Entscheidungshilfen"). Aus seinen Anforderungen erarbeitet sich der Händler eine E-Commerce- Strategie, für deren Unterstützung er den richtigen Anbieter finden muß. Gegenstand dieses Artikels sind die E-Commerce-Shopangebote der Distributoren Actebis (nur PC-Konfigurator), Frank & Walter, KC Data, Ingram Macrotron, Maxdata, sowie des Herstellers Compaq und das Produkt Infoshop von der Infoshop GmbH Würzburg.

Marketing

Obwohl die Angebote sehr unterschiedlich sind, lassen sie sich doch auf wenige Parameter reduzieren. Dabei unterscheidet man grob vier Hauptkategorien: Marketing, Service, Support und Kosten.

Preisbildung und Produktpolitik spielen im E-Commerce eine große Rolle. Ein wenig zu einfach fällt daher die Lösung von Frank & Walter aus. Der Besteller bekommt nur eine unverbindliche Preisempfehlung und den nächsten Fachhändler genannt. Standard dagegen ist die Festlegung eines individuellen Preisschemas für die unterschiedlichen Warengruppen. Mit wenigen Ausnahmen haben das alle Lösungen. Infoshop bietet zusätzlich die für Geschäftskunden wichtigen kundenabhängigen Rabattstaffeln an.

Je vollständiger das Produktspektrum, desto eher fühlt sich ein Besucher eingeladen, im Warenangebot zu stöbern. Ohne diesen Anreiz entscheidet der Kunde mit einem Blick, ob ihn der Shop interessiert oder nicht und kommt in letzterem Fall nicht wieder. Wer den Internet-Shop als Kundenbindungsinstrument einsetzen will, wird daher ein möglichst vollständiges Produktangebot präsentieren. Maxdata bietet hier einen guten Einstieg mit zirka 1.200 Artikeln. Wer es mit dem Internet-Shop jedoch ernst meint, wird noch einige tausend Artikel mit dem entsprechenden Aufwand einpflegen müssen. Insofern bieten KC Data mit 50.000 und Infoshop mit 34.000 Artikeln alles, was das Kundenherz begehrt (siehe Tabelle "Marketingaspekte").

Service

Mit Ausnahme des Fullshops von Compaq pflegen alle Anbieter die vorgegebenen Produktportfolios selbst, der Händler kümmert sich nur die Fremdprodukte. So gehört auch, außer bei der Macroton-Lösung, die Einrichtung des Shops nicht zu den Aufgaben des Händlers.

Design und Domain-Einrichtung werden teilweise gegen Aufpreis angeboten, während das Infoshop-Angebot dies mit einschließt.

E-Commerce-Anwendungen stellen wegen der notwendigen Verfügbarkeit des Systems hohe Ansprüche an Server und Anbindung. Daher übernehmen grundsätzlich alle hier besprochenen Lösungen das Hosting für den Händler. Deren interne Logistik gerät schnell unter Druck, wenn der Internet-Shop bei den Kunden Beliebtheit erlangt. Der zweite Bestellkreislauf sollte entweder gut integrierbar sein, wie dies Macrotron mit einem Bestelldatenexport bietet, oder wie Infoshop eine kleine Warenwirtschafts-Funktionalität haben, mit der Bestellungen und Rechnungen ohne Aufwand abgewickelt werden können (siehe Tabelle "Serviceangebot").

Support

Wie überall gilt: Wer nicht wirbt, der stirbt - an Langeweile an seinen Internet-Shop. Es ist daher nicht damit getan, sich einen Shop einzurichten und nach dem Beckenbauer-Motto auf die Bestelleingänge zu warten. Marketing kostet Geld und darf sich gerade bei einem regional ausgerichteten Händler nicht allein auf das Internet selbst beschränken. Die meisten Angebote enthalten Bannerschaltungen, die den Kunden auf die eigene zentrale Seite locken und nach Eingabe der Postleitzahl an die Site eines regionalen Händlers leiten. Einen anderen Weg geht Infoshop. Der Händler erhält ein komplettes Marketingpaket mit vorgefertigten Kundenmailings, Pressetexten für die regionale Tagespresse, vorgefertigten Anzeigen und 2.000 Bannerschaltungen pro Monat über ein Bannertauschsystem.

