Querschläger!

24.06.1999

Rechtzeitig vor den Wahlen ein Leckerbissen für die VerbraucherNach der proprietären, urdeutschen Vermeisterung unseres Berufsstandes, den Abmahnorgien irgendwelcher dubiosen Markennamenbesitzer, der Benachteiligung der kleinen Händler bei der öffentlichen Auftragsvergabe, der Rücknahmeverordnung und der Haftung für die ebenfalls dünnbrüstige CE-Regelung ist der Eurokratie rechtzeitig vor den Wahlen ein Leckerbissen für die Verbraucher eingefallen: Zwei Jahre Garantie auf alles, was über den Ladentisch geht, sollen wohl die Akzeptanz der Brüsseler Sesselhocker beim geneigten Publikum hierzulande erhöhen. Abgesehen davon, daß gewisse Produkte - ohne Namen zu nennen - noch nie länger als ein Jahr reibungslos funktionierten, andere, vor allem Software, überhaupt noch nie richtig, darf der Händler gespannt sein, ob der Supermarkt an der Ecke nach 2001 noch Hosenträger und Notebooks verkaufen wird. Da wir Fachhändler in unserer

Existenzangst Kulanz an der Ladentür stehen haben, müssen wir

eigentlich nur aufpassen was wir einkaufen. Hier setzt allerdings wiederum die mangelnde Sachkenntnis der abgeschobenen Politiker mit EU-Stempel ein. Aktuell bedeutet dies nämlich: keine Speichermodule, keine Hauptplatinen, keine Netzteile, keine Gehäuse, keine Software, keine Wechseldatenträger. Ein DIMM-Modul mit zwei Jahren Garantie kostet derzeit knapp das Doppelte, eine Garantieverlängerung bei Billigdruckern gibt es überhaupt nicht, bei höherwertigen Geräten sind 300 bis 1.200 Mark zu berappen. Und das sind Garantien der Hersteller, die für Ersatzteile leicht sorgen können. Warum bitte sollen wir, als Verkäufer, als Vermittler von Waren und Dienstleistungen, für anderer Leute Produkte haften. Was passiert, wenn die Herstellerfirma von der Bildfläche verschwindet, sollen wir dann geradestehen? Kritisch sind auch Leistungen, die erbracht werden: Systemkonfiguration oder Instandsetzung von Fremdgeräten beispielsweise sind potentielle Maßnahmen, um die Arbeitsauslastung deutscher Gerichte zu sichern. Also lassen wir es einfach und auch den Kunden, der eine neue Platine für seinen Rechner braucht, denn wer für den derzeit gebotenen Schrott zwei Jahre den Kopf hinhält, ist selbst schuld. Wie schon jetzt bei verlängerten Garantien werden sich die Bearbeitungszeiten noch weiter ausdehnen. Acht Wochen bei CD-Rom-Laufwerken, neun bei Festplatten und noch länger bei Druckern einer bekannten Marke, die im europäischen Niemandsland reparieren läßt, haben wir jetzt schon. Garantieversicherungen werden wie Pilze aus dem Boden schießen, und ihre Verträge werden, wie bei Distributoren, so abgesichert sein, daß nur einer bezahlt, eben wir. Der Oberhammer ist, für gebrauchte Teile ein Jahr zu haften, wer da noch irgendetwas in Zahlung nimmt, dem sollte mit ebendiesem aufs Hirn geklopft werden. Bleibt zu hoffen, daß dieses Gesetz auch für die tausenden von Flohmarkthändlern gültig sein wird und für die Kaffeeröster, die Supermärkte, Softwarehersteller, Katalogversender, Internetanbieter...!

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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