Rabatte ohne Ende

13.04.2000

Das Rabattgesetz muss weg! Nun endlich hat dies auch unsere Bundesregierung erkannt, wie immer voll des forschen Reformerdrangs. Das aktuelle Rabattgesetz ist ja auch wirklich nicht mehr ganz so taufrisch: Es wurde 1933 eingesetzt und erlaubt nur Preisnachlässe bis zu drei Prozent. Trotz des bedenkenswerten Zeitpunktes - es war das Jahr von Hitlers Machtergreifung - hatte dieses Gesetz keinerlei politische Hintergründe. Es war die Folge einer Zugabeverordnung von 1932, die besagt, dass kostenlose Zugaben und Werbegeschenke nur einen geringen Wert haben dürfen. Daraufhin wichen schlaue Wirtschaftsköpfe auf unmäßige Rabatte aus, was natürlich nicht der Vater des Gedankens war. Der Mittelstand sollte geschützt werden, außerdem war man generell zu jenen Zeiten wettbewerbsfeindlicher eingestellt als heute, Kartelle galten als etwas Positives. Deshalb also dieses Rabattgesetz, das seither keine Modifizierung mehr erfahren hat.

Nun hat sich derweil die wirtschaftliche Situation ein wenig geändert. Das Internet will keine Grenzen mehr anerkennen, und die Politik muss dem Rechnung tragen. In diesem Falle musste allerdings erst die EU der Bundesregierung aufs Töpfchen helfen, und zwar mit Hilfe der E-Commerce-Richtlinie vom Dezember vergangenen Jahres. Diese besagt, dass für die Händler die Rahmenbedingung ihres eigenen Landes gelten. Da das deutsche Rabattgesetz ein Unikum ist, wären die deutschen Händler wettbewerbstechnisch benachteiligt. Schließlich können Konkurrenten aus den Nachbarländern über das Internet problemlos Mengen- oder Saisonrabatte anbieten. Bis zum Sommer 2001 soll die EU-Richtlinie umgesetzt werden - und Gleiches gilt nun auch für ein neues Gesetz in Sachen Preisnachlass.

Der Vorstoß der Bundesregierung hat sei-nen Zweck erfüllt, die Diskussion dürfte bald in heißem Gange sein. Denn schon schreit die CSU laut auf, sie fürchtet um den Mittelstand, schließlich könnten große Ketten mit Bonusaktionen einen "Drang zu Vollsortimentern" auslösen. Von grüner Seite hingegen ist zu hören, es werde zu keiner weiteren Beschleunigung der Konzentration im Handel kommen, da der Spielraum des Einzelhandels für systematische Formen der Rabattgewährung angesichts der niedrigen Betriebsergebnisse gering sei. Wie auch immer, es hilft alles nichts: Die Änderung des Gesetzes ist dringend fällig, denn in Internet-Zeiten ist solch ein einsames Rabattlimit ein faules Ei, das ganz schnell aus dem Nest gekickt werden muss. Für kleinere, keinen Verbundgruppen angehörende Einzelhändler sind die Aussichten sowieso weniger rosig: Entweder droht ihnen die Gefahr von ausländischen Konkurrenten oder vom Feind im eigenen Lande, nämlich den Retailern und großen Handelsketten, die sehr wohl mit strategischen Rabattaktionen daherkommen werden. Aber letztendlich kann dies alles nur ein weiterer Wink für kleinere IT-Händler sein, dass sie sich mit anderen Gleichgesinnten in irgendeiner Form zusammenschließen müssen, wenn sie überleben wollen. Und dann können auch sie von freien Preisnachlässen profitieren.

Zu den Gewinnern wird zum Beispiel das Internet-Startup Webmiles AG gehören. Von dessen Geschäftsidee könnten sich auch IT-Händler durchaus etwas abgucken: Sie basiert auf einem Bonussystem, das dem Miles&More-Programm der Lufthansa sehr ähnlich ist. Als unabhängiger Dienstleister stellt die AG eine Sammelplattform zur Verfügung, wo sich zahlreiche Partner aus den unterschiedlichsten Branchen tummeln und die Surfer für Transaktionen der verschiedensten Art mit "Webmiles" belohnen, die sich wiederum gegen allerlei Produkte eintauschen lassen (siehe ComputerPartner 30/99, Seite 28). Bislang gestaltet sich dort die Punktesammelei allerdings noch recht schwierig, denn der Kunde muss schon sehr rege unterwegs sein, um genug Punkte für ein wirklich interessantes Produkt zusammenzuklauben. Ich würde jetzt jedenfalls gerne mal in den Webmiles-Büros Mäuschen spielen: Wahrscheinlich könnte ich lauter lustige Gestalten Luftsprünge machen sehen.

Silvia Lautz

slautz@computerpartner.de

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