Da Auktionen im Internet in Mode gekommen sind, beeinhaltet das KC-Data-Angebot diese Funktionalität.

Versteckte Kosten durch Pflegeaufwand

Der Händler unterscheidet hier zwei Kostenblöcke: Zum einen die offenen Kosten, das ist der Preis, den er für die E-Commerce-Lösung einmalig und jeweils monatlich an den Anbieter bezahlen muß. Zum anderen die versteckten Kosten, das ist der Arbeitsaufwand, der auf seiner Seite für den eigenen Shop eingesetzt wird, und andere Aufwendungen, beispielsweise für Marketing. Der zweite Block ist variabel. Daher wird in diesem Artikel von einem Modellhändler mit bestimmten Anforderungen an seine E-Commerce-Lösung ausgegangen (siehe Kasten "Anforderungen" auf Seite 72).

Ein selbst zu pflegender Artikel kostet durchschnittlich zwischen drei Mark bei hoher und acht Mark bei niedriger Artikelanzahl pro Jahr an eigener Arbeitsleistung. Je mehr Artikel, desto mehr profitiert der Händler von Rationalisierungs-Effekten. Der Einfachheit halber geht die folgende Kalkulation von drei Mark pro Artikel aus. Alle E-Commerce-Anwendungen erleichtern dem Händler das Bestellwesen, daher fällt nur die Fakturierung (Rechnungsstellung) ins Gewicht. Die manuelle Erstellung einer Rechnung braucht zirka eine Minute und kostet damit 1,20 Mark.

Die Vorbereitung eines regionalen Marketings mit Kundenmailings, Pressemitteilungen, Anzeigen und Bannergestaltung kostet über eine Agentur rund 3.000 Mark. Porto und die Kosten für die Schaltung der Anzeigen und Banner bleiben dabei unberücksichtigt. Bei Angeboten, die eine Ausweitung auf 20.000 Artikel nicht zulassen, wird der Erwerb einer preiswerten allgemeinen Internet-Shoplösung, des Netshop der Xynx GmbH für 257 Mark angenommen (siehe Tabelle "Kosten")

Alles, was der Händler in Eigeninitiative an den vorgefertigten Angeboten verändert, läßt die Kosten schnell in ungeahnte Höhen schießen. Daher wird kein Händler versuchen, einen Internet-Shop mit 5.000 Produkten um weitere 15.000 zu erweitern. Die letzte Summenspalte zeigt daher, wie sich die monatlichen Kosten verhalten, wenn der Händler sich mit dem vorgegebenen Warenangebot zufrieden gibt. In der Kostenkalkulation sind besondere Angebote nicht berücksichtigt, so können Ingram-Macroton-Kunden ihren Shop bis zum 31. Januar 2000 ohne monatliches Entgelt betreiben, KC Data bietet bis zum 31. Oktober 1999 einen Einstiegspreis von 1.999 Mark und bei Infoshop fällt beim Einstieg die erste Monatsmiete weg. Actebis-Kunden reduzieren ihre Kosten durch WKZ-Punkte.

Fazit

Wer in erster Linie einen preiswerten Einstieg in das E-Commerce-Geschäft sucht, ist mit den Angeboten von Ingram Macroton und Maxdata gut bedient. Wer allerdings seinen Kunden einen echten Zusatzservice mit einem breiten Produktspektrum bieten möchte, wird sich entweder für den IT-Store von KC Data oder den Infoshop von der Infoshop GmbH in Würzburg entscheiden.

*Roland Kaufmann ist Prokurist der Infoshop GmbH i. Gr. in Würzburg, die sich auf die E-Commerce-Bedürfnisse der IT-Fachhändler spezialisiert hat.

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