Psion: mit dem Netbook mobil ins Internet

20.07.2000
"Netbook" statt Notebook heißt das Motto von Psion. Der Name ist Programm: Nicht nur, dass der mobile Begleiter wesentlich kompakter ausfällt als ein herkömmliches Notebook, er bringt auch gleich die Internet-Funktionalität mit. Ob der neuste Wurf des Handheld-Spezialisten überzeugen kann, zeigt der Test von ComputerPartner.

Handheld oder Mini-Notebook, so ganz vermag man das Netbook von Psion nicht einzuordnen.

Nach Öffnen der informativen Retail-Verpackung kommt das 235 x 182 x 37 Millimeter große Desig-nerstück zum Vorschein. Gegossen aus stabilem Plastik mit einem robusten Leder-Inlay, liegt das Netbook gut in der Hand und passt mit Leichtigkeit in jede Akten- oder Handtasche.

Nach dem Aufklappen wird sofort klar, dass es sich hier nicht um ein herkömmliches Windows-PC-System handelt. Denn nach dem Einschalten dauert es nur einen Wimpernschlag, und es ist betriebsbereit. Von einer Sanduhr (zum Glück) keine Spur. Auch beim Aufrufen weiterer Software oder beim Jonglieren von Daten bleibt es bei der flotten Arbeitsweise. Im Unterschied zu anderen portab-len Rechnern rotiert im Netbook keine Festplatte. Die Daten werden auf einem Flash-Speicher abgelegt. Die Geschwindigkeit verdankt das Gerät aber auch dem Epoc-32-Betriebssystem, mit dem die anderen Produkte von Psion schon seit Jahren erfolgreich laufen. Angetrieben wird das Netbook von einem 190-MHzStrongarm-Prozessor und 32 MB RAM (aufrüstbar bis 64 MB). Zusätzlich wird das Gerät mit einer 16-MB-Flash-ROM-Karte geliefert, welche sich über den standardmäßigen Compact-Flash-Slot austauschen lässt. Dazu gibt es noch eine PC-Card-Schnittstelle (Typ I + II) beispielsweise zur Nutzung des "Microdrive" von IBM oder einer Modemkarte. Disketten- oder CD-ROM-Laufwerke können systembedingt nicht ans Gerät angeschlossen werden. Vielmehr sucht der 1.150 Gramm leichte Rechenkünst-ler den Datenaustausch per Infrarot oder mit Hilfe des mitgelieferten seriellen Kabels Anbindung vom Desktop-PC. Die dafür notwendige Synchronisations-Software "Psi Win" liegt dazu in der Version 2.3 bei und war im Test problemlos auf dem Desktop-Testrechner zu installieren. Lediglich die Menüführung zeigt Anfängern nicht sofort auf, welches der angebotenen Tools auf der Installations-CD das richtige ist und wie es zu installieren ist. Auch das ansonsten gut erklärende 215-seitige Handbuch in praktischer Ringbuchform schweigt sich in diesem Punkt beharrlich aus. Hat man aber einmal das richtige Installationssymbol ausgewählt, geht alles schnell und reibungslos. So können in gewohnter Psion-Manier Termine, Kontakte und Aufgaben von den Programmen Lotus Organizer, MS Schedule und MS Outlook synchronisiert werden. Unverständlich ist, warum Psi Win auch in der neusten Version nur mit der Vollversion, nicht aber mit Outlook Express zurechtkommt. Praktisch ist dafür die neue E-Mail-Synchronisations-Software, mit deren Hilfe beispielweise der Posteingang vom PC auf das Netbook geladen wird. Mit dem Psion beantwortet man die Mails und schickt sie dann beim nächsten Anschluss an das Desktop über das Netzwerk oder per Modem wieder ab.

