Radikalkur bei Compaq: Hardware wird Anhängsel

28.06.2001

Große Ziele fordern harte Schnit-te. Schlechte Hardware-Prognosen ebenfalls. Nachdem Compaq im dünn-margigen Computergeschäft deutlich Federn lassen musste und anscheinend wenig Hoffnung hat, das könne sich ändern, setzt es jetzt auf Services und Software. Dazu, so Compaq-CEO-Michael Ca-pellas in einer Mail an die Firmenmitarbeiter, werde der Konzern umgekrempelt. Mit dem Ziel: Binnen vier Jahren soll der Umsatz mit Services und Software rund ein Drittel ausmachen; da er derzeit gerade ein Fünftel ausmacht, bedeutet das ein jährliches Wachstum von 40 Prozent.

Wie das geschehen soll, weiß Ca-pellas auch schon. Der texanische PC-Riese werde sich auf dem Markt für Service-Anbieter umsehen und das nötige Know-how und Kunden kaufen. Dafür stehe ein mit 500 Millionen Dollar gefüllter Akquisitionstopf zur Verfügung. Vor allem aus dem geldschweren Finanz- und Gesundheitsbereich, aber auch aus den Sektoren Telekommunikation und Produktionsgüter erhoffe sich Compaq Aufträge. Man werde, so Capellas, dafür Pakete aus eigener, aber auch fremder Software zusammenstellen und an Dienstleistungen gekoppelt verkaufen.

Ob sich damit Compaqs Service-Arm zu den Höhen des Konkurrenten IBM aufschwingen kann, steht dahin. Analysten reagierten eher skeptisch: "Für mich heißt das einfach, dass sie im Hardware-Bereich kein Geld verdienen", sagte Analyst Charles Wolf. Er bemängelte wie andere Kollegen, dass der Umbau viel Geld kosten werde. Der Markt jedoch, in dem die Texaner punkten wollen, werde mittlerweile von allen Computerherstellern von Rang angegangen.

Dass der Kurswechsel intern zu Problemen führen dürfte, zeigt die Compaq-Ankündigung, binnen drei Jahren das gesamte Betriebsys- tem-Portfolio - Unix, VMS und Tandems "Nonstop"-OS - auf Intels IA64-Chips zu portieren. Zwar werde Compaq bis dahin weiterhin an Mips- und Alpha-Chips festhalten; de facto bedeutet das aber die Ausmusterung der hauseigenen, im Übrigen für viel Geld gekauften beziehungsweise am Leben gehaltenen Architekturen binnen drei Jahren. Was das für die Entwicklermannschaften bedeutet, steht zur Stunde noch nicht fest. Sicher ist, dass Intel "Hunderte von Entwicklern" übernehmen wird. Ebenso sicher ist: Compaq wird für die Finanzierung des Umbaus sparen müssen. 200 Millionen Dollar Einsparungen kündigte Capellas jetzt an. Sie werden zu den im März dieses Jahres angekündigten Kostenreduktionen in Höhe von 600 Millionen Dollar dazu addiert. (wl)

www.compaq.com

Zur Startseite