Ernste Konkurrenz für stationären Handel

Quo vadis, Vertrieb und Verkauf?

08.12.2011
Mit Internet und Co. hat sich das Kaufverhalten geändert. Bernhard Kuntz zu den Folgen für Firmen.
In Zeiten des Webshops beherrschen viele Verkäufer ihr Handwerk nicht, und die digitalen Einkaufskörbe bleiben leer.
In Zeiten des Webshops beherrschen viele Verkäufer ihr Handwerk nicht, und die digitalen Einkaufskörbe bleiben leer.
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Das Käuferverhalten hat sich durch Internet & Co verändert. Und es wird sich weiter ändern. Folglich verändern sich auch die Anforderungen an die Verkäufer (und ihre Vorgesetzten) - und damit auch die Anforderungen an die Verkaufstrainings von morgen.

"Aufgrund des Siegeszugs des Internets hat sich das Käuferverhalten stark verändert", sagt Uwe Reusche. Als Beispiel verweist der Geschäftsführer des ifsm Institut für Salesmanagement, Urbar, auf das Unternehmen Amazon, das den Buchmarkt revolutionierte. Und auf Webportale wie immobilienscout.de und gebrauchtwagen.de, die dazu führten, dass heute das Vermarkten von Immobilien und Gebrauchtwagen anders als vor zehn Jahren funktioniert. Und auf den Erfolg des Portals zalando.de, das sich zu einer ernsten Konkurrenz für den stationären Schuhhandel und die klassischen Versandhäuser entwickelt hat. "Und das Käuferverhalten wird sich weiter ändern", konstatiert Reusche.

Davon ist auch Christian Herlan überzeugt. Der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, hat zuweilen den Eindruck: Das Käuferverhalten ändert sich in manchen Märkten so schnell, dass den Unternehmen kaum Zeit bleibt zu reflektieren: Was bedeutet das für uns? Inwieweit müssen wir unsere bisherigen Vertriebskonzepte überdenken? "Und noch weniger Zeit bleibt ihnen, ihren Verkäufern zu vermitteln, welches Verhalten sie fortan zeigen müssen."

Spielregeln im Markt ändern sich

Die Folge: Die etablierten Anbieter geraten zunehmend in die Defensive, während neue Player die Spielregeln im Markt bestimmen. Als Beispiel verweist Herlan auf den Erfolg solcher Portale wie holi-daycheck.de, die für das Vermarkten von Reisen inzwischen eine zentrale Bedeutung haben - unter anderem weil sich die potenziellen Kunden bei ihren Kaufentscheidungen zunehmend von den dort abgegebenen Bewertungen von Hotels und Destinationen leiten lassen. Noch spielen solche Portale zwar primär im B-to-C-Bereich eine Rolle. Doch auch im B-to-B-Bereich wird ihre Bedeutung steigen. Davon ist Berater Herlan felsenfest überzeugt.

Unabhängig davon, was die Zukunft bringt, Fakt ist bereits heute: Die Kunden können sich viel einfacher als früher über die Angebote im Markt informieren. Eine kurze Google-Abfrage genügt und schon wissen sie, welche Unternehmen die von ihnen gewünschten Produkte anbieten - und häufig auch zu welchem Preis. Doch nicht nur dies! Aufgrund der im Netz veröffentlichen Test- und Kundenberichte wissen sie zudem vielfach auch, worauf sie bei deren Kauf achten sollten. Eine Folge hiervon ist, laut Vertriebstrainer und -berater Walter Kaltenbach, Böbingen: "Die Kunden sind oft besser über das Angebot im Markt informiert als die Verkäufer."

Entsprechend schnell geraten Verkäufer, die nicht angemessen geschult sind, in die Defensive - insbesondere wenn es im Verkaufsgespräch ums Thema Preise geht. Dann haben heute viele Kunden ein aus dem Internet ausgedrucktes Angebot parat, wo sie die gewünschte Waschmaschine oder Solaranlage deutlich günstiger bekommen - und zwar oft zu einem Preis, mit dem der stationäre Händler nicht konkurrieren kann. Zum Beispiel, weil er höhere Fixkosten als der Web-Anbieter hat. Oder weil er als Kleinunternehmen höhere Einkaufspreise als der Großabnehmer zahlt.

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