Prozessoren: Angebot ungewiss, unübersichtlich und unzureichend

05.04.2000
Intel hat nicht nur die PIII 500 und 550 abgekündigt, sondern auch die Liefertermine für die neuen Mainstream-CPUs auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Lage im Prozessormarkt wird sich daher nicht so schnell entspannen. Bereits die beiden letzten Preissenkungen gab es nur auf dem Papier.

Die Situation spitzt sich für die Distribution zu. Für kurze Zeit hatte es so ausgesehen, als würde die CPU-Allokation ein Ende finden. Dem ist jedoch nicht so. Ralf Germer macht dem Handel keine großen Hoffnungen. "Intel-Prozessoren werden wohl noch das gesamte zweite Quartal über knapp bleiben", sagt der Director Product-Marketing Europe Components von Actebis. Sollte auch noch - wie bereits angekündigt - der Speicher knapp werden, dürfte für viele Assembler eine schwere Zeit anbrechen.

"Der Markt ist sehr unübersichtlich, was natürlich auch an der ausgedehnten Produktpalette liegt", erklärt Roland Bartunek, Produkt-Manager von P&T. "Slot1-Chips sind rar und gefragt und daher dementsprechend teuer. Prozessoren im FC-PGA-Format haben es bisher noch schwer sich durchzusetzen." Thorsten Zöller sieht es ähnlich. "Der FC-PGA-Formfaktor findet immer noch nicht die gewünschte Akzeptanz im Markt. Zurückzuführen ist dies auch auf die immer noch schwache Produktion der passenden Boards seitens namhafter Hersteller", sagt Peacocks Senior-Produkt-Manager. "Intel liefert seit mehreren Wochen keine Katmai-CPUs mehr aus, dementsprechend steigen die Nachfrage und der Preis."

Laut Zöller ist die Nachfrage nach Chips in der SECC2-Bauform am stärksten. "Wobei die Cache-Größe hier keine Rolle spielt." Auch bei CTT bestellen Wiederverkäufer am liebsten Altbewährtes. "Intel versucht, die E/EB-Versionen am Markt zu platzieren, jedoch sind die Kunden bereit, für die letzten verfügbaren Katmai-CPUs Aufschläge von 10 bis 15 Prozent zu zahlen", freut sich Chefeinkäufer Rigo Klemm.

Das Chaos wird größer

Marktkenner sehen Intel zunehmend unter Druck. Offensichtlich hat das Unternehmen die Produktion nicht im Griff. Selbst OEM-Kunden kann Intel zum Teil nur mit Verzögerungen beliefern. "Als Grund wird vorgeblich die Umstellung der Prozessoren von Slot auf FCPGA/PPGA genannt", erklärt Mark Scherer, Produkt-Manager CPU bei Emeaa Computer. "Die Realität sieht so aus, dass zwar bereits mehrfach von offizieller Unternehmensseite Preissenkungen bekannt gegeben wurden, ohne dass aber die entsprechende Ware in den Markt geflossen ist." Die Folge ist, dass der Markt zunehmend verunsichert reagiert und täglich eklatante Preissprünge zu verzeichnen sind.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Produktportfolio von Intel immer unübersichtlicher wird. Eine wachsende Anzahl von Megahertz-Versionen und unterschiedlichen Bauformen macht das Chaos im Markt perfekt. "Es hat den Anschein, als seien die Lieferengpässe teilweise Programm, um dem Graumarkt das Wasser abzugraben.

"Nachfrage hat uns überrascht"

Intel-Sprecher Klaus Obermaier gibt zu, dass die gewaltige Nachfrage nach PIII-Prozessoren Intel kalt erwischt habe. "Normalerweise ist es zweiten Quartal immer etwas ruhiger", erklärt Obermaier gegenüber ComputerPartner. "Doch das große Wachstum im PC-Markt hält ununterbrochen an. Wir können die langfristigen Verträge erfüllen. Doch für den freien Markt sieht es im Moment leider schlecht aus." Intel baut gerade neue Fertigungsstätten für sechs Milliarden Dollar. Obermaier sieht ab Ende des zweiten Quartals eine leichte Besserung. Und ab Ende des dritten Quartals erwartet Intel eine Normalisierung des Marktes.

