Prozessfinanzierer Juragent geht in Entry Standard

14.08.2007
Von Rüdiger Schoß

Von Rüdiger Schoß

Dow Jones Newswires

BERLIN (Dow Jones)--Der Berliner Prozessfinanzierer Juragent strebt trotz verhaltener Geschäftsaussichten und urlaubsbedingter Abwesenheit vieler Investoren für den 16. August endlich das Listing im Entry Standard an. Eine Kapitalerhöhung sei dabei nicht geplant, sagte Juragent-Vorstand Anette Ehlers zu Dow Jones Newswires.

Als das Wertpapierprospekt zum ursprünglich 2006 geplanten IPO im Mai bei der Bafin abgegeben worden sei, habe das Unternehmen noch auf ein Listing vor der Sommerpause 2007 gehofft. "Als wir merkten, dass doch Nachfragen kamen, denn die Bafin prüft ja auch das Geschäftsmodell, die Fonds und die Geschäftsbesorgung, hat sich das Ganze in die Sommerpause verschoben", sagte Ehlers.

Besonders Vorstandsvorstandvorsitzender Mirko Heinen sei es wichtig gewesen, dass die Aktien noch vor der Hautversammlung Ende August im Freiverkehr geführt würden. Ziel sei es, den rund 400 Aktionären mit insgesamt 2,0 Mio Titeln (davon 3% im Besitz der Gesellschaft) einen freien Handel zu ermöglichen und die für den Freiverkehr notwendige Transparenz zu erreichen. Bislang werden die Anteilsscheine nur außerbörslich bei Valora Effekten gehandelt.

Die Aktionäre der Prozessfondsgesellschaft müssen auch in diesem Jahr mit weiter sinkenden Geschäftszahlen rechnen. Es sei klar, dass in diesem Jahr Umsatz, Investitionen und Jahresüberschuss schrumpfen werden, sagte die Juristin Ehlers. Im vergangenen Jahr war Juragent hinter die Konkurrentin Foris AG zurückgefallen, nachdem der Umsatz auf 14,6 Mio von 28,5 Mio EUR geschrumpft war.

Zwar stiegen die sonstigen Erträge (dazu gehören die regulären Rückflüsse von den eigenen Fonds nach gewonnenen Prozessen) auf 2,0 Mio von 0,7 Mio EUR. Trotzdem brach der Jahresüberschuss, der 2005 noch auf 2,8 (2006: 2,3) Mio EUR geklettert war, im vergangenen Jahr auf 0,7 Mio EUR ein.

Die Bonner Foris AG weist dem gegenüber seit drei Jahren steigende Umsatz- und Gewinn-Zahlen aus. 2006 blieben Foris bei 23,3 Mio EUR Umsatz 1,6 Mio EUR Jahresüberschuss.

Einer der Gründe für die teils deutlichen Ergebnisrückgänge sei die inzwischen wieder etwas nachlassende Kritik am Geschäftsmodell, sagte Ehlers. So hatte die Stiftung Warentest die vier Prozessfonds des Unternehmens auf die Warnliste gesetzt. Die Verbraucherschützer werfen den Anbietern von Prozessfonds vor, den Erfolg des Geschäftsmodells bislang nicht belegt zu haben, gegen eine prozentuale Beteiligung für Dritte die Kosten eines Gerichtsprozesses zu finanzieren. Zudem kritisieren die Experten, das Unternehmen sei intransparent.

Als Reaktion auf die Kritik und die schlechte Geschäftsentwicklung will Juragent mit verstärktem Computereinsatz die Auswahl der betreuten Prozesse und die weitere Unterstützung der Gerichtsverfahren verbessert werden. Es gelte nun, für die vorhandenen Fondsgelder geeignete Prozesse zu finden, sagte Ehlers. "Dafür gehen wir das 'Risiko' ein, dass wir so schnell keinen nächsten Prozesskostenfonds auflegen." Vom Geschäftsmodell gerate damit ein wichtiger Baustein in Verzug.

Der fünfte Fonds, der unmittelbar an den vierten anschließen sollte, sei nun zum Jahresende geplant. In der Zwischenzeit soll die Begleitung der Prozesse, die sich den Angaben des Wertpapierprospektes zufolge insgesamt länger als erwartet hinziehen, verbessert werden.

Dazu soll der gesamte Schriftverkehr betreuter Prozesse in Datenbanken eingescannt werden. In Rechtsbereichen, in denen es um Klage, Wiederklage, Replik, Gutachten oder Beweisgutachten gehe, solle der Computer die Arbeit schließlich über die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten unterstützen. Ziel sei ein verbessertes Prüfverfahren, um mit den erzielten Erfolgen Mittel für den neuen Fonds einwerben zu können, sagte Ehlers.

Webseite: http://www.juragent.de

-Von Rüdiger Schoß, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 203,

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