Psion-Kenner fühlen sich sofort zu Hause

Wer schon mal mit einem Psion-Handheld gearbeitet hat, findet sich auch beim Netbook sofort zurecht. Die Stiftbedienung auf dem berührungssensitiven 7,7-Zoll-STN- Farbdisplay, die verschiedenen Of-fice- und Software-Applikationen auf der Oberfläche sowie die Systemsteuerung funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie beim Revo oder bei den Serie5-Geräten. Das farbige Display tut den Augen gut, bei direkter Sonneneinstrahlung muss das Netbook jedoch die Segel streichen. Ein Lob gebührt der zwar kompakten, aber vollwertigen Tastatur.

Die Batterielebensdauer bei einem mobilen System gehört meistens zu den Kritikpunkten. Allein durch das stromfressende Farbdisplay kann das Netbook natürlich nicht mit der Batterielanglebigkeit seiner kleinern Brüder mithalten. Mit einem Nonstop-Betrieb von etwa acht bis zehn Stunden geht dem auswechselbaren 1.500-mAh-Lithium-Ionen-Akku jedoch deutlich später die Puste aus, als man es von normalen Laptops gewohnt ist.

Internet-Funktionalität mit Schwächen

Bevor man mit dem Netbook ins Internet kommt, fehlt noch ein kleines, aber wesentliches Detail: ein Modem! Dazu benötigt man entweder ein Mobiltelefon mit eingebautem Modem (beispielsweise Nokia 8210 oder Siemens S25/S35) oder, wie im Test verwendet, das "Psion 56k Travelmodem", welches noch einmal mit 500 Mark zu Buche schlägt. Wünschenswert wäre allerdings, dass eine Modemfunktiona-lität bereits im Netbook integriert ist. Das Travelmodem kommuniziert per Irda-Schnittstelle mit dem Netbook und lässt sich sowohl mit dafür vorgesehenen Handys als auch am analogen Telefonanschluss verwenden. Die Software-Einrichtung geht nach Anleitung schnell und einfach.

Nach der ersten Einwahl ins Internet mit "Epoc Web V 2.0" stellte sich allerdings schnell Ernüchterung ein. Der Java-Browser ist vom Komfort eines Internet Explorer oder Navigator Lichtjahre entfernt. Die Bedienungsoberfläche ist spartanisch, und es werden ungängige Symbole verwendet. Dazu kommt, dass während eines SeitenDownloads keine Scroll-Funktion möglich ist und man auch keinerlei Informationen erhält, wie weit der Vorgang fortgeschritten ist. Während des Tests stürzte die Software zudem mehrfach ab, einmal musste gar das System per Reset komplett neu gestartet werden.

Auch die E-Mail-Software konnte kaum überzeugen. Hier werden teilweise ebenfalls Symbole und Postein- und -ausgangsfunktionen verwendet, die von den Standards anderer Mail-Programme abweichen. Alles in allem muss man die Internet-Funktionalität des Netbook als unausgereift bezeichnen.

Was die Fachhandelsunterstützung anbetrifft, bietet Psion für autorisierte Partner selbstverständlich einen Hotline-Support an. Dazu gibt es Vor-Ort-Schulungen und -Beratung. POS-Material ist in Form von Flyern und Broschüren verfügbar. (akl)

<b>Kurzgefasst</b>

Mit dem Netbook ist Psion ein sexy Produkt gelungen. Form, Handling und Leistung überzeugen. Lediglich die anscheinend noch ganz ausgereifte Internet-Anbindung über Java trübt das portable Vergnügen.

Anbieter:

Psion GmbH

Daimlerstr. 16

61352 Bad Homburg

www.psion-gmbh.de

Preis:

VK: 2.990 Mark

EK: 2.601 Mark

alle Preise inklusive

Mehrwertsteuer

Vertrieb/Distribution:

Birkhold, NT Plus, Ingram

Macrotron, Micro Elektronik,

Peacock

Wertung:

Gerät: 1-2

Software: 2-3

Handbuch: 1-2

Lieferumfang: 2

Ease-of-Use: 2

Händler-Support: 2

CP-Tipp: 2

(Bewertung nach Schulnoten)

Zur Startseite