AMD kann von dieser Situation in großem Maße profitieren und erobert sukzessive Marktanteile. "Die Akzeptanz der Athlon-CPUs hat, auch in Anbetracht der schlechten Verfügbarkeit von Intel, stark zugenommen", sagt Frank Seibert, Productline Director Simm & CPU bei Ingram Macrotron. "Zudem hat AMD keine Lieferprobleme und ist preislich sehr aggressiv." CTT-Einkäufer Klemm sieht für den Athlon ein großes Absatzpotential. "AMDs K7 mit 700 MHz wird sehr forciert, und mit der Preissenkung Ende April wird der Chip sicherlich zum Verkaufsschlager."

Sockel7 verkauft sich konstant

Prozessoren auf Sockel7-Basis halten sich hartnäckig. Einige Broadliner haben sich jedoch bereits aus diesem Business verabschiedet. "Wir verkaufen keine Sockel7-CPUs mehr", sagt Actebis-Manager Germer. Für P&Ts Bartunek ist ein Ausstieg noch kein Thema. "Sockel7 ist im Lowcost-Bereich immer noch sehr gefragt. AMD hat mit dem K6-2 dort alles fest im Griff. Nach eigener Aussage will der Hersteller diesen Markt auch weiterhin bedienen." Bei Ingram Macrotron sehen die Verantwortlichen das Ende jedoch schon nahen. "Das Geschäft verläuft konstant. Sockel7 wird jedoch vermutlich spätestens zum Jahresende auslaufen", glaubt Seibert.

"Zur Zeit gibt es bei Athlon-Prozessoren, gleich welcher Taktrate, keine Lieferprobleme", erklärt AMD-Sprecher Jan Gütter gegenüber ComputerPartner. "Auch K6-2-Prozessoren können auf Anfrage schnell geliefert werden."

Celeron stellt 50 Prozent des Marktes

Der Stellenwert des Celeron-Geschäfts nimmt weiterhin zu. "In der derzeitigen Allokationssituation des Pentium III greift der Fachhandel verstärkt auf den Celeron zurück", erklärt Zöller. Jedoch liegt hier der Schwerpunkt auf CPUs mit einer niedrigen Taktrate von 466 und 500 MHz. "Celerons mit 566 und 600 MHz sind in der Distribution noch nicht verfügbar. Der Preis des Celeron ist jedoch so niedrig, dass auch die verstärkte Nachfrage keinen nennenswerten Einfluss auf die Umsatzzahlen hat, glaubt Zöller.

Gelassen erwartet die Branche die Auslieferung der ersten Stückzahlen von Via/Cyrix. Actebis erteilt dem Celeron-Clone vorerst eine Absage. "Wir haben keine sehr großen Erwartungen an die neuen Chips und werden abwarten, ob kurzfristig überhaupt Akzeptanz oder Nachfrage entsteht", erklärt Germer. Ingram Macrotron steht dem Joshua ebenfalls kritisch gegenüber. "Die Erwartungen an den Via/Cyrix-Chip sind nicht sehr hoch. In dem angestrebten Low-end-Segment wird es schwierig, AMDs K6-2 und Intels Celeron Marktanteile zu nehmen", vermutet Seibert.

"Ausschlaggebend für den Erfolg der Prozessoren ist der Preis beziehungsweise die Verfügbarkeit", konstatiert Zöller. "Von Verfügbarkeit kann jedoch nicht gesprochen werden. Es sind immerhin schon neun Wochen seit der Cebit-Premiere des Joshua vergangen, ohne dass eine CPU den europäischen Markt gesehen hat." Sollte Via hier nicht schnell handeln, wird die Allokation seitens Intel vorüber sein, ohne dass der Hersteller diese nutzen konnte. "Preislich muss sich Via stark unter dem Celeron ansiedeln, um Akzeptanz zu erfahren. Die auf der Cebit genannten Preise wären hierfür nicht geeignet. Wir gehen davon aus, dass die zu erwartenden Preise bei größeren Mengen zirka 30 Prozent unter denen der Intel-CPUs liegen werden", rechnet Zöller. (kfr)

Zur Startseite