Querschläger!

15.10.1998

Arbeit gäbe es genugDie Visitenkarten sind gedruckt, die Krawatten gebunden und der Anzug von der Reinigung zurück. Die Hersteller sortieren die Prospekte, und die Standleute der Distributoren und Hersteller haben auch den letzten Tag ihrer Event-Schulung erfolgreich überlebt. Während die Spider-Murphy-Gang ihr "Skandal um Vobis" trällert und die Blätterwaldmächtigen sich im Talk üben, werden sich über zehntausend Fachhändler im "Dealers only" mit dem für uns so wichtigen Stoff versorgen: Information. Warum sich im Zeitalter grenzenloser Kommunikation scheinbar erwachsene Menschen um Prospekte und Software-Pröbchen reißen, wird mir genauso schleierhaft bleiben wie die C++-Programmierung. Was wollen die alle hier? Information at your footsteps wohl nicht. Ist es nicht einfacher, eine E-Mail oder ein Fax mit der Bitte um Zusendung an die Hersteller zu schicken? Ist es nicht weitaus bequemer, vom Chefsessel via Internet die neuesten Produkte zu begutachten? Welchen Grund gibt es, um vier Uhr morgens aufzustehen, um in überheizten, muffigen Massen-beförderungsmitteln in die bayerische Metropole einzufallen? Während sich die Großkopferten mit Freikarten bewaffnet auf reservierte Parkplätze chauffieren lassen, müssen wir Frontleute selbst sehen, wie wir zum neuen Messegelände kommen. Das beginnt mit der Parkplatzsuche über Schlangestehen vor dem Kassenhäuschen, an den Toiletten, im

Restaurant und den anderen Orten des Begehrens und endet zumeist mit Kopfschmerzen, wunden Füßen und dem festen Vorsatz: nie wieder! Dennoch werden es von Jahr zu Jahr immer mehr Fachbesucher, egal auf welcher Messe. Mag sein, daß Themen wie Kommunikation, Internet und Computertechnik immer noch attraktiver werden oder die Verschmelzung von PC und Unterhaltungselektronik beobachtet werden muß. Es ist einfach der Zwang zu begreifen, also anzufassen, auszuprobieren, der ein ums andere Mal die alten Vorsätze vergessen läßt. Sagen zu können, ich war dabei, als Bill Gates wieder einmal eine Extratorte gebacken bekam oder der Forschungsminister mit geübtem Schnitt die ISDN-Leitung durchtrennte um eine neue Datenautobahn ihrer Bestimmung zu übergeben. Ist es nicht ergreifend, wenn Arbeitsplatzvernichter oder selbsternannte Fachhandelssprecher - mit Preisen überhäuft - messianische Reden über die Zukunft des Fachhandels ablassen, wenn Milliardäre und Millionäre Opfer und Engagement auch vom Fachhandel fordern. Oder sich in Podiumsdiskussionen Fachleute vom "grünen Tisch" zu Statements über die "Tante Emmas" der Computerbranche hinreißen lassen. Gespannt können wir sein, ob es tatsächlich etwas Neues gibt, ob irgendeines dieser Gespräche außer artigem Beifall der Zuhörerschaft auch Lösungen bringt. Arbeit gäbe es genug. Den ruinösen Wettbewerb, die mangelhafte Qualität der Produkte, die unverschämten Nebenkosten bei kleineren Aufträgen, die schleppende Reklamation, die mangelnde Herstellerunterstützung, die fehlende Werbekostenunterstützung, die Knebelung durch Abnahmeverträge, der Schulungszwang bei Zertifizierung, die Benachteiligung bei Schul- oder Universitätsrabatten oder die Ausgrenzung durch Mindestvolumina - um nur ein paar zu nennen. Schaun mer mal.

Mein Fazit:

Dealers only ist ein Heimspiel für uns. Nutzen wir es!?

Bis demnächst

Euer Querschläger